Am 4. Dezember 2024 fand die Uraufführung des ersten Langfilms von Regisseur Johann Schultz im Kino in der Pumpe in Kiel statt. Bevor der Film beginnt, spielt Daniel A. Bethke, Komponist der Filmmusik, eines seiner Stücke am Flügel. Es folgt eine Begrüßung durch Regisseur Johann Schultz und Hauptdarsteller Moritz A. Wandl, die beide ebenfalls als Produzenten an dem Film beteiligt sind. Man merkt dem ausverkauften Saal die Spannung und Vorfreude an, während die letzten Worte der Einleitung gesprochen werden. Dann geht das Licht aus und der erste abendfüllende Weihnachtsfilm aus Kiel erscheint auf der Leinwand: „Linus schenkt“.
Synopsis
Linus ist ein echter Weihnachtsmuffel. Als seine Schwester ihn nötigt, ihrer Mutter ein Weihnachtsgeschenk zu machen, muss er nicht nur ein passendes Geschenk, sondern vor allem auch zu sich selbst finden. (Quelle: PR-Team „Linus schenkt“)
Publikumsreaktion
Die rund 80 Minuten Laufzeit vergehen wie im Flug. Das Publikum reagiert begeistert, geht emotional mit. Während der Projektion erklingt immer wieder Lachen im Saal, an den Stellen, die pointiert witzig intendiert sind. Doch mit Verlauf des Films mischt sich in die heitere Stimmung zunehmend Rührung. Am emotionalen Höhepunkt fließen einige Tränen. Die empathische Figurenzeichnung in Kombination mit den grandios von Kameramann Hannes Gorrissen gerahmten Bildern und der Musik erschaffen eine emotionale Wirkung, die viele (Weihnachts-)Filme nie erreichen. Das liegt nicht zuletzt an der dramaturgischen Qualität des Drehbuchs, welches fernab vieler weihnachtlicher Klischees und weitgehend frei von Kitsch eine authentische Charakterreise zur Selbstfindung inszeniert.
Nach der Premiere gibt es minutenlangen Applaus für die sichtlich gerührten Johann Schultz und Moritz A. Wandl. Allen, die bei dieser Premiere anwesend sind, scheint klar zu sein, dass sie/er Zeugen der Erstaufführung eines modernen Weihnachtsklassikers geworden sein könnten. „Linus schenkt“ ist Emotionskino im besten Sinne und gehört mindestens auf die Leinwände in ganz Deutschland. Es folgt ein ausgiebiges Q&A mit dem Filmteam, das zum Teil anwesend ist und sichtlich glücklich darüber wirkt, wie positiv ihr Film vom Publikum aufgenommen wird.
Das Besondere an „Linus schenkt“ (enthält Spoiler)
„Linus schenkt“ wählt ungewöhnliche Inszenierungsansätze, kombiniert diese liebenswert mit Hommagen an bestehende Genreklassiker und schafft durch die Art der Cadrage – Linus steht immer im Zentrum des Gezeigten – sowie durch das Zusammenspiel von Bild und Ton eine herausragende Wirkung. Zusätzlich überzeugt Moritz A. Wandl in der Rolle von Linus. Seine Performanz reicht von erfolgsorientiertem Kapitalismusjünger bis zum verletzlichen und einsamen Menschen, der am Boden liegt und wieder aufstehen muss. Dabei wirkt jeder Moment authentisch, jede Emotion ehrlich und dadurch trägt Moritz A. Wandl den Film.
Insgesamt muss das Ensemble gelobt werden, gerade weil nur wenige Darsteller*innen sichtbar auftreten, denn, wie gesagt, die Kamera konzentriert sich stets auf Linus. Eine besondere Erwähnung gebührt hier Jule Nero, die als Linus’ Schwester Lea eine Art Gegenpol zur Figur des Linus verkörpert. Jule Nero spielt die besorgte und stolze Schwester authentisch, herzlich und empathisch, wobei sie immer wieder gegen die von Linus errichteten emotionalen Wände läuft. Linus hingegen offenbart zunehmend Probleme im Umgang mit seinem Umfeld und eine Neigung dazu, sich in Arbeit zu flüchten.
Dramaturgisch und handwerklich ist „Linus schenkt“ ein Geschenk für alle Menschen, die emotionales Kino ohne Klischees und Kitsch mögen. Wenngleich – Vorsicht Spoiler! – das positive Ende dann doch sehr euphemistisch wirkt und ins Kitschige gleitet, aber in einem Maße, dass es erträglich bleibt. Wie Linus sich selbst findet, spart hingegen nicht aus, wie tief verwurzelt menschliche Leiden liegen können und welche Auswirkungen ein Verdrängen solcher Erfahrungen auf die Psyche haben kann. Linus flüchtet sich hier in Arbeit und aus der Arbeit in Alkohol – dadurch schlägt der Film auch einige düstere Töne an, die am Ende jedoch wie weggewischt erscheinen, wodurch es etwas melodramatisch wirkt, wenngleich die Überwindung eines Traumas wohl zu den positivsten Erfahrungen gehört, die ein Mensch erleben kann. Darüber hinaus ist es ein Genremerkmal von Weihnachtsfilmen, dass am Ende alles so gut wird, wie es eigentlich nie war. Auch diese Momente – die viele Menschen an Feiertagen hoffen zu erleben – gehören zum stimmigen Gesamtbild, das „Linus schenkt“ seinem Publikum anbietet.
Fazit
Wer die Gelegenheit hat, „Linus schenkt“ im Kino zu erleben, sollte sich diese nicht entgehen lassen. In seiner Qualität schlägt „Linus schenkt“ viele der gängigen TV-Produktionen, die zur Weihnachtszeit im Fernsehen gezeigt werden, und überzeugt auf emotionale und ästhetische Weise deutlich mehr als die meisten deutschen Weihnachtsfilme, die ins Kino kommen. Nach dieser erfolgreichen Premiere kann für die Produzenten 2025 einziges Ziel sein, „Linus schenkt“ in einen Verleih zu bringen, der dem Werk die Aufmerksamkeit verschafft, die der Film zweifellos verdient. (Thomas Heuer)