20 Jahre Filmkultur in Schleswig-Holstein:
Stabile Strukturen
Mit der Gründung des Vereins Kulturelle Filmförderung Schleswig-Holstein und der Filmwerkstatt Kiel sind vor zwanzig Jahren die Weichen für eine kontinuierliche und erfolgreiche Filmarbeit im nördlichsten Bundesland gestellt worden. aufblende hat mit dem Leiter der Filmwerkstatt Kiel und dem Geschäftsführer der Kulturellen Filmförderung Schleswig-Holstein e.V., Bernd-Günther Nahm, gesprochen:
aufblende: Vor Ihrer Zeit im Norden waren Sie u.a. im Bereich Medien in der Entwicklungszusammenarbeit tätig. Ist Schleswig-Holstein ein Filmland oder ein filmisches und filmpolitisches Entwicklungsland?
bernd-günther nahm: Ganz klar ein über Jahre gewachsener Standort für Filmwirtschaft und Filmkultur mit viel Potenzial! Schleswig-Holstein hat sich regional und überregional in den vergangenen Jahren zu einem respektablen Filmstandort entwickelt. Dieses ist vor allem den Filmschaffenden selbst zu verdanken, die Ende der 80er Jahre die Grundlage schufen für eine Länderförderung in der Trägerschaft eines gemeinnützigen Vereins, der Kulturellen Filmförderung Schleswig-Holstein e.V., und die sich seitdem als unabhängige Stimme und mit großem Engagement gegenüber Politik und Kultur für die Belange der Branche einsetzen. Damals hat man vorausschauend auf ein bis heute bewährtes duales System mit finanziellen Fördermitteln und direkter Produktionsunterstützung durch die Filmwerkstatt Kiel gesetzt. Mit diesem System konnten zum einen Projekte auf den Weg gebracht und zum anderen langlebige und stabile Strukturen teilweise mit tatkräftiger Unterstützung der hiesigen Industrie, z.B. auch im Ausbildungsbereich, geschaffen werden. Parallel wurden Netzwerke und Kooperationen über die Landesgrenzen nach Dänemark, Skandinavien bis ins Baltikum aufgebaut und gepflegt. Einen weiteren Impuls für den Standort durch weitere finanzielle Unterstützung gab es 1993 mit der Gründung der MSH, Gesellschaft zur Förderung audiovisueller Werke in Schleswig-Holstein mit den Gesellschaftern NDR und ULR, die ja dann 2007 in die erweiterte Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein überführt wurde.
Um auf die Eingangsfrage zurückzukommen, die Arbeit in der Entwicklungszusammenarbeit hat mich auch für die Entwicklung des Filmstandortes Schleswig-Holstein trainiert.
aufblende: Ist mit der Fusion der Förderungen in Hamburg und Schleswig-Holstein jetzt alles anders geworden? Droht der Identitätsverlust?
bernd-günther nahm: Die Fusion war und ist für die Filmschaffenden in Schleswig-Holstein keine Stunde null, sondern eher eine Justierung, eine Neuausrichtung bestehender Netzwerke und Kooperationen. Wir haben unsere Stärken in die neue Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein eingebracht und machen unsere bewährte Basisarbeit weiter, d.h. wir fördern nach wie vor gute Projekte und den Nachwuchs und unterstützen Projekte bei der Entwicklung und bei der Recherche. Als Filmwerkstatt Kiel setzen wir unsere Arbeit in gewohnter Weise unter dem gemeinsamen Dach fort und bewahren uns mit der Kulturellen Filmförderung e.V. unsere unabhängige Stimme für Schleswig-Holstein. Auffällig und positiv ist, dass sowohl wir als Förderinstitution wie auch die Branche seit der Fusion in der politischen Öffentlichkeit stärker wahrgenommen werden.
aufblende: Gibt es schleswig-holsteinische Erfolgsgeschichten?
bernd-günther nahm: Mehr als eine! Drei Jahre hintereinander, 2005, 2006 und 2007, waren Filme und deren Macher, die mit Mitteln aus Schleswig-Holstein gefördert wurden, beim Festival Max Ophüls Preis in Saarbrücken erfolgreich und konnten sich über die jeweiligen Hauptpreise freuen wie Lars Jessen für AM TAG ALS BOBBY EWING STARB, Ines Thomsen für MANANA AL MAR und Sung-Hyung Cho für FULL METAL VILLAGE, der als Dokumentarfilm übrigens erstmals in der Festivalgeschichte den Hauptpreis gewann. Wir sind sehr stolz darauf, Filmemacher aus der Region über Jahre von der LAG Jugend und Film in Schleswig-Holstein über die Förderung durch die Kulturelle Filmförderung bis hin zum Filmstudium und in den harten Berufsalltag begleitet zu haben, wie z.B. Lars Büchel, Lars Jessen, Till Franzen, Antje Huber und Bartosz Werner, Christian Theede, Quinka Stoehr um nur einige wenige zu nennen.
Bemerkenswert sind auch die vielen unterschiedlichen Filmfestivals, die sich über Jahre hier im Norden etabliert haben, wie das internationale Naturfilmfestival in Eckernförde, die Filmtage Husum, die Flensburger Kurzfilmtage, das Filmfest Schleswig-Holstein Augenweide Kiel, das Filmforum Schleswig-Holstein und die Nordischen Filmtage Lübeck. Ein wichtiges Kapital sind auch die unentdeckten Landschaften und immer beliebter werdenden Drehorte in unserem Land. Im vergangenen Jahr wurden über fünf Kinofilme hier gedreht, darunter DIE SCHIMMELREITER und DORFPUNKS von Lars Jessen, LUKAS von Bartosz Werner sowie die TV-Filme und -Serien KÜSTENWACHE, DER FÜRST UND DAS MÄDCHEN, DER LANDARZT und TATORT fortgesetzt.
aufblende: Planen Sie denn besondere Feste und Festivals in Ihrem Jubiläumsjahr?
bernd-günther nahm: Wir, d.h. die Filmwerkstatt Kiel der FFHSH und die Kulturelle Filmförderung, starten mit unserem 13. Filmfest Schleswig-Holstein Augenweide in diesem Jahr bereits vom 12. bis 15. März 2009 in Kiel. In diesem Zusammenhang wird es am ersten Tag Werkstattgespräche und Präsentationen mit Filmprogramm zu den verschiedenen Aspekten des Animationsfilms geben. Am 27. und 28. März zeigen wir ein Fotofilmprogramm, zusammengestellt von Gusztáv Hámos und Katja Pratschke, und bieten dazu einen Workshop zur Konzeption und Realisation von Fotofilmen an. Für April/Mai ist eine Präsentation der Filmwerkstatt in der Landesvertretung in Berlin in Planung. Im Herbst folgt dann noch einmal ein Seminarblock zum Thema SELBSTSTÄNDIG WERDEN – UND BLEIBEN!. Ausklingen wird das Jubeljahr dann mit einem Filmfrühstück auf den Nordischen Filmtagen Lübeck.
(aus „aufblende“, Magazin der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein, Ausgabe 1/09)