2. Int. Ocean Film Festival CineMare 2017

Mensch und Meer um die Ecke gedacht

Interview mit den Festivalmachern Till Dietsche und Daniel Opitz

Vom 30. August bis 3. September zeigt CineMare an acht Kieler Spielorten über 40 Filme aus 15 Ländern rund um das Thema „Mensch und Meer“. Ein Gespräch mit Festivalleiter Till Dietsche und Mit-Kurator und „Wal-Flüsterer“ Daniel Opitz.
Denken das Thema „Mensch und Meer“ „um die Ecke“ – die Festivalmacher Till Dietsche (l.) und Daniel Opitz (Foto: jm)
Oberbürgermeister Ulf Kämpfer, Schirmherr des Festivals, sagte schon bei der Premiere 2016, CineMare gehöre unbedingt nach Kiel. Warum gerade Kiel?
Dietsche: Kiel definiert sich über das Meer, maritime Wirtschaft und Meeresforschung sind mit dem Maritimen Cluster, GEOMAR, dem „Ozean der Zukunft“ und dem Meeresatlas der Heinrich-Böll-Stiftung von internationaler Bedeutung. Auch die von Daniel gegründete Ocean Mind Foundation, die sich für „Meer Bewusstsein“ einsetzt, hat ihren Sitz in Kiel. Daher: Kiel, wo sonst?
Opitz: Kiel hatte selten den Ruf, dass hier etwas Innovatives passiert. Aber statt nur darüber zu klagen, wollen wir etwas etablieren, wo Menschen aus aller Welt nach Kiel kommen und wie die Kieler selbst erleben, was hier interdisziplinär läuft: Kunst, Kultur, Wissenschaft, Medien und nicht zuletzt Unterhaltung in einem Boot. Kiel kann zu einem Ausgangspunkt werden, das Thema „Mensch und Meer“ auch in Städte im Binnenland zu tragen. Denn etwa die Plastikvermüllung der Meere geht auch von diesen aus. Wir wollen ein Bewusstsein für solche Probleme schaffen.
Das Naturfilmfestival Green Screen in Eckernförde, also in unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Nachbarschaft, beschäftigt sich auch mit dem Meer. Gibt es Synergieeffekte?
Dietsche: CineMare ist als Meeresfilmfestival wie auch Green Screen Mitglied im internationalen Green Film Network. Wir zeigen „Supermann mit Flossen – Der Rotfeuerfisch“ als Weltpremiere (Sbd, 16.30 Uhr, Metro-Kino), aber schon im Eröffnungsfilm „Bon Voyage“ (Mi, 19 Uhr, Zoologisches Museum) geht es nicht um das Leben im Meer, sondern das Sterben von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer. Der Fokus „Mensch und Meer“ ist ein Alleinstellungsmerkmal von CineMare.
Opitz: CineMare hat ein ganz eigenes Konzept, das neben Natur und Ökologie auch die gesellschaftliche Dimension der Meere in den Fokus rückt. In meinen Filmen geht es mir um die Beziehung zwischen Wal und Mensch, so auch in der Full-Dome-Installation „360-Grad Walgesang“ (So, 13 Uhr, Mediendom), wo der Musiker André Matov live zu visualisierten Walgesängen spielt. Das ist weniger ein Naturfilm als ein mediales Experiment. Es ist ein Charakteristikum von CineMare, dass wir das Thema Meer um die Ecke denken.
Wie stellt man so ein Festivalprogramm zusammen? Zudem zeigt ihr ja auch viele Filme aus Schleswig-Holstein.
Dietsche: Als Dozent für Filmwissenschaft arbeite ich seit Jahren eng mit Filmfestivals wie z.B. interfilm Berlin zusammen. Im internationalen Austausch entstehen viele Synergieen, man empfiehlt sich gegenseitig Filme. Ferner hatten wir ganz klassisch Filmeinreichungen aus der ganzen Welt.
Opitz: Mit der Ocean Mind Foundation bin ich nicht nur Mit-Kurator, sondern auch ein Partner des Festivals, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, ein emotionales Bewusstsein für die Meere zu schaffen. Das passt einfach gut.
Dietsche: Von insgesamt über 40 nationalen und internationalen Produktionen im Festivalprogramm, kommen allein acht aus Schleswig-Holstein: Etwa „Bei Auftrag Abenteuer“, eine NDR-Produktion über die Kieler Forschungstaucher von submaris, die von Kiel aus Missionen auf der ganzen Welt erfüllen (Do, 22 Uhr, Kino in der Pumpe). Auch die anderen Filme aus dem Land zeigen, dass hier ganz tolle Sachen passieren. CineMare hat einen internationalen Anspruch mit einem lokalen Anker.
Wie finanziert man ein doch schon so großes Festival?
Dietsche (lacht): Ich sag’s mal so: Mittelfristig ist da noch Raum für finanzkräftige Partner.
Opitz: Einen Teil finanziert auch die Ocean Mind Foundation durch Sach- und Arbeitsleistungen. Aber das ist nur ein Tropfen auf den zu trockenen Stein, perspektivisch besteht dringender Handlungsbedarf. Was aber eigentlich normal ist. Man muss erstmal zeigen, was ein junges Festival leisten kann. Ich bin beeindruckt, welche Qualität CineMare schon in der zweiten Ausgabe hat.
Dietsche: Ohne das rein ehrenamtliche Engagement des Festivalteams, das sämtlich sein Gehalt zurückstellt, wäre CineMare nicht realisierbar. Das geht natürlich nicht auf Dauer. Wir sind angetreten zu beweisen, dass CineMare als eines der wenigen Meeresfilmfestivals weltweit für die Stadt, das Land, den Ostseeraum und darüber hinaus bedeutsam sein kann.
Interview: Jörg Meyer
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