Grüner Drehpass: Film wird grün
Mit dem Grünen Drehpass hat die Film Commission der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein (FCHSH) eine Initiative ins Leben gerufen, die sich gezielt mit dem Umweltaspekt von Filmproduktionen befasst. Als erste deutsche Förderung möchte die FCHSH damit Anreize für ein „grüneres“ Denken in der Filmbranche schaffen. Bei der Kick-Off-Veranstaltung am 19. September im Hamburger Völkerkundemuseum wurde der Branche die Initiative gemeinsam mit dem Kooperationspartner N.serve Environmental Services vorgestellt und mit Produzenten und Dienstleistern diskutiert.
„Walk the talk!“ stand über den Köpfen des Panels, das knapp zwei Stunden lang eine angeregte Diskussion mit 70 Gästen über Nachhaltigkeit in der Filmwirtschaft führte. Die Filmbranche ist eine Industrie, die auch die Umwelt belastet. Dem müsse entgegengesteuert werden. Momentan basiere eine „grüne“ Produktionsweise in Deutschland zwar noch auf Freiwilligkeit, in anderen Ländern ist die Vergabe von Fördergeldern aber bereits an umweltschonende Drehbedingungen geknüpft. Sender wie der englische BBC oder TF1 in Frankreich schreiben schon entsprechende Vorgaben in das Anforderungsprofil für die Auftragsvergabe. Es mache also Sinn, so das Fazit der Diskussion, umzudenken und in neue Technologien zu investieren.
Bei der Kick-off-Veranstaltung sprachen neben Dr. Marten von Velsen-Zerweck von N.serve Michael Geidel (Green Film Initiative / Climate Media Factory) über Forschungserkenntnisse und Handlungsoptionen und Mark Weiland (Weiland Film) berichtete praxisorientiert von seinen Erfahrungen als grüne Werbefilmproduktion. Als Producer von DER LANDARZT erläuterte Jürgen Seidler (novafilm) die klimafreundliche Firmenphilosophie und die grüne Drehpraxis. Christiane Scholz (FCHSH) stellte die Initiative vor, die Moderation übernahm Filmjournalist Bernd Jetschin (Filmecho Filmwoche).
Die Nähe zur Filmbranche ist für Christiane Scholz von der Film Commission besonders wichtig: „Wir verstehen die Initiative als work-in-progress und wollen durch den intensiven Dialog mit der Branche den Grünen Drehpass weiter entwickeln und verbessern.“ Die FCHSH hat zahlreiche städtische Motivgeber und Dienstleister für den Grünen Drehpass gewinnen können. So wird beispielsweise die Stadtreinigung Hamburg eine Beratung zur Abfallvermeidung sowie ein Service-Paket zur umwelt- und klimagerechten Abfallentsorgung anbieten, und durch einen leitungsgebundenen Trinkwasserspender von Hamburg Wasser steht am Set jederzeit ein umweltfreundlicher Durstlöscher zur Verfügung. Diese und ähnliche Kooperationen werden in engem Kontakt zu den Partnern laufend erweitert. Ein konkret auf Film- und TV-Produktionen zugeschnittener CO2-Rechner zur Ermittlung des CO2-Fußabdruckes ist zusätzlich in Planung.
Auch von der Kulturbehörde gibt es Unterstützung, Staatsrat Dr. Nikolas Hill: „Mit dem Grünen Drehpass als Gütesiegel für umweltverträgliche Sets bieten wir den Produzenten die Möglichkeit, sich als zukunftsfähiges Unternehmen zu positionieren und durch energiesparende Produktionen kostengünstig zu arbeiten. Gemeinsam mit den Produktionsfirmen werden wir jetzt die ersten Erfahrungen auswerten, um diese Initiative weiter zu entwickeln und voran zu bringen.“
Mit N.serve hat die Film Commission den geeigneten Kooperationspartner gefunden. Der weltweit tätige Umweltdienstleister mit Hauptsitz in Hamburg engagiert sich pro-bono und unterstützt die FCHSH beim Grünen Drehpass mit seiner Expertise für marktbasierte Klimaschutzlösungen. „Die Idee des CO2-Footprinting bzw. der Klimaneutralität ist deshalb so wichtig, weil auf diese Weise Unternehmen und Einzelpersonen dazu gebracht und inspiriert werden, aktiv ihr Verhalten zu ändern“, erläutert Dr. Marten von Velsen-Zerweck, geschäftsführender Gesellschafter. „Über Projekte in Entwicklungsländern, die Treibhausgase reduzieren, kann dieser CO2-Fußabdruck kompensiert werden. Aber die Kompensation ist nur ein erster Schritt. Ein zweiter wesentlicher Schritt ist es, eine Strategie zur Reduktion der Energie- und Ressourcenverbräuche für das jeweilige Unternehmen oder die Einzelperson zu erarbeiten mit der Verpflichtung, diese auch in die Tat umzusetzen. Die Filmbranche ist ein wichtiger Multiplikator – sie hat Zugang zu einem Millionenpublikum und damit eine Vorbildfunktion. Wir freuen uns, auf Basis unserer langjährigen Erfahrung auf dem Gebiet der Emissionsreduktion gemeinsam mit der FCHSH effektive Vorschläge zu nachhaltigen CO2-Einsparungen für die Filmbranche entwickeln zu können.“
Die Novafilm-Produktion DER LANDARZT wurde im April 2012 von der Film Commission als erste klimaneutrale TV-Serie Europas mit dem Grünen Drehpass ausgezeichnet. Es gibt „grüne“ Initiativen in u.a. Großbritannien, Belgien, den Niederlanden, Frankreich und Kanada. Green Screen aus London bieten z.B. einen Best-Practice-Guide sowie einen CO2-Rechner an, die Green Filmmaking Competition aus den Niederlanden zeichnet den „Grünen Filmemacher des Jahres“ mit einem Preisgeld von 20.000 Euro aus und das Planet in Focus Filmfestival entwickelt und promotet seit 2007 innovative und nachhaltige Produktionsweisen unter dem Titel Green Screen Toronto.
„Der Umweltschutz ist ein globales Thema, das uns am Ende alle betrifft. Nun ist es an der Zeit, dass auch die deutsche Filmwirtschaft dazu motiviert wird, nachhaltig zu agieren“, so Eva Hubert, Geschäftsführerin der FFHSH. Im Oktober 2012 wird sie den Grünen Drehpass als Hamburger Initiative dem Förderernetzwerk Cine regio präsentieren.
(nach einer Pressemitteilung der FFHSH)