Viva Fotofilm! im Hamburger Metropolis
Im Metropolis-Kino Hamburg werden Fotofilme und ein Buch zum Fotofilm vorgestellt.
FIASKO – Fragmente nach dem gleichnamigen Roman von Imre Kertész
D 2010, Splitscreenfotofilm, Janet Riedel, Katja Pratschke, Gusztáv Hámos, 32 min. Sprecher: Patrick von Blume, Andreas Mannkopff, Lars Rudolph, Peter Pagel, Ariella Hirshfeld
„Selbst unter den Bedingungen einer Diktatur hört unsere Persönlichkeit nicht auf zu existieren, sie vervielfacht sich vielmehr.“ (Imre Kertész). Das Leben des Schriftstellers Steinig gleicht einem FIASKO. Er kommt auf einer Flugreise von weit her an einen gespenstisch fremden, gleichzeitig merkwürdig vertrauten Ort und erlebt dort Déja-vus. Er gerät in ein undurchschaubares System (stalinistisches Ungarn), dessen Straf- und Verfolgungsmethoden sich niemand, auch Steinig nicht, entziehen kann, ohne zu begreifen, wie ihm geschieht. Bei seiner Ankunft ist Steinig ein gekündigter Journalist, verdingt sich als Maschinenschlosser, Angestellter in der Presseabteilung des Produktionsministeriums, Soldat und schließlich als Gefängniswärter. Er ist ein nützlicher, aber austauschbarer Mensch – ein Ersatzmensch, ein Fremder. Als sich die Möglichkeit zur Flucht bietet, bleibt Steinig. Entlang der literarischen Vorlage von Imre Kertész wird die Geschichte mit Aufnahmen der Fotografin Janet Riedel im Splitscreen erzählt. Gefördert von Filmförderung Hamburg Schleswig Holstein, Medienboard Berlin-Brandenburg, Filmstiftung NRW, Kuratorium Junger Deutscher Film und BKM.
3.9., 19 Uhr. Einführung: Prof. Dr. Hinderk Emrich, Hannover, Premiere in Anwesenheit von Janet Riedel, Katja Pratschke und Gusztáv Hámos, Berlin, anschließend Umtrunk
„Viva Fotofilm bewegt/unbewegt“
Buch- und Filmpräsentation mit den Hg. Gusztáv Hámos, Katja Pratschke, Thomas Tode
Der Fotofilm öffnet Zwischenräume: Zwischen den unbewegten Bildern im Film befinden sich mögliche Räume, fruchtbare Plätze, die durch Imagination aufgeladen werden. „Es geht hier um die Öffnung eines Spielraums und die Gestaltbarkeit von Leben. Im künstlerischen Sinne kann man das als „ºgestaltbarer Raum“¹, als Zeitraum denken. Das zeichnet den Fotofilm in einer besonderen Weise aus: Dieser Potencial Space, also der mögliche Raum zwischen den Bildern, wird im Fotofilm zelebriert und bekommt eine Entfaltungsmöglichkeit.“ (Siegfried Zielinski). Das Buch dokumentiert einen neu intensivierten Diskurs zum Stillbild im kinematografischen Kontext, zwischen Experimental-, Animations-, Dokumentar- und Erzählkino, zwischen Film, Fotografie und Medienkunst. Der Fotofilm siedelt in diesen Zwischenräumen, an den Schwellen, zwischen den Künsten. Infos: www.schueren-verlag.de.
Filme (z.T. Ausschnitte): Chris Markers La Jetée (F 1962, 28’), Leonore Maus und Hubert Fichtes Der Tag eines unständigen Hafenarbeiters (D 1966, 13’), Franz Winzentsens Die Anprobe (1938) (D 1985, 14’), Silke Grossmanns Die Gefühle der Augen (D 1985/87, 16’), Sirkka-Liisa Konttinens The Writing in the Sand (GB 1991, 43’), Katja Pratschkes und Gusztáv Hámos’ Fremdkörper (D 2002, 27’), Shelly Silvers What I’m Looking For (USA 2004, 15’). Die Publikation wurde gefördert von: Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf, Potsdam-Babelsberg, Stiftung Kulturwerk der VG BILD-KUNST Bonn, Kunsthochschule für Medien Köln, Frankfurter Stiftung maecenia für Frauen in Kunst und Wissenschaft, Hochschule für bildende Künste Hamburg, Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein, Filmwerkstatt Kiel.
4.9., 21.15 Uhr. In Anwesenheit der Herausgeber Gusztáv Hámos, Katja Pratschke, Thomas Tode und weiterer Gäste (Textautoren und Filmemacher)
Der Sprung in die Zeit
Fiasko (D 2010, 32’) von Janet Riedel, Katja Pratschke und Gusztáv Hámos (siehe oben). Alain Resnais’ Nuit et brouillard (Nacht und Nebel, F 1955, 32’), diese „feierliche und schreckliche Elegie“ (The Times), ist einer der frühesten Filme über die Konzentrationslager. Obwohl inzwischen mehr als 50 Jahre alt, ist seine Wirkungsmacht ungebrochen. Sie verdankt sich einem ästhetischen Konzept der Reduktion, das Betrachtern jeden Alters einen eigenen Zugang gestattet, all unserer Kenntnis der Archivbilder zum Trotz. Serge Daney schrieb, Nacht und Nebel sei kein „schöner“, sondern ein „richtiger“ Film. Für Salut les Cubains (F 1963, 30’) hat Agnès Varda von einer Kubareise 3000 Fotos mitgebracht, die sie zu einer höchst ausgelassenen Reiseerzählung montiert, kommentiert von Michel Piccoli und ihr selbst. „Ein didaktischer Dokumentarfilm, gemacht wie ein Divertimento. Eine gewaltige Conga, ein gewaltiger Cha-Cha-Cha, zu seinem Rhythmus tanzen und leben Fidel Castro, Wilfred Lam, Benny Moore und Zuckerrohrschneider und Milizionärinnen und Kinder und sogar Katzen.“ (Varda). Fiasko,Nacht und NebelundSalut les Cubains verbindet das Operieren mit stillen Bildern im kinematografischen Kontext und die Auseinandersetzung mit den Diktaturen des 20. Jahrhunderts. Salut les Cubains zeigt die euphorischen Anfänge einer bis heute bestehenden Diktatur. Nacht und Nebel notiert minutiös die faschistischen Gräuel. Fiasko beginnt mit dem Ende der faschistischen Diktatur, spielt im stalinistischen Ungarn und thematisiert auch die Wende, die das Ende des Kalten Krieges markiert.
5.9., 19 Uhr. In Anwesenheit von Janet Riedel, Gusztáv Hámos und Thomas Tode
(nach einer Produktionsnotiz der Autoren)