Seestück zur Revolution

Kai Zimmers Videoinstallation „Study For Revolution 18“ im Kieler Hauptbahnhof

„Der Weltkrieg ist verloren. Abends um 10 zu Bett. Stürmisch“, schrieb am Mittwoch, 30. Oktober 1918, ein namenlos gebliebener Kieler Werftarbeiter in sein Tagebuch. Eine der Quellen, die der Kiel/Berliner Videokünstler Kai Zimmer für ein noch im Entstehen befindliches Experimentalfilmprojekt zur Revolution in Kiel 1918 gesammelt hat. Aus diesem Material, Postkarten und Fotos aus Kiel um den November 1918 sowie Rohmaterial zu seinem experimentellen Kurzfilm „Seestück“ (2009) hat Zimmer eine Videoinstallation zusammengestellt, die aus Anlass einer Plakettenenthüllung am Kieler Hauptbahnhof zum 92. Jahrestag des Kieler Matrosenaufstands in der historischen Nordhalle des Hauptbahnhofs gezeigt wird.
„Study For Revolution 18“ zeigt die Zeitdokumente von damals und heute und schriftliche Ausschnitte aus dem Tagebuch des anonymen Werftarbeiters in einem 20-minütigen Video-Loop, der über sechs Beamer phasenverschoben an die Kuppeldecke der Bahnhofsnordhalle projiziert wird. Dabei entsteht eine Art Deckengemälde aus bewegten und Standbildern, die sich gegenseitig überlagern. In einer Soundebene werden zusätzlich „maritime“ Geräusche wie Wasserplätschern oder das Scheuern von Tauen über die Bahnhofssprechanlage übertragen.
Die Installation zeigt – bewusst fragmentarisch – Impressionen der revolutionären Ereignisse von 1918 in Kiel sowie heutige Kieler „Seestücke“ an einem historischen Ort, der beim Kieler Matrosenaufstand eine wichtige Rolle spielte. Vom Bahnhof aus machten sich die Matrosen auf, die Novemberrevolution u.a. nach Berlin zu „exportieren“. Hier traf aber auch der SPD-Politiker Gustav Noske ein, um als Abgesandter der provisorischen Reichsregierung und späterer Vorsitzender des Kieler Arbeiter- und Soldatenrats den Aufstand zu beruhigen.
19. November 2010, 18 Uhr, Hauptbahnhof Kiel. Dauer: ca. 60 Minuten.
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