Im KIeler Flandernbunker ist neben weiteren Veranstaltungen zum Ende des Zweiten Weltkriegs der Dokumentarfilm „Anfang aus dem Ende“ von Aleida Assmann über die Flakhelfergeneration zu sehen.

Montag, 5. August, 19 Uhr

Im Alter von 15 Jahren wurden Jugendliche ab 1943 im Zweiten Weltkrieg als Wehrmachtshelferinnen und Wehrmachtshelfer faktisch zu Soldaten erklärt: Schulklassenweise wurden Jungen und Mädchen eingezogen und dienten als Flakhelfer, als Marinehelferinnen oder zum Beispiel als Funkhelferinnen. Obwohl die Gruppe dieser missbrauchten Generation mehr als eine halbe Million Jugendliche beiderlei Geschlechts umfasste, sind die Flakhelfer unter ihnen wohl am bekanntesten.

Hans Krohn ist heute 96 Jahre alt. Als 15-Jähriger musste er mit seiner Klasse der Kieler Hebbelschule am Nordmarksportfeld die Bombenflieger vom Himmel schießen – und überlebte das knapp. Seit fast 20 Jahren arbeitet Hans Krohn ehrenamtlich beim Verein Mahnmal Kilian und berichtet Schulklassen und anderen Gruppen von seinen damaligen Erlebnissen, zu denen seine Flakhelferzeit ebenso zählt wie Erlebnisse mit seiner Familie im Flandernbunker. Seine vielbeachtete Ausstellung mit Fotos und Erinnerungen ist noch bis zum 18. August 2024 im Flandernbunker zu sehen.

Im Rahmen dieser Ausstellung kann jetzt in Kooperation mit der IPPNW (Ärzte für die Verhütung von Atomkrieg, Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.) ein besonderer Dokumentarfilm von Aleida Assmann über jene Flakhelfergeneration gezeigt werden: „Anfang aus dem Ende“. Fast 80 Jahre ist dieser „Zweite Weltkrieg“ heute vorüber. Das letzte lebendige Band, das unsere Gegenwart noch mit dieser Geschichte verbindet, ist die sogenannte ‚Flakhelfergeneration’. Sie umfasst die Jahrgänge 1926-29, die in den letzten Kriegsjahren von der Schulbank an die Flugabwehrkanonen abkommandiert wurden. Diese Generation ist zugleich diejenige, die in Hitlers Tausendjährigem Reich aufgewachsen ist und nach 1945 die Chance hatte, ihr Leben noch einmal neu zu beginnen. Sie hat die Bundesrepublik Deutschland und ihre Demokratie mit aufgebaut.

Der Dokumentarfilm, der 2013 fertiggestellt wurde, geht auf 15 Interviews mit einer Landauer Schulklasse sowie einzelnen Personen aus Heidelberg, Tübingen und Konstanz zurück, die 2011 aufgenommen wurden. In ihm kommen Ereignisse zu Wort, die die Betroffenen zum Teil über 65 Jahre lang im Schweigen bewahrt haben. Angehörige dieser Generation waren bis dahin kaum als Zeitzeugen befragt worden, da sie weder der klassischen Täter- noch Opfergruppen angehören. Der Film zeigt die nachwirkende Bedeutung, die das Aufwachsen im NS-Staat und das Kriegserlebnis für die Jugendlichen hatte. Er zeichnet ein Porträt dieser Generation, die aus ganz unterschiedlichen Perspektiven ihre gemeinsame Geschichte erzählt. In dieser sehr persönlichen Geschichtsstunde werden Lebensgeschichten und wichtige historische Zusammenhänge den nachwachsenden Generationen anschaulich, packend und berührend vermittelt. Einer ihrer Interviewten, der Germanist Hans-Rudolf Picard, resummiert: „Für mich war das Entsetzen jenes, dass ich mit gutem Herzen das Böse gemacht habe.“

Aleida Assmann zählt zu den renommiertesten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich mit der deutschen NS-Vergangenheit und der dazu gehörigen Erinnerungskultur der verschiedenen Generationen auseinandergesetzt haben. Als Professorin für Anglistik, Ägyptologie sowie Literatur- und Kulturwissenschaft war sie in Deutschland, den USA und Österreich an diversen Hochschulen tätig. Sie war mit dem 2024 verstorbenen Ägyptologen Jan Assmann verheiratet und ist Mutter von fünf Kindern. Zunehmend befasste sie sich auch mit der deutschen Vergangenheit und wurde dafür mehrfach ausgezeichnet.

Aleida Assmann: 2016 stellte sie den Film in der Kieler Pumpe persönlich vor (Foto Jens Rönnau)

 

Ihr Film „Anfang aus dem Ende“ über die Flakhelfergeneration ist am 5. August um 19 Uhr im Flandernbunker zu sehen. Eine anschließende Diskussion mit Dr. Mechthild Klingenburg-Vogel von der IPPNW ist möglich. Der Eintritt ist frei – um eine Spende wird gebeten.

Freitag, 30. August, 17 Uhr

17 Uhr: Eröffnung der Ausstellung „Black Swan“
18 – 24 Uhr: Museumsnacht im Flandernbunker

Acht Künstlerinnen und Künstler, die an der Muthesius-Kunsthochschule studiert haben, widmen sich dem Thema Krieg und Frieden, darunter Künstler aus der Urkaine und aus Russland. Es sind Mascha Livanskaia, Tian Wu, Maxim Brandt, Gor Margaryan, Daiki Kimoto, Gregor Schuster, Alexander Wagner (Xeladeran) und Olha Sharafanenko. Die Ausstellung wird am 30. August um 17 Uhr im Flandernbunker eröffnet, unter anderen spricht der SPD-Bundestagsabgeordnete Mathias Stein. Im direkten Anschluss beginnt im Flandernbunker und in ganz Kiel die Museumsnacht 2024.

Ab sofort im Flandernbunker: Vorverkauf der Eintrittsbänder zur Kieler Museumsnacht 2024 (10 € / 7 €).

Führungen im August

Jeden Sonntag um 11.30 Uhr: Führung zur Geschichte des Flandernbunkers und zu den aktuellen Ausstellungen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich (außer für Gruppen ab 10 Personen). Eintritt mit Führung: 6 € / 4 €. Sonderführungen und Workshops für Gruppen zu verschiedenen Themen jederzeit auf Anfrage möglich.

Ausstellungen im August

  • Der Flandernbunker – Selbstleitende Ausstellung durch den Flandernbunker (deutsch/englisch)
  • Bomben und Traumata. Unheimliche Hinterlassenschaften des Krieges
  • Ein Flakhelder aus Kiel. Fotos und Erinnerungen von Hans Krohn (bis 18. August)
  • Bunker – Bomben – Menschen. Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg in Kiel
  • Erinnerungen an KILIAN. Zur Geschichte der Ruine des Kieler U-Boot-Bunkers
  • Café International. Erinnerungen, Bilder und Filme zum Kulturenfest am Flandernbunker 2024
  • Black Swan – Künstlerinnen und Künstler gegen den Krieg (ab 30. August).

Geöffnet täglich 10 – 17 Uhr. Eintritt 4 € / 3 €

(nach einer Ankündigung des Mahnmal Kilian e.V.)

 

Titelfoto: Still aus dem Film „Anfang aus dem Ende“
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