Kieler Woche privat

„8mm Kieler Woche“ von Claus Oppermann und Gerald Grote hatte Premiere

Fast zwei Jahre haben die Kieler Filmemacher Claus Oppermann und Gerald Grote an ihrem Projekt „8mm Kieler Woche“ gearbeitet. Pünktlich zum 125. Jubiläum des seglerischen wie kulturellen Großereignisses feierte ihr Film im Kieler Metro-Kino am 12. Juni seine Premiere.

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Die Filmemacher und -sammler Claus Oppermann (l.) und Gerald Grote (r.) und einer ihrer Förderer, Bernd-Günther Nahm, Kulturelle Filmförderung S.-H. (Foto: jm)

„Warum eigene Filme drehen, es gibt schon so viele und die haben mit Menschen zu tun, das muss man bewahren“, sagt Gerald Grote im Gespräch nach der Premiere. „Unbekannte, bewegte und bewegende Privatheit“ nennt es Claus Oppermann. Das zu versammeln, was 33 Kieler Schmalfilmamateure in den Jahren von 1936 bis 2003 der Kieler Woche abfilmten, war Ziel des von der Kulturellen Filmförderung S.-H. und der Landeshauptstadt Kiel / Kieler Woche Büro geförderten Projekts. 7.254 Meter 8mm- und Super8-Material, rund 20 Stunden, wurden den beiden Filmemachern von Kieler Schmalfilmern eingesandt. Daraus, ergänzt um instruktive Interview-Sequenzen mit den Filmamateuren, haben sie einen 45-minütigen Dokumentarfilm gemacht, der neben der Kieler Woche vor allem die porträtiert, die ihr durch das Kameraauge über 70 Jahre folgten. Nicht zuletzt auch eine Hommage an die Dokumentatoren, deren privatem Blick auf das alljährliche Segel- und Kulturereignis bisher nur ihre Familien folgten.

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Der private Kamera-Blick auf das öffentliche Ereignis (Screenshots aus dem Film)
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Zum Beispiel Dieter Schultz, Schmalfilmamateur seit 1957 und in den Fußstapfen seines Vaters, der im Jahr 1936 nicht nur wegen der olympischen Segelwettbewerbe zur Filmkamera griff, sondern weil im gleichen Jahr sein Sohn geboren wurde. Film nicht nur als Hobby, sondern als Geschichtsschreibung. So individuell verengt die sein mag, so zeigt sie doch das Private im Echo und Spiegel des öffentlichen Ereignisses. „Der Film gibt die Mentalität der Menschen zwischen den Meeren wieder“, sagte Grote im Interview mit dem schleswig-holsteinischen Zeitungsverlag (sh:z), der die Produktion des Films ebenfalls unterstützte. Die Bilder, die in ruckelnden 8 Millimetern über die Leinwand huschen, sind Legion, Segelboote auf Wasser vor blauem Himmel, Hafen-Sequenzen, alles eigentlich nichtssagend, weil schon tausende Male gesehen. Und dennoch: Eben diese Legion austauschbarer Bilder zeigt den privaten Blick, der zuweilen von der filmischen Kadrierung her, der vorgefundenen „mise en scène“, kleine Meisterschaften zeigt, besser, weil motivisch zugespitzt treffender, als mancher TV-Beitrag, den wir heute in der Berichterstattung über die Kieler Woche sahen und sehen werden.

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Und immer wieder Segel … Kieler-Woche-Bilder aus mehr als einem halben Jahrhundert
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Der filmische Blick des Privaten auf das „Politische“ als intimer – auch als urdemokratischer. Thea Schulz musste ihre erste Filmkamera 1961 nicht nur mit 10 DM-Raten pro Monat abstottern, sie musste sich auch fragen: „Wie sag’ ich’s meinem Mann, dass ich filmen will?“ Am Rande der Kieler Woche-Bilder erzählen Oppermann und Grote so auch Episoden, wie Filmen als künstlerische Betätigung emanzipatorisch wirkt. Nicht zu schweigen vom Aspekt der „Vereinigung“: Der Kieler Schmalfilmclub erlebte seine Hochzeiten bei der Planung und Ausführung der Kieler Woche-Berichterstattung. Auf der DVD „8mm Kieler Woche“, die es für 7,50 EUR u.a. in Kieler Buchhandlungen und in der Touristinformation zu kaufen gibt, findet sich als Bonustrack der Film „75 Jahre Kieler Woche“ (1957) von den Mitbegründern des Kieler Schmalfilmclubs Hans-Peter und Günter Flüh.

Aber nicht nur als filmhistorisches Dokument ist „8mm Kieler Woche“ gelungen. Oppermann und Grote organisieren das „found footage“ in einer zwar chronologischen, aber darin eigenwilligen Dramaturgie, zu der besonders die atmosphärische Filmmusik von Christopher Evans Ironside beiträgt. Wo die 8mm-Filmbilder naturgemäß meist stumm sind, trifft die untermalende Musik den Ton der Bilder und der jeweiligen Zeit. Die Bilder der 1936er Olympiade mit ihren Nazi-Aufmärschen verlieren dadurch ihre Naivität, die Super8-Filme aus den 70ern kommentiert die Musik als Erzeugnisse ganz im Geist der damaligen „Pop-Art“.

Oppermann und Grote hätten es sich leicht machen können, aus den 20 Stunden Amateur-Material einfach nur eine Kompilation zu erstellen. Doch ihr Film organisiert das Material am roten Faden einer Geschichte, die der private Blick schreibt. Gerade dadurch ist ihr Film mehr geworden als eine Reihung. Er zeigt die Kieler Woche nur als Beispiel für die Reaktion des Filmamateurs auf das sich Ereignende. Dass er darauf seine Kamera hält, auf das Prominente, zeigt mehr von seinem privaten Blick als von dem, was die Bilder dokumentieren. Wenn es stimmt, dass Kino vor allem im Kopf statt findet, dann ist hier eine Doku gelungen, die in die Köpfe (und auch die Herzen) schaut, mit den Bildern der Kameras in das Auge hinter denselben. Nicht bloß ein Kieler Woche-Film also, sondern einer über das Filmen an sich, über den medialen Zugang zur Welt. (jm)

Vorführungen während der Kieler Woche:

  • 17. + 19.-24.6., 17 Uhr: CinemaxX Kiel
  • 16.-24.6., 19 Uhr: Metro, Kiel
  • 19., 21.6., 20.30 Uhr: BMW Bootshafen Bühne (freier Eintritt)
  • 24.6., 20 Uhr: BMW Bootshafen Bühne (freier Eintritt)

Weitere Vorführungstermine und Infos über den Film: www.8mm-kieler-woche.de

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