Perspektiven des „Dazwischen“

Werkschau Stephan Sachs im KoKi

„Nach zwei Jahren als Professor für Film an der Muthesius Kunsthochschule ist es vielleicht mal an der Zeit“, sagt Stephan Sachs zu seiner Werkschau, die ab 5. Dezember im KoKi zu sehen ist, ganz uneitel. Fast eine Pflichtübung, sein filmisches Werk vorzustellen – und „auf keinen Fall Vorbild für meine Studenten“, deren aktuelle Arbeiten am 14. Dezember im KoKi gezeigt werden.

Von „Meister-Schüler-Verhältnissen“ hält Sachs nichts. Was seine Werkschau aber vermitteln soll: „Dass man als Künstler eine Haltung haben und dafür die eigene Bildsprache finden muss.“ Und auch dass, „sich in Zwischenbereichen aufzuhalten“, der beste Ort für Kunst ist. Sachs hat Film nicht direkt studiert, er kommt von der bildenden Kunst. So sehe er auch seine Filme als „stark vom Bild und dessen Rhythmen her kommend“. Die Experimentalfilmbewegung der 80er Jahre, aus der seine ersten Kurzfilme (5.12. im KoKi) stammen, habe sich „mit den neuen digitalen Medien pulverisiert“. Dergestalt, dass im und mit Film wohl noch, aber weniger als früher experimentiert werde. Eigentlich paradox, aber das Mehr an multi- und intermedialen Möglichkeiten hat die Experimentierfreude eher gebremst. Sachs hat in den 80ern noch mit einer selbst gebauten Optischen Bank gearbeitet, um filmbildnerische Effekte zu erzielen, die man heute in der digitalen Filmbearbeitung mit wenigen Mausklicks erzielen kann. Was mit den neuen Möglichkeiten verloren gehe, sei „die Konzentration aufs Bild“. Oder anders ausgedrückt: Die Erweiterung der Mittel bedeutet leider nicht immer deren kreative Nutzung.

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Hinterfragt Perspektiven – Filmemacher Stephan Sachs

Dennoch ist Sachs ganz und gar kein Traditionalist. Seine Filme streben stets nach Sprengung und Umdeutung des Materials und seiner Perspektiven. „und sahen, was zu machen war …“ (1991-1994, 12.12. im KoKi), „sugar B“ (2005, 19.12.) und „Düsseldorf, Notizen am Rande“ (2005, 18.1.) bezeichnet er deshalb auch nicht als Dokumentarfilme, sondern als „Film-Essays“. In „und sahen, was zu machen war …“ – ausgezeichnet mit dem Preis der deutschen Filmkritik – verfolgte er die Wiedererrichtung des Kaiser Wilhelm-Denkmals am Deutschen Eck in Koblenz. Doch er zeigt solche Wiedererstarkung des Monumentalen und (National-) Symbolischen kurz nach der Wiedervereinigung „nicht im Stil einer ZDF-History-Doku mit ihrem belehrenden Ton“, sondern führt den Zuschauer immer wieder „auf Irrwege“: „Das Denkmal ist demontiert, während es montiert wird.“
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(De-) Montage eines Denkmals: Still aus „und sahen, was zu machen war …“

Genauso ist „sugar B“ kein „Denkmal“ für einen schwarzen Musiker, der sich allen Marktgesetzen verweigert und so scheitert, sondern die ironische Auseinandersetzung mit dem Genre Künstlerporträt. „Düsseldorf, Notizen am Rande“ hat Sachs vollständig aus „found footage“, vorgefundenem historischen Doku-Material, montiert und dabei die auch ideologisch motivierten Perspektiven des Materials hinterfragt.

Diese Technik des „Dazwischen“, eine der Magie der Bilder und Genres kritisch entgegen wirkende und sich doch auf sie einlassende Strategie, entwickelte Sachs in seinen experimentellen Kurzfilmen.

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Verfremdetes Irrbild der Tropen: Still aus „Le Dauphin“

Etwa in „Le Dauphin“ (1986), wo er die Bildklischees der europäischen Sicht auf die Tropen montiert/demontiert, indem er die gegärtnerten Dschungel von Gewächshäusern zeigt, oder in „Paramount“ (1988) – der Titel spielt auf ein berühmtes Hollywood-Studio an – den Heldenmythos des Bergsteigers mit der Selbstgenese männlicher Sexualbilder konfrontiert. (jm)
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Film-mythischer Ruf der Berge: Stephan Sachs’ „Paramount“

5., 12., 14., 19. Dezember und 18. Januar, jeweils 20.30 Uhr im KoKi. Detailierte Infos über Sachs’ Filme in Kürze auf www.stephansachs.de.

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