Mediatage Nord: 20 Jahre Offener Kanal in Schleswig-Holstein
Seit 20 Jahren sendet der Offene Kanal in Schleswig-Holstein. Dieses Jubiläum wurde auf den Mediatagen Nord 2011 im Rahmen einer Fachtagung gefeiert. 20 Jahre Bürgerfunk in Schleswig-Holstein, das war Anlass für einen Rückblick, aber auch für den Ausblick in die Zukunft. Welche Erfahrungen gibt es nach 20 Jahren Bürgermedien-Praxis? Welche Rolle spielt das Internet künftig?
Um es kurz zu sagen, der Bürgerfunk hatte seine Berechtigung, hat sie heute noch und wird sie auch in Zukunft haben, darüber waren sich die Teilnehmer der Fachtagung des Offenen Kanals Schleswig-Holstein (OKSH) einig. Jutta Kürtz, Vorsitzende des OKSH-Beirates, brachte es auf den Punkt: „Der Bürger braucht das, das ist Demokratie. Und der Bürger kann das. Dafür sorgen wir“. Das sei das OK-Motto von Anbeginn gewesen und auch heute noch ohne Abstriche gültig. Daran werde auch ein wesentliches Ziel deutlich, es gehe nicht allein um das Senden, sondern vor allem auch um Ausbildung. „Der Offene Kanal sorgt für medienkompetente Bürger, das ist wichtig“, so Kürtz.
15 Jahre arbeitete der Offene Kanal unter der Obhut der Unabhängigen Landesanstalt für das Rundfunkwesen (ULR). Seit Oktober 2006 ist er durch das einhellig im Landtag beschlossene „OK-Gesetz“ eine eigenständige Anstalt des öffentlichen Rechts. Seit Anbeginn lenkt Peter Willers die Geschicke des Senders. Nach zwei Jahren Vorbereitungszeit drückte am 16. Dezember 1991 der damalige Justizminister Schleswig-Holsteins, Klaus Klingner, den roten Startknopf für den OK Kiel (Fernsehen). Die Entwicklung in Schleswig Holstein ging rasant weiter: 1992 starte der OK Lübeck (Hörfunk), 1995 wurde das Fernsehstudio in Flensburg eröffnet, 1997 ging der OK Westküste mit seinem Hörfunkprogramm auf Sendung, Kiel wurde 2002 um die Hörfunksparte erweitert.
„Der Bürgerfunk ist eine Bürgerbewegung der besonderen Art mit Kompetenz, Leidenschaft und jährlich wachsenden Nutzerzahlen“, sagte Kürtz. „Rund 7700 Nutzer in Kiel, 3000 in Lübeck, 3000 in Flensburg und knapp 1000 an der Westküste belegen das eindrucksvoll.“ Auch nach 20 Jahren sei der Offene Kanal alles, aber nicht von gestern.
„Der Offene Kanal bringt das Leben in Schleswig-Holstein in die Häuser“, unterstrich Dr. Arne Wulf, Chef der Staatskanzlei des Landes. Auch er sei anfangs ein Skeptiker gewesen. „Davon bin ich heute kuriert.“ Der OK sei ein agiler Bürgersender und habe in der lokalen und regionalen Berichterstattung eine wichtige Funktion, ein Beispiel dafür seien die Übertragungen der Ratsversammlung oder aus dem Landtag. Die Arbeit des Offenen Kanals Schleswig-Holstein, vor allem auch die Vermittlung von Medienkompetenz, verdiene die Note „sehr gut“.
„Wir brauchen den Offenen Kanal mit seiner Struktur auch im Wandel der Kommunikationswelten“, erklärte Jochen Fasco, Beauftragter für Medienkompetenz und Bürgermedien der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM). „Bürgermedien sind zeitlos wichtig, cool und hip.“ Es gehe um Journalismus, das Angehen von Themen und das Nachhaken, wenn Politiker im Interview mal wieder um die Ecke redeten oder kurz: einfach um Medienkompetenz, die vom Offenen Kanal vermittelt werde. „Das ist etwas anderes als das simple Hochladen eines Videos ins Internet.“ Wer die Offenen Kanäle ausschließlich ins Internet verlegen will, nehme ihnen ihre Relevanz und damit die Möglichkeit gesellschaftsrelevant wirken zu können. „Von mir gibt es ein klares Ja, das Internet parallel zu nutzen – ein Nein gibt es dafür, es einzig und ausschließlich zu tun.“
Eine Meinung, die auch Medienwissenschaftler Professor Dr. Bernd Schorb von der Universität Leipzig unterstützte. „Der Offene Kanal muss als lebendiger Impulsgeber der Demokratie da gesehen und gehört werden können, wo die Menschen ihre Medien nutzen“, sagte Schorb. Das sei im Auto und im Wohnzimmer mit dem Fernseher und dem Radio. Er sieht die Zukunft des OK in seinem originären Kerngebiet, der regionalen Berichterstattung, ein Bereich, den kommerzielle Kanäle nicht in der Breite bedienen könnten.
Dass in Zukunft das Internet nicht außen vor gelassen werden kann, betonte auch Thomas Fuchs, Direktor der Medienanstalt Hamburg / Schleswig-Holstein (MA HSH) und Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM). „Eine trimediale Strategie, also die Vernetzung von Hörfunk, Fernsehen und Internet, scheint mir die Zukunftsaufgabe zu sein“, setzte er sich für das Neben- und Miteinander der Kanäle ein. Für die MA HSH sei der Offene Kanal Schleswig-Holstein der wichtigste Projektpartner für die Vermittlung von Medienkompetenz. Als Vorsitzender der Direktorenkonferenz aller Landesmedienanstalten bescheinigte Fuchs dem OKSH seine Einzigartigkeit. „Der Offene Kanal Schleswig-Holstein ist für die Zukunft gut gerüstet und steht bundesweit vorbildlich da.“
(nach einer Pressemitteilung der Mediatage Nord)