Nutzerfreundlichkeit? Fehlanzeige!

Die ULR ließ TV-Dekoder testen und stieß auf deutliche „Zugangsbarrieren“.

Wenn der Videorekorder programmiert werden soll, müssen sich manche Eltern noch heute technische Hilfe bei Sohnemann oder Töchterchen holen. Die zahllosen Knöpfe auf der Fernbedienung überfordern viele, in deren Jugend es allenfalls galt, am Radio den Sender einzustellen. Im anbrechenden Zeitalter des digitalen Fernsehens kommen nun gerade auf ältere Nutzer neue „Zugangsbarrieren“ zu. Denn was die Bedienerfreundlichkeit betrifft, trägt der Dekoder, der aus dem Datenstrom im Kabel oder vom Satelliten Sicht- und Hörbares fischt, den Namen „Blackbox“ leider oft zu recht.

Die Landesmedienanstalt ULR ließ in einer „Usability-Studie“ die „Handhabbarkeit von Zugangseinrichtungen und Verfahren zur Nutzung digitaler Medienangebote“ testen. Vier markttypische Dekoder (d-Box, Technisat, Nokia und Humax) nahmen Prof. Dr. Dr. Hans W. Jürgens, Leiter der Forschungsgruppe Industrieanthropologie an der CAU Kiel, sowie seine Mitarbeiter Dr. Gerd Küchmeister und der Biologe Dirk Babirat unter die Lupe. Ziel der Studie: die Probleme im Umgang mit Dekodern zu analysieren und anhand dessen ein Anforderungsprofil für die Nutzerfreundlichkeit der Geräte zu formulieren. Neben der reinen Handhabung der Dekoder und ihrer Fernbedienung sowie der Verständlichkeit der Bedienungsanleitung beurteilten die Forscher vor allem die Kommunikation zwischen Maschine und Mensch.

Die Probanden, denen unter anderem die Aufgabe gestellt wurde, ein bestimmtes Programm in einer Liste zu positionieren, wurden in drei Altersgruppen gegliedert: „Computer-Kids“ bis 20, die bis 50jährige „Videorekorder-Generation“ und Nutzer über 50. Ferner wurden die Testpersonen hinsichtlich ihrer Einstellung zur Technik eingeteilt: „technisch kompetent und unerschrocken, teilweise technisch erfahren und lernfähig“ oder „technikkritisch mit Angst und niedriger Frustrationsschwelle“.

„Ein derart desolates Bild der Usability hat sich uns selten gezeigt“, resümmiert Gerd Küchmeister die Ergebnisse. Besonders bei individuellen Programmierwünschen wurden gravierende Mängel in der Handhabbarkeit deutlich. Zum Beispiel für das einfache Verschieben eines Senders in der Programmliste braucht man bis zu 20 Menüschritte. Die Forscher stellten daraufhin einen Katalog mit Forderungen an die „Usability“ zusammen, der die Hersteller zu Verbesserungen anregen soll.

„Desolates Bild der Usability“ – die Autoren der Studie, Hans W. Jürgens und Gerd Küchmeister (rechts), demonstrieren ein unübersichtliches Dekoder-Menü. (Foto: jm)

Angesichts der mangelnden Nutzerfreundlichkeit der Dekoder befürchtet ULR-Direktor Gernot Schumann „eine Zweiteilung der Gesellschaft vor dem Fernseher, bei der die Teilhabe an der verfassungsmäßig garantierten Rundfunkfreiheit mehr und mehr von der Technikkompetenz abhängt“. Die als Band 19 der ULR-Schriftenreihe vorliegende Studie soll dem gegensteuern, in dem sie „allen Beteiligten Datenmaterial für die erforderliche Diskussion an die Hand gibt“. (jm)

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