Der Drehbuchpreis SH wurde online vergeben

„Nun das dritte Hörbuch … ich meine natürlich Drehbuch“, kündigt Moderator Horst Hoof die Lesung des letzten von drei Finalisten beim Drehbuchpreis SH an. Ein Versprecher, der nicht von Ungefähr kommt. Denn dass Filme nicht nur auf die Leinwand, sondern auch ins Kopfkino des Ohres gehören, hatte der vom Verein Filmkultur SH und Regisseur Christian Mertens initiierte Drehbuchpreis SH bereits 2018 und 2019 mit den Lesungen von noch unverfilmten Kurzfilmdrehbüchern im Studio Filmtheater bewiesen.

In Corona-Zeiten, wo die Kinos geschlossen sind, konnten die Lesungen der drei Finalisten, die eine Vorjury aus 40 eingesandten Drehbüchern ausgewählt hatte, nun „nur“ als Hörspiele im Podcast stattfinden. Solche Beschränkung erwies sich jedoch als Erweiterung, denn die Hörspielproduzenten Oliver Ujc und Julia Börth von der FH Kiel hatten die Lesungen von acht Schauspielerinnen und Schauspielern, darunter die Kieler Ensemblemitglieder Makko Gebbert und Zacharias Preen, mit eindrucksvollen und die Fantasie anregenden Soundscapes zu vollwertigen Hörspielen aufgepeppt. Die Autorinnen waren davon im Telefoninterview während des Live-Podcasts rundum begeistert, weil die Hörspielversionen ihrer Drehbücher „ganz neue Bilder im Kopf freigesetzt“ hätten (Melanie Adler) und sie sich als „beste Werbung für die Gewinnung von Filmproduzenten zur Realisierung des Drehbuchs eignen“, so die Kieler Autorin Hille Norden.

 

Vom Drehbuch zum Hörbuch: Julia Börth und Moritz A. Wandl bei der Aufnahmesession zum Drehbuchpreis SH (Foto: Christian Mertens)

 

Ihr Drehbuch „Mien leevsten Wulf“ prämierte die Fachjury (Martin Strange-Hansen, dänischer Kurzfilm-Oscar-Preisträger, Anne Kathrin Lewerenz, Nachwuchsförderreferentin bei der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein, sowie Filmproduzent und Autor Markus Reinecke) mit dem mit 1000 Euro dotierten Hauptpreis. Anrührend setzt sich Hille Norden darin mit dem Thema Würde im Alter auseinander. Die Brüder Hinnerk und Peter leiden am zunehmenden Verfall ihres dementen Vaters Wolf und fragen sich, ob er so noch leben oder lieber sterben wolle. Mutter Margret macht ihren Jungs jedoch klar, dass man für ihren „leevsten Wulf“ den Tod „zwar erwarten, aber nicht einladen“ dürfe. All das auf Plattdeutsch und mit dem typisch norddeutschen trockenen Humor.

 

Nicht gleich den Vater mit dem Bade ausschütten: Illustration von Leonie Vogt (Muthesius Kunsthochschule) zum Drehbuch „Mien leevsten Wulf“

 

An einer Lebenswende befindet sich auch die Protagonistin in „Wellenschlag“ von der Ammersbekerin Melanie Adler. Die Mutter dreier Kinder und Gattin eines eher unaufmerksamen Ehemanns bricht in Tagträumen von einer erotischen Romanze immer wieder aus ihrem bedrückenden Alltag aus. Ob ihr der wirkliche Ausbruch gelingt, als sie ans Meer fährt, um den Traum zu realisieren, bleibt am Ende offen.

 

Traum von der Romanze am Meer in der Wanne: Illustration von Nina Pokoiewski (Muthesius Kunsthochschule) zum Drehbuch „Wellenschlag“

 

Den (undotierten) Publikumspreis – an der Online-Abstimmung hatten am Sonntagabend knapp 100 Zuhörende teilgenommen, etwa die gleiche Anzahl hatte den Live-Podcast verfolgt – gewann Phoebe Ammon aus Panker für „Bombengranatenevents“. „In der heutigen Arbeitswelt muss man multifunktional sein, um zu funktionieren“, beschreibt Ammon das Thema ihres Drehbuchs. Genau das ist Kleinunternehmerin Anne Rose mit ihrem Eventservice „Im Namen der Rose“, nämlich ein Hans-Dampf in allen Gassen des Provinzstädtchens Lüttenkirchen. Als sie ein Event für den Bürgermeister, der „vom rechten Schlag“ ist, ausrichten soll, fragt sie sich allerdings, ob sie wirklich alles macht.

 

Geschäftsfrau für (fast) alle Fälle: Illustration von Lotta Bracker (Muthesius Kunsthochschule) zum Drehbuch „Bombengranatenevents“

 

Der Final-Podcast ist auf www.drehbuchpreis-sh.de nachzuhören.

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