8. Filmfest Schleswig-Holstein Augenweide

Dokumentiert:

Rede der Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein, Ute Erdsiek-Rave, anlässlich der Eröffnung des 8. Filmfests Schleswig-Holstein Augenweide

Sehr geehrte Damen und Herren!

Die bildhafte Umsetzung des 8. Schleswig-holsteinischen Filmfestes hat manch einen überrascht: viele schwarze Lämmer und ein bisschen grüne Augenweide! Stehen die grafisch streng angeordneten, stilisierten Lämmer der Flyer-Vorderseite für die Gentechnik und für Dollys Erben? Mahnen die zwei, einander zugewandeten Lämmer der Flyer-Rückseite an die Tradition und an die Romantik? Und: was bedeutet es, dass auf dem Plakat die Lämmer mal nach links und dann nach rechts ausgerichtet sind?

Die Bilder laden – in ihrer Unterschiedlichkeit – zur Deutung ein und erlauben ganz unterschiedliche Lesarten. Bilder haben einen hohen Aufmerksamkeitswert. Ihre Sprache sagt manchmal mehr als Worte. Denken Sie nur an die furchtbaren Bilder, die den Umgang amerikanischer Soldaten mit irakischen Gefangenen entlarven; an die Flugzeuge im Anflug auf das World Trade Centre oder – als positives Ereignis – an die fröhlichen Menschen, die die Berliner Mauer stürmen. Denken Sie an strahlende oder traurige Kindergesichter, an die triumphierenden Kieler Störche nach dem Gewinn des europäischen EHF-Pokals!

Wir sind – mehr als frühere Generationen – geprägt von dieser Macht der bunten Bilder, die analog oder digital übermittelt werden: durch die audiovisuellen Medien, durch Fernsehen und Video, durch Kino und Internet.

Ministerin Ute Erdsiek-Rave im Gespräch mit Bernd-Günther Nahm (Geschäftsführer der Kulturellen Filmförderung S.-H.) (Foto: hsch)

„Visuelle Kommunikation“ – das ist heute ein künstlerischer Studiengang. Es reicht aber nicht, wenn nur Experten die Macht, manchmal die Übermacht der Bilder verstehen. Zu lernen, zu wissen, zu begreifen, was Technik und Logik der medialen Inszenierung sind, das muss in Zukunft ein Teil, ein Ziel von grundlegender Bildung sein.

Wir nennen das Medienkompetenz – aber manchmal klingt das ziemlich verkopft. Es geht nicht nur um Analyse. Zur Medienerziehung gehört auch das Entdecken der Möglichkeiten von Bildsprache und filmischem Erzählen, das Einüben von Handwerkstechniken, die Entwicklung der eigenen Kreativität – sei es für den Hausgebrauch, sei es als Hobby oder eventuell sogar als Beruf.

Ich bin überzeugt davon, dass manch ein Schatz, manch ein Potenzial hier noch nicht gehoben wird. Der Vergleich mit dem Nachbarland Frankreich zeigt dies, wo das filmische Erzählen seit Jahrzehnten ein sehr hohes Prestige als nationales Kulturgut genießt. Das ist uns ein Ansporn, ein Vorbild. Und wir haben in Schleswig-Holstein, auch wenn wir uns mit den großen Filmländern nicht messen können, in puncto Film durchaus etwas Eigenes und Originelles zu bieten:

„Runde Jahrestage“ sind immer auch eine Gelegenheit, Bilanz zu ziehen, das will ich in aller Kürze tun. Denn 15 Jahre kulturelle Filmförderung in Schleswig-Holstein, das steht:

  • für die Entwicklung, die Produktion, die Präsentation und für den Vertrieb von insgesamt 242 Produktionen;
  • für Mittel in Höhe von 2,6 Mio. EUR, die die Landesregierung und die Unabhängige Landesanstalt für Rundfunk und Neue Medien zur Verfügung gestellt haben;
  • für technische Hilfen der Filmwerkstatt,
  • für Moderation und Organisation,
  • und summa summarum: für hohe künstlerische Qualität, für ästhetische Freiräume, für die Vielfalt des künstlerischen Ausdrucks.

Der deutsche Film hat in den letzten Jahren gegenüber der internationalen Konkurrenz aufgeholt. Er hat sich im Inland und im Ausland behaupten können – mit seinen Themen, mit seiner Erzählweise, mit seiner eigenen Bildsprache. Das gibt uns allen „Auftrieb“, das motiviert und beflügelt. Deshalb sollten wir den Weg weitergehen, für den wir uns in den letzten Jahren entschieden haben: den Weg der Kooperation und der Netzwerke.

Die Kulturelle Filmförderung Schleswig-Holstein hat in diesem Jahr ein herausragendes Netzwerk etabliert. Gemeinsam mit der Universität Kiel, der Fachhochschule Kiel und der süddänischen Universität Odense ist unter dem Titel „FilmTrain“ ein neuartiges Qualifizierungsprojekt gestartet worden: 12 Filmemacher und Filmmacherinnen (je 6 aus Dänemark und Schleswig-Holstein) setzen sich mit Fragen der Projektentwicklung, der Produktion, des Marketings und des Vertriebs auseinander. Diese Kooperation soll wird Schleswig-Holstein und den grenzüberschreitenden Raum als Standort für kleine und für mittelständische Produktionsstätten stärken. Gerade dieses Potenzial muss in Zukunft genutzt werden – im Interesse der Filmemacherinnen und Filmemacher, im Interesse des Film-Netzwerkes mit seinen Verbänden und Organisationen. Auf diesen Fundamenten kann etwas Neues, etwas mit eigener, unverwechselbarer Handschrift entstehen. An Kreativität mangelt es nicht – das beweist auch dieses Filmfest.

Noch kenne ich erst die Titel der Kurzfilme. Sie klingen vielversprechend:

  • poetisch („Lass den Himmel nicht fallen“),
  • alltäglich-salopp („Nie solo sein“),
  • gruselig („Bedtime. Gespensterfantasien“)
  • und tragisch „Tödliche Romanze“),
  • dann wieder: kosmopolitisch (das gilt nicht nur den Gastbeitrag aus Prag mit dem Titel „Detail“),
  • und andere klingen historisch („21.10.68, ca. 15 Uhr“ oder „Allende“),
  • dokumentarisch („Little Voices“) bzw.
  • essayistisch („The Beauty Exchange“).

Sie handeln von Fußballerträumen und Schlachtertöchtern, vom Fernsehen und von New Yorker Telefonzellen, von verirrten E-Mails und amerikanischen Highways und immer wieder von der Liebe. Und sie handeln auch von der Heimat – von der Heimat anderer und von der eigenen, von Segelschiffen, Reetdächern und vermutlich auch von Schafen.

Diese „Augenweide“ ist eine Leistungsschau des schleswig-holsteinischen Filmschaffens, der Filmkunst unseres Landes. Sie verspricht – als populäres Filmfest – auch, ein Fest der Sinne zu werden! Darauf freue ich mich. Dafür danke ich allen Beteiligten und Organisatoren, und dafür wünsche ich ein großes Publikum – aus allen Generationen!

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