ver.di stellt Vorschläge für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vor
„Die Rundfunkanstalten sollten ihr Möglichstes dazu beitragen, die gegen sie erhobenen Vorwürfe schnell und umfassend selbst aufzuklären. Die Arbeit der Redaktionen im RBB und NDR sind aktuell hervorragende Beispiele schonungsloser Aufklärung von Skandalen. Auch die Intendantinnen und Intendanten sind gefragt, nun aktiv in die Diskussion mit der Öffentlichkeit zu gehen, sich vor ihre Beschäftigten zu stellen und entschieden für die Fortentwicklung des öffentlich-rechtlichen Systems zu streiten“, erklärt ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz in einem Positionspapier zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, das er im Rahmen der Medienpolitischen Tagung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) zur Diskussion gestellt hat.
Ver.di setze sich dafür ein, dass in den Sendern effiziente und unabhängige Compliance-Strukturen eingerichtet werden, die einheitlich bei allen öffentlich-rechtlichen Anstalten gelten, so Schmitz weiter. Zudem müssten die Mitarbeitenden, festangestellte und freie gleichermaßen, bei finanzwirksamen und anderen relevanten Entscheidungen mitbestimmen. Hinsichtlich der Aufsichtsgremien plädiere die Gewerkschaft dafür, deren Kontrollrechte auszuweiten. „Insbesondere für die Kontrolle der Senderfinanzen ist professionelle Expertise eine sinnvolle Voraussetzung. Wo dies noch nicht vorgeschrieben ist, sollte mindestens ein Teil des Verwaltungsrates aus ständigen Sachverständigen bestehen.“ Darüber hinaus könnten regelmäßige Schulungen sowie zusätzliche Mittel, um bei Bedarf externe Gutachten in Auftrag zu geben, die Kontrollfunktion der Rundfunk- und Verwaltungsräte sinnvoll stärken. Nötig mache dies auch die Kompetenz-Erweiterung der Rundfunkgremien durch den nun zügig durch die Bundesländer zu ratifizierenden 3. Medienstaatsvertrag.
Dem seit Jahren andauernden Abbau journalistischer Stellen erteilt ver.di eine klare Absage, denn „Nutzen und Glaubwürdigkeit öffentlich-rechtlicher Medien hängen ganz wesentlich von ihrer tagesaktuellen und tiefgehend recherchierten journalistischen Leistung ab“. Eine auskömmliche Finanzierung der Sender müsse auch die nötigen personellen und technischen Ressourcen berücksichtigen, die nötig seien, um sich im digitalen Raum als öffentlich-rechtliches Gegengewicht zu den marktbeherrschenden Plattformen zu positionieren. Nur so könnten die Sender ihrem Auftrag der Mitgestaltung und Beförderung des gesamtgesellschaftlichen Diskurses gerecht werden.
Dafür brauche es aber nicht zuletzt auch eine Demokratisierung in den Sendern und im Programm. Schmitz: „Programmvielfalt in den Hauptnutzungszeiten muss ebenso Ziel sein wie die Schaffung gleicher Einstiegsmöglichkeiten und Aufstiegschancen für alle Bevölkerungsteile. Freie dürfen nicht mehr von der Mitbestimmung in den Personalvertretungen ausgeschlossen werden. Dieses erhebliche Demokratiedefizit muss endlich abgestellt werden!“
Die Medienpolitische Tagung von ver.di und DGB mit dem Titel „Alle Macht den Räten? Rundfunkauftrag zwischen Wunschkonzert und Kostendruck. Wer bestimmt die Entwicklungen mit?“ fand am 7. und 8. September 2022 in Berlin statt.
Positionspapier von ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz (PDF)
(nach einer Pressemitteilung von ver.di, Bundesverwaltung, 8.9.2022)