Kieler Film-Kleinod wiederentdeckt

Wenn die Filmemacher Gerald Grote und Claus Oppermann beim Kiel-Film-Abend im Hansafilmpalast am 29.4.2014 ihren preisgekrönten „8mm Kieler Woche“ (D 2007, 45 Min.) und „Metro – Die Geschichte eines Kinos“ von Thomas Plöger und Werner Barg (D 1990, 20 Min.) zeigen, haben sie im Gepäck noch ein ganz besonderes Kleinod, das bis vor kurzem als verschollen galt: den Image-Film „Kiel im frischen Wind“, den Studio Hamburg 1972 zur Olympiade im Auftrag der Landeshauptstadt drehte.
Schon bei ihrer Recherche zu „8mm Kieler Woche“ hatten Grote und Oppermann von diesem Filmschätzchen mit Lokalkolorit gehört, doch auftreiben ließ es sich im Stadtarchiv nicht mehr. Seit vor Jahren die Stadtbildstelle schloss und deren Filmarchiv auf dem Müll landete, schien der mit zahlreichen Luftaufnahmen und ungewöhnlichen Kameraperspektiven aufwendig produzierte Werbefilm für immer verloren. Hätte ihn seinerzeit nicht jemand aus dem Mülleimer der Geschichte gefischt und die 16mm-Kopie bei sich zu Hause gelagert. Charlotte Spieler vom Hansafilmpalast wusste davon und übergab den beiden „Filmarchäologen“ dieses außergewöhnliche Dokument.

Erst vor wenigen Tagen erhielten sie aus Berlin, wo sie den Film digitalisieren ließen – „ihn nochmal durch einen Projektor laufen zu lassen, war uns zu gefährlich“, so Oppermann -, eine Festplatte mit dem Kieler Film-Kleinod und haben ihn jetzt pünktlich zur Retro-Premiere digital restauriert, besonders am Anfang, wo etwa zehn Sekunden fehlen. Wo der Film einst lief, haben Grote und Oppermann noch nicht herausbekommen. „Wahrscheinlich als Vorfilm im Kino oder auf Touristikmessen“, mutmaßen sie über den Werbefilm, in dem sich „Kiel kurz nach der Olympiade in einem zeittypischen Kontext präsentiert, der aus heutiger Sicht recht komisch anmutet“, weiß Grote. Die „Stadt ohne Schnörkel“, so der Filmkommentar die nach dem Krieg – mit mancher Bausünde – wiederaufgebaute Innenstadt lobend, zeigt sich darin von den Seiten, die man damals für ihre besten hielt.
Zum Beispiel die seinerzeit hochmoderne Stadtautobahn, die heute eher als Betonwüste erscheint, und von der es im Film mit überbordendem Optimismus heißt: „Das Auto ist hier gebändigt – im frischen Wind für freie Fahrt.“ Mettenhof erscheint im Helikoptervorbeiflug als „fortschrittliche“ Trabantenstadt, und auch die Werft zeigt sich als blitzblanker Industriestandort „ohne rauchende Schlote“ – in einer Stadt, „wo der Sport der Bruder der Arbeit ist“. Ein nicht minder fröhlich positives Stadtbild zeichnen ausführlich und aus verschiedensten Perspektiven die 1972 noch spektakulären Luftbilder von der Windjammerparade. Ein Zeitgeistdokument ist nicht zuletzt auch der „aufgesetzt poetische Sprecherkommentar“, über den sich Grote „herrlich amüsierte“ und der Kiel als das beschreibt, was auch für den Film selbst gilt: „auch bei Flaute stets in flotter Fahrt“. (jm)
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