Revolutionen am und für das Meer

Cinemare verlieh zum Abschluss acht Preise für engagierte Meeresfilme

Dass die zum Abschluss des Meeresfilmfestivals Cinemare im Metro-Kino uraufgeführte NDR/Arte-Produktion „1918 – Aufstand der Matrosen“ den Publikumspreis gewann, verwundert nicht. Sie zeigt, wie in Kiel vor 100 Jahren Weltgeschichte geschrieben wurde. Dass die Zuschauer sie zum Liebling wählten, kann als Plädoyer für die Demokratie gelten, die heute wie auch das Meer, an dessen Küste sie einst stattfand, gefährdet ist.
Den Schutz beider als Aufgabe zu sehen und zu zeigen, ist im Rückblick auf vier Festivaltage das Verdienst von Cinemare. Denn das Meer ist unser aller Lebensgrundlage, nicht nur in ökologischer, auch politischer Hinsicht. Und wenn wie in Kiel von der Küste aus eine Revolution ausging, dann müssten wir das heute vielleicht mal wiederholen.
Lucas Prisor spielt den Arbeiterführer Karl Artelt im Dokudrama „1918 – Aufstand der Matrosen“. (Foto: Arte/NDR, Georges Pauly)
Gleichwohl war der „Aufstand der Matrosen“ lange vergessen, wurde in der „Dolchstoß-Legende“, bis in die 1980er Jahre als „Meuterei“ diskreditiert und ist erst heute erfahrbar als Aufbruch aus der Knechtschaft in eine bessere Welt. Man mag zweifeln an Regisseur und Drehbuchautor Jens Beckers Dokudrama-Konzept, die Ereignisse des Novembers 1918 zwischen „so viel wie nötig Authentizität und so viel wie möglich Unterhaltung“ (Arte-Redakteurin Ulrike Dotzer) zu präsentieren. Es scheint indes aufzugehen und anzukommen bei den Nachgeborenen, die ihre Stadt – und sich – darin als Keim für eine demokratische Revolution erleben.
Als Handlungsfähige auch, wenn es um den Schutz der Meere geht: „Jede Plastikflasche, die im Meer schwimmt“, sagt Festivalleiter Till Dietsche, habe einer achtlos hineingeworfen. Die Verantwortung liegt also bei uns allen. Und so müssten wir wie damals für Demokratie auch heute für das Meer revoltieren, indem wir zum Beispiel Plastik vermeiden – oder an Stränden Sonnencreme, die den Ozean belastet, Thema des Films „Reefs At Risk“, der den Wissenschaftskommunikationspreis gewann.
Preisträger von Cinemare 2018: (v.l.) Festival-Maskottchen Neptun (Norbert Aust), Holger Vogt („Wale vor unserer Küste“), Lisa Hoffmann („On Scene“), Inka Reichert („White Waves“), Michael Eckelt (Produzent „1918 – Aufstand der Matrosen“), Jens Becker (Regisseur „1918 – Aufstand der Matrosen“), Festivalleiter Till Dietsche. (Foto: ögyr)
Einen von acht Preisen, die am Sonnabend im Metro-Kino verliehen wurden. Dass „Sealers one last Hunt“ die letzte auf Robben war, die der gleichnamige Film fast splatter-movig zeigt (Seefahrerfilmpreis) kann also als Aufbegehren gelten. Wenn wir die Ozeane weiter vermüllen, wird es einst Zwitterwesen aus Krabbe und Kronkorken geben wie in der ironischen Animation „Hybrids“ (Meereskurzfilmpreis).
Wie lange noch werden „Wale vor unserer Küste“ (Deutscher Meeresfilmpreis) schwimmen können? Und wie lange noch Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken, wie Lisa Hoffmann in ihrem mit dem Deutschen Meereskurzfilmpreis ausgezeichneten „One Scene“ protokolliert? Cinemare setzte da leuchtende Filmzeichen für die Revolte gegen Ausbeutung der Meere und ihrer Be- und Anwohner. (jm)

Cinemare 2018 – Preisträger


Seefahrerfilmpreis:
„Sealers, One Last Hunt“ (NOR 2016, Trude Berge Otteren, Gry Elisabeth Mortensen)

Meeresschutzfilmpreis (dotiert mit 1.000 € von Sky Ocean Rescue):
„White Waves“ (SP 2016, Inka Reichert)

Meereskurzfilmpreis:
„Hybrids“ (F 2017, Florian Brauch, Matthieu Pujol u.a.)

Wissenschaftskommunikationspreis:
„Reefs At Risk“ (USA 2018, Malina Fagan, Lynn Pelletier)

Deutscher Meeresfilmpreis:
„Wale vor unserer Küste“ (D 2017, Holger Vogt)

Deutscher Meereskurzfilmpreis:
„On Scene“ (D 2018, Lisa Hoffmann)

Publikumskurzfilmpreis:
„Plankton“ (GB 2018, Gustaf Lindström)

Publikumspreis:
„1918 – Aufstand der Matrosen“ (D 2018, Jens Becker): Im TV: 30.10.2018, 20.15 Uhr, Arte; 4.11.2018, 20.15 Uhr, N3. Infos: www.1918aufstanddermatrosen.de
Filminfos unter www.cinemare.org
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