Neue „Developmentförderung“ für „Creator*innen“

Von barrierefreier Filmförderung kann hier zwar noch nicht gesprochen werden. Doch innovationsfreudig und marketing-affin wie die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein – früher einfach FFHSH abgekürzt, seit einiger Zeit zu MOIN (MOVING IMAGES NORTH) aufgepeppt – nun einmal ist, wirft sie alle traditionellen Drehbuch-, Treatment- und Konzeptförderungen über Bord zugunsten einer individuelleren und flexibleren Förderung, die schon möglichst früh bei der Ideen-und Stoffentwicklung ansetzen soll.

Das Zauberwort dieser strukturellen Neuerung heißt NEST. Es steht für eine institutionalisierte Spielwiese, auf der in einem „NEST SPACE“ jeweils zehn kreativen Filmschaffenden während einer fünftägigen Klausur geholfen werden soll, ihre Filmideen zu entwickeln. Mit fast schon konspirativem Vokabular ist von einem „kollaborativen Denkraum“ an einem „geheimen und inspirierenden Ort in Schleswig- Holstein“ die Rede, an dem NEST Mitte März getestet werden soll. Später soll diese kreative Zusammenkunft von der europäischen Film-Initiative aus Frankreich „Le Groupe Ouest“ mehrfach pro Jahr in Schleswig-Holstein durchgeführt werden. Die geförderten Projekte sollen so in einer Antragsrunde zusammengebracht werden.

„Ziel der NEST Spaces ist es, das Potenzial von Projekten in einer frühen Phase möglichst weit auszuleuchten und sich methodisch mit der Idee auseinanderzusetzen, bevor der Schreibprozess beginnt“, heißt es dazu in einem vorläufigen Merkblatt. Und weiter: „Neben einer Basisförderung in Höhe von 7.500 Euro (SPACE Classic) können sich Autor*innen und Creator*innen* um die Teilnahme im NEST SPACE bewerben … Für die Bewerbung um eine NEST-Förderung reicht eine kurze Projektbeschreibung aus – die Förderung ist nicht mehr ans ‚geschriebene Wort’ in Form von Treatments oder Drehbuchskizzen gebunden. Bewerben können sich Autor*innen und Creator*innen von Spiel- und Animationsfilmen, Kinodokumentarfilmen, High-End-Serien und innovativen Formaten wie XR oder 360 Grad.“

In einem zweiten Schritt sollen dann so genannte NEST TOOLS (200 verschiedene an der Zahl) zum Einsatz kommen. „Das sind sind standardisierte, finanzielle Fördermaßnahmen. Die Bandbreite reicht von Autor*innenleistungen und produzentischen Leistungen bis zu externen Beratungsleistungen. Tools werden in Zusammenarbeit mit den Antragsteller*innen nach dem NEST SPACE identifiziert und im Paket beantragt. Die Summe aller Tools entspricht der Höhe der Gesamtfördermaßnahme“, die als erfolgsbedingt rückzahlbares Darlehn gewährt wird.

Arbeitssprache für die Autor*innen und „Creator*innen“ ist im NEST SPACE Englisch. Vielleicht, weil alle Geförderten dieser im Kern regionalen Filmförderung potentiell auch für den Weltmarkt produzieren und die Geburtshelfer bei dieser „Developmentförderung“, wie es auf Neudeutsch der Filmförderung heißt, Franzosen sind.

Perhaps one question may arise for those affected: Warum soll ich mich gezwungenermaßen, weil ich kreative Hilfe für mein Filmprojekt brauche, nun tagelang mit neun anderen Filmideen auseinandersetzen, die normalerweise so gar nichts mit der meinigen zu tun haben? (Helmut Schulzeck)

* „Creator*innen“ ist eine Verballhornung des deutschen „Genderismus“: „Creator“ ist ein englisches Nomen und damit schon geschlechtsneutral.

 

Titelfoto: Das NEST-Logo: eine Seeanemone gewappnet mit giftigen Tentakeln, die in ihrem Inneren Meeresschätze birgt (Foto: MOIN Filmförderung)
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