Akrobatisch in die Hocke

Die Kieler Hockstars laden zum „Hocktoberfest“ in die Räucherei.

„Das ist auch nicht abgefahrener, als Rollen unter ein Brett zu schrauben, damit man die Betonwelle surfen kann“, sagt Orc von Rumänien, Gründungsmitglied des Kieler Hockstars e.V. und Miterfinder eines Sports, der sich zum Kult entwickeln könnte wie das Skaten.

Hockern ist „mehr als Kippeln“, die akrobatische Art sich auf einen Hocker zu setzen. Aus der vor fünf Jahren gefassten „Schnapsidee“ haben Orc und seine Mit-Hocker Ben Denn, Romski Laroid und Nezzo Nix einen Sport gemacht, der ebenso „rabiat und wild, karatemäßig“ wie „Ballett in Zeitlupe“ sein kann, der Akrobatik und Jonglage mit Kampfsport, Kunstturnen, Ballsport bis hin zu Bowlen und Breakdance verbindet, um gepflegt zu Stuhle zu kommen. Wie beim Ballett gibt es im „1 x 1 des Hockerns“ Grundfiguren und deren variantenreiche Abwandlungen, etwa das „Petern“ (Werfen des Hockers), speziell den „Nacken-Peter“ oder auch den „Meddel-Moin“, die „Packung“ (Fassen des Hockers aus der Luft), den „Schörf“ (mit oder an den Hocker heran rutschen) und den „Schrubber“ (Hocker-Akrobatik mit engem Körperkontakt). Mittlerweile 30 Tricks haben die Jungs drauf, die bis vor Kurzem in der Kellerdisco des Nachtcafés einmal die Woche trainierten und wegen raumgreifenderer Choreografien demnächst auf eine geräumigere Trainingsfläche umziehen.

Auch das Sportgerät ist inzwischen ein entsprechend „aufgemotztes“. Zwar könne man im Prinzip mit jedem Hocker hockern, aber die Stahlbeine eines Barhockers „haben uns, die wir anfangs recht tollkühn experimentierten, schnell Respekt gelehrt“, weiß Orc aus schonungslosen Selbstversuchen. Als ideales Hock-Gerät hat sich indes der Plastikhocker der Designer Eames und Panton aus den 70er Jahren herauskristallisiert. Seine Doppelkegelform eignet sich perfekt für „Tipps“ (Jonglieren des Hockers mit den Füßen), er ist leicht und wendig, allerdings auch recht stoßanfällig. „Wenn man nichts mit ihm macht, hält er zwei Trainings“, feixt Orc und berichtet, wie die Hockstars „in die Forschung gegangen sind“, um den Hocker des Vertrauens mit Schaumstofffüllungen und Gummilamellen an den Kanten robuster zu machen.

Im Laden gibt’s derlei noch nicht zu kaufen, denn der neue Trendsport aus Kiel ist noch in der Mache. Mit ihrem Hocker-Film „Nicht lachen, machen“ und dessen drei-minütiger Kurzfassung haben die Hockstars aber nicht nur das Publikum bei der Kurzfilmnacht der Kulturellen Filmförderung S.-H. im CinemaxX und beim Filmfest Schleswig-Holstein Augenweide begeistert, sondern auch die „Goldene Lotte“ beim Kurzfilmfest Köln gewonnen. DSF und MTV luden die Hockstars zu Drehs ein und beim „Kiez-Schnizzl“ in Hamburg waren die dortigen Skater sehr angetan von solcher „Sit-Com“.

Beim Hockern, so Orc, „geht es nicht um Kraftmeierei, sondern um Formvollendung“ und darin sehen die Hockstars noch viel Talentpotenzial. Um das zu entdecken, laden sie jetzt zum „Hocktoberfest“, der „1. Hockermeisterschaft der Welt“ in die Räucherei ein. Hocker werden gestellt, aber jeder kann auch den eigenen Sitz mitbringen um zu zeigen, was noch alles auf drei, vier Beinen oder einem Tulpfenfuß geht. Moderiert von Ivan Händel aus Hamburg, musikalisch begleitet unter anderem von DJ Opapa Cobra und im Rahmenprogramm der Band The Uns wird nicht stubengehockert, sondern die Weltmeisterschaft ausgesessen – in „verdammt guter Figur“ und nicht zum Lachen, sondern Mitmachen. (jm)

Sonnabend, 21. Oktober, 20 Uhr, Räucherei. Anmeldung unter orcvonrumaenien@hockern.com oder bis 21.30 Uhr an der Abendkasse (Eintritt/Startgeld: 6 Euro). Infos und Hocker-Tricks in hockernden Bildern unter www.hockern.com.

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