47. Nordische Filmtage Lübeck

„Mehr kann man nicht machen auf einem Instrument“

„Die Posaune des Jazz – Albert Mangelsdorff“

Es gibt wohl kaum einen anderen deutschen Musiker, der einem sofort beim Stichwort „Jazz“ einfällt, als Albert Mangelsdorff. Der gebürtige Frankfurter hat wie kein zweiter Deutschlands Ruf als Jazzland gefestigt. Er gilt als wichtigster Erneuerer des Posaunenspiels im 20. Jahrhundert. Auch entwickelte er durch gleichzeitiges Spielen und Singen die Mehrstimmigkeit der Posaune, eine als „Multiphonics“ in die Fachwelt eingegangene Technik. Anfang der 60er Jahre erarbeitete er sich einen eigenen Sound und wirkte fortan mit seiner Kunst über 40 Jahre lang stilbildend. Thorsten Jeß und Bruno Paulot haben ihm unter dem Titel „Die Posaune des Jazz“ eine filmische Hommage gewidmet.

Das Portrait zeichnet Mangeldorffs musikalischen Weg ausschnittshaft nach, legt seine Schwerpunkte auf sein Schaffen und seine Ausstrahlung in Deutschland, vernachlässigt dabei aber leider so gut wie vollständig seine internationalen Erfolge. So wurde Mangelsdorff z.B. in der 60er Jahren dreimal zum legendären Jazzfestival nach Newport eingeladen und war dort sehr erfolgreich.

1948 begann Mangelsdorff, der zuvor Rhythmus-Gitarrist war, mit dem Posaunenspiel. Schon nach gut einem Jahr bekam er das Angebot, in der Joe-Klimm-Combo, die damals als eine der avanciertesten Jazzformationen hierzulande galt, mit zu spielen. Nach Mangelsdorffs Selbsteinschätzung sei seine Spielweise seit 1960 so gewesen, das er sagen würde, „ab jetzt gilt’s“. „Menschlich äußerst liberal, musikalisch sehr bestimmend“ (Konzertveranstalter Fritz Rau) ging Mangelsdorff seinen Weg, war Gründungsmitglied von diversen bekannten Jazzgruppen (z.B. hr-Jazzenssemble, Globe Unity Orchestra, United Jazz & Rock Ensemble) und war auch international so bekannt, dass das amerikanische Jazzmagazin „Down Beat“ ihn mehrmals zum Posaunisten des Jahres wählte und die Geschichte der Posaunentechnik als „die Zeit vor und seit Albert Mangelsdorff“ charakterisierte.

Er wollte nach eigener Aussage immer weiter, war „mit dem, was man so gespielt hat, nicht zufrieden“, sondern hat „andere Dinge im Geist gehört …, die es zu verwirklichen galt.“ Beharrlich und kompromisslos ging er immer neue Wege.

Der Film zeigt Mangelsdorff als einen, der tagtäglich fleißig übt, nicht das Jazzspielen, sondern das Spielen des Instruments an sich, um dieses dann besser zu beherrschen und somit auf der Bühne die technischen Fähigkeiten zu haben, alles in der Improvisation umzusetzen, was ihm in den Sinn kommt.

Der Film versucht, die Persönlichkeit Mangelsdorff und sein musikalisches Schaffen kapitelweise einzukreisen (Die Anfänge, Freier Jazzmusiker; Bandleader, Improvisation, Auf Tournee, Freejazz, Mehrstimmiges Spielen, Der Evoluzzer). Ausschnitte von diversen Konzerten, beginnend Aufnahmen aus den frühen 60er Jahren, Probenausschnitte mit der NDR-Bigband, Interviews mit Freunden, Kollegen und Kritikern umrahmen die persönlichen Gespräche, die Thorsten Jeß mit Mangelsdorff geführt hat. Dabei ist ein Dokument vom Mangelsdorff in seinen letzten Lebensjahren entstanden (er starb im Juli 2005), das es versteht, von der Bereitschaft des Porträtierten sich mitzuteilen, zu profitieren und so dem Künstler sensibel nahe zu kommen. Resümierend fasst der klassische Geiger Alois Kottmann Mangelsdorffs Fähigkeit, sein Instrument zu beherrschen, im Film wunderschön zusammen: „Aus der Nähe betrachtet hat der Albert Mangelsdorff einen Posaunenton, der einmalig ist. Er ist biegsam, flexibel, er leuchtet, er ist schlank, er hat Farben und er spricht. Mehr kann man nicht machen auf einem Instrument“. (Helmut Schulzeck)

„Die Posaune des Jazz: Albert Mangelsdorf“, 52 Min., D 2005, Digibeta, Regie: Thorsten Jeß, Buch: Thorsten Jeß und Bruno Paulot, Kamera Pavel Schnabel, gefördert von der MSH – Gesellschaft zur Förderung audiovisueller Werke in Schleswig-Holstein mbH

Der Film ist auf den 47. Nordischen Filmtagen Lübeck (3. – 6.11.2005) im Programmschwerpunkt „Filmforum Schleswig-Holstein“ zu sehen.

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