Eine russische Familie wird in ihrer Heimat politisch verfolgt und ist nach Schweden geflohen. Dort hoffen die Familienmitglieder, ein einigermaßen normales Leben führen zu können. Die zuständige Behörde lehnt den Antrag auf einen dauerhaften Schutzstatus jedoch ab. Der Familie bleiben lediglich zehn Tage, um neue Beweise beizubringen, die eine politische Verfolgung des Vaters in Russland belegen. Bisher hatten die Eltern ihre Töchter, so gut es geht, aus der Sache herausgehalten, doch die jüngste Tochter Katia ist die einzige Zeugin, die der Vater benennen kann. Konfrontiert mit psychischem Stress dissoziiert Katia allerdings und fällt in einen komatösen Zustand.

Quiet Life“ zeigt die Schwierigkeiten auf, mit denen sich Flüchtlinge in einem fremden Land konfrontiert sehen. Die Tragödie einer Flüchtlingsfamilie steht im Zentrum des Werkes. Dabei mahnt der Film zum Nachdenken, tut dies mit Feingefühl und ohne einen erhobenen Zeigefinger. Den Figuren wird viel Raum gegeben, um sich angesichts der zunehmend schwierigen Lage zu entwickeln. „Quiet Life“ ist im hohen Maß tragisch, lässt jedoch immer wieder kleine Funken Hoffnung aufkommen und endet auf einem emotionalen Höhepunkt.

Filmstill aus „Quiet Life“ (Foto: Les Films du Worso)

Überaus gelungen ist die Bildgestaltung des Films. Zu Beginn entsteht aus dem Gezeigten heraus eine Form von Distanz zwischen den Familienmitgliedern – beinahe eine emotionale Kälte – wodurch das Inszenierte unbehaglich wirkt. Erst nach einem heftigen emotionalen Ausbruch des Vaters gegenüber der behördlichen Ablehnung des Asyls werden offen Emotionen inszeniert. Besonders die Mutter durchläuft hierbei einen intensiven Prozess, der auch einen Zustand von annähernder Hoffnungslosigkeit nicht ausspart. Dieses Zusammenspiel von Bildgestaltung und darstellerischer Klasse schafft über den Verlauf des Films eine empathische Nähe zu den Figuren und ihrem Schicksal.

Quiet Life“ ist ein feinfühliges Highlight des Charakterkinos auf den 66. Nordischen Filmtagen. Eine mit viel Feingefühl inszenierte und intensiv dargebotene Performanz des Ensembles macht diese tragische Geschichte zu einem Film, der im Gedächtnis bleibt. Darüber hinaus hinterlässt das Werk einen emotionalen Nachhall, einen Appell für Mitmenschlichkeit und Offenheit. (Thomas Heuer)

Preisträger der 66. Nordischen Filmtage

„Quiet Life“ ist Preisträger des Publikumspreises der Lübecker Nachrichten. In der Jurybegründung heißt es: „Der von uns gewählte Film ist erschütternd aktuell und relevant. Eine junge Familie trifft auf ein gefühlloses System. Auf ihrer Suche nach Sicherheit und einer angstlosen Zukunft bleiben Türen verschlossen und Probleme werden weggelächelt.“

Filmstill aus „Quiet Life“ (Foto: Les Films du Worso)

Filmografische Daten

Quiet Life
FR / D / SWE / GR / EST / FIN 2024, 98 Minuten
Regie: Alexandros Avranas
Drehbuch: Stavros Pamballis, Alexandros Avranas
Besetzung: Chulpan Khamatova, Grigory Dobrygin, Naomi Lamp, Miroslava Pashutina, Eleni Roussinou
Produzent:innen: Sylvie Pialat, Alejandro Arenas Azorín, Benoît Quainon, Adeline Fontan Tessaur, Reik Moller, Ulf Israel, Olivier Guerpillon, Frida Hallberg, Riina Sildos, Elina Litvinova, Kostas Sfakianakis, Vicky Miha, Kaarle Aho, Kai Nordberg
Verleih: Senator Film
Kinostart: 24.04.2025 (über Wild Bunch Germany GmbH / Central Film Verleih GmbH)

 

Titelfoto: Filmstill aus „Quiet Life“ (Foto: Les Films du Worso)
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