300 Gäste beim ersten Medienkompetenztag der MA HSH

Der erste Medienkompetenztag der Medienanstalt Hamburg / Schleswig-Holstein (MA HSH) am 8. April 2010 im Studiogebäude auf dem Kunst- und Mediencampus Finkenau in Hamburg erfreute sich großer Resonanz. Rund 300 Gäste informierten sich bei Vorträgen und Gesprächsrunden mit renommierten Experten und den Senatorinnen Christa Goetsch und Prof. Dr. Karin von Welck über das Medienverhalten von Kindern und Jugendlichen. Diskutiert wurde neben der schulischen Medienbildung auch die Mediennutzung im familiären Alltag. Unter dem Titel „Medienkompetenz praktisch“ stellten außerdem Projekte und Initiativen ihre Arbeit vor.
Thomas Fuchs, Direktor der MA HSH, betonte in seiner Begrüßung: „Kinder und Jugendliche ’können’ Medien – meistens besser als die Erwachsenen, wenn man damit die technische Kompetenz meint, mit Maus und i-Phone umzugehen. Dringend brauchen sie aber pädagogische Begleitung bei der Mediennutzung, denn es mangelt ihnen an Beurteilungskompetenz. Darum reicht es nicht aus, Kinderzimmer und Schulen mit PCs auszustatten – damit untrennbar verbunden muss es immer auch klare Regeln für deren Nutzung geben.“ Familie und Schule als soziales Umfeld seien also ein wichtiger Baustein für die pädagogische Begleitung von Kindern und Jugendlichen bei der Mediennutzung. Auf diese Aufgabe müssten sie jedoch ausreichend vorbereitet sein, nur so könnten sie Kindern und Jugendlichen die dringend notwendige Unterstützung und Orientierung geben. Die Vermittlung von Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen müsse daher bei Eltern und Lehrern ansetzen, so Fuchs weiter.
Prof. Dr. Karin von Welck, Senatorin für Kultur, Sport und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg, stellte in ihrem Grußwort heraus, dass künftig eine noch bessere Zusammenarbeit von Medienpädagogen und Medienmachern, Anbietern und politisch Verantwortlichen, Eltern- und Schülervertretern, notwendig sei. Der Medienkompetenztag sei ein wichtiger Schritt dahin: „Denn mehr Medienkompetenz liegt nicht nur im Interesse unserer Wissens- und Informationsgesellschaft. Sondern Medienkompetenz entscheidet für jeden Einzelnen über Teilhabe und Chance in Beruf, Kultur, Politik oder Freizeit. Und sie hilft die Risiken zu beherrschen, die in übermäßigem Medienkonsum, dem sorglosem Umgang mit den eigenen Daten oder mit ungeeigneten und sogar gefährdenden Inhalten bestehen.“
Prof. Dr. Hans J. Markowitsch, Professor für physiologische Psychologie an der Universität Bielefeld, erläuterte in seiner anschließenden Keynote: „Im Unterschied zu tierischen Gehirnen zeichnet sich das menschliche durch ein hoch entwickeltes Stirnhirn aus. Dies dient der Überwachung, Selektion und Kategorisierung von Umweltreizen. Es bedarf jedoch einer mitmenschlichen Formung während der kindlichen und jugendlichen Entwicklung, um diese Funktionen ausführen zu können.“ Nur dann könne es dem heranwachsenden Menschen gelingen, Medien wie Fernsehen und Internet kontrolliert, als Hilfsmittel und zum Vergnügen, und nicht im Übermaß als Krankmacher zu nutzen, so Markowitsch abschließend.
Medienbildung an deutschen Schulen mit starken Mängeln
Im Rahmen des Medienkompetenztags stellte Prof. Dr. Rudolf Kammerl bei seiner Einführung in die Diskussion zum Thema „Schule – Lernort für Medienbildung“ eine aktuelle, von der MA HSH in Auftrag gegebene Studie zur Medienbildung an Schulen vor.
Wie wird im Schulalltag auf die Medienwelten von Kindern und Jugendlichen eingegangen? Ist die Förderung von Medienkompetenz ausreichend in den Lehrplänen verankert? Antworten auf diese Fragen liefert die von der MA HSH bei der Universität Hamburg in Auftrag gegebene Expertise „Medienbildung – (k)ein Unterrichtsfach“. Die Medienpädagogen Prof. Dr. Rudolf Kammerl und Sandra Ostermann haben dazu die Lehrpläne aller Bundesländer und deutschsprachigen Länder überprüft und Interviews mit Experten in Forschungseinrichtungen und Schulbehörden geführt.
Das Ergebnis zeigt: Zwar finden sich inzwischen in allen Bundesländern Vorgaben zur Medienerziehung und zur Förderung von Medienkompetenz, es fehlt aber an konkreten Hinweisen, wann und wie sie umgesetzt werden sollen. Eine Verbindlichkeit ist ebenso wenig gegeben wie eine Kontrolle, inwieweit Schülerinnen und Schüler tatsächlich ein Mindestmaß an Medienkompetenz erreichen. Hier könnte die Einführung eines eigenen Unterrichtsfaches Abhilfe schaffen, allerdings gebe es nach Aussage der befragten Experten hierfür kaum eine bildungspolitische Mehrheit.
„Wenn Medienbildung in den bisherigen Fächerkanon integriert werden soll, so muss dies verpflichtend eingefordert und die erfolgreiche Umsetzung überprüft werden. Medienkompetenz ist als Schlüsselqualifikation in der heutigen Informationsgesellschaft zu zentral, als dass sie weiterhin so randständig wie bisher behandelt werden darf“, so Kammerl. Neben einer Sicherung von Mindeststandards an allen Schulen sei auch eine medienpädagogische Grundbildung in der Lehrerausbildung dringend notwendig. „Auch wenn Lehramtsstudierende schon Fertigkeiten im Umgang mit Computer und Internet mitbringen, so sind sie in Sachen Informationsrecherche und im Umgang mit Medien noch weit von einer Vorbildfunktion entfernt“, resümierte Kammerl.
(nach Pressemitteilungen der MA HSH)
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