Zwischen Flucht und Ankommen
Hille Nordens Dokumentarfilm „Khello Brüder“ feiert Vorpremiere
Nach ihrem Spielfilmdebüt „Jola“ geht die junge, bis vor kurzem Kieler Filmemacherin Hille Norden neue Wege. Mit „Khello Brüder“ legt sie einen Dokumentarfilm vor, der zwei recht unterschiedliche Brüder aus Aleppo porträtiert: Der eine, Tarek, Journalist, der in Deutschland bald Fuß fasst, der andere, Zakwan Khello, Maler, der es nach den Traumata der Flucht und des Verlusts fast seines gesamten Werks mit der Integration weit schwerer hat.
Zakwan Khello mit seinen aus Aleppo geretteten Gemälden. (Fotos: Tim Butenschön)
„Keinen Film über Flucht, sondern vom Ankommen“ wollte Hille Norden drehen. Das Thema hatte sie schon lange interessiert. Dann der „Glücksfall“: Zakwans von Tarek nach Deutschland geschmuggelte nur 17 Bilder wurden in Leipzig ausgestellt, der Rest ging in Aleppo verloren. Aber Hille, die selbst auch malt, sah sie in Leipzig und war sofort zu einem Film entschlossen: „Zakwan wollte eher seine Kunst als sich selbst retten, das interessierte mich.“ Sie traf „den kleinen blassen Mann“, und der erzählte von der Flucht. Da war die Idee für einen Dokumentarfilm geboren, der anfangs nur Zakwan als Protagonisten haben sollte. Doch über Zakwan lernte Hille auch seinen Bruder Takwan kennen, der schon 2013, vor der so genannten „Flüchtlingskrise“, als Kontingentflüchtling nach Deutschland kam, weil er als oppositioneller Journalist vom syrischen Regime verfolgt worden war und sich schnell integrierte – er arbeitet inzwischen für mehrere deutsche Rundfunksender. So wurden aus einer Geschichte über Flucht und Ankommen zwei ganz unterschiedliche, gleichwohl eng verwobene.
Zwei Brüder mit unterschiedlicher Geschichte von Flucht und Ankommen: Zakwan (links) und Tarek Khello.
Den Fokus legt Nordens 76-minütige Doku, deren Recherche und Produktion von der Filmwerkstatt Kiel und dem Land Schleswig-Holstein gefördert wurde, dennoch auf „das sensible Künstlerseelchen“ Zakwan, der erst 2015 nach monatelanger Flucht nach Deutschland kam, abgekämpft und depressiv. Waren seine im Bombenregen Aleppos zerstörten Gemälde noch farbenfroh, wie die 17 geretteten zeigen, verarbeitete er das Trauma nunmehr in düsteren Kohlezeichnungen, die in dem weitgehend aus „talking heads“ bestehenden Film eindrucksvolle „Breaks“ setzen und den Film auch zu einem Porträt eines Künstlers machen, der vom Verlust seines Werks nicht viel weniger traumatisiert ist als durch die Flucht.
Filmemacherin Hille Norden im Gespräch mit den Khello Brüdern.
Das Dokumentarfilm-Machen musste sich Hille, die den Film zusammen mit Kameramann Tim Butenschön in 14 über ein Jahr verteilten Drehtagen produzierte, erst aneignen. „Ich habe die Doku daher bewusst ganz klassisch, handwerklich solide angelegt – und dabei auch viel über den Spielfilm gelernt.“ Nun sucht sie einen Verleih, will aber beim Dokumentarfilm bleiben. Der nächste ist schon in Planung und wird von Transsexuellen in Kambodscha handeln. (jm)
Vorpremiere: Mo, 30. Juli, 20.30 Uhr im Kino in der Pumpe. Infos zum Film: ggfplanet.de/khello/