Auf die Minute genau 25 Jahre nach der Aufnahme von Kai Zimmers 24-Stunden-Video „BONANZA BUS STOP“ am 21.8.1996 war am Samstag, 21.8.2021 von 19:30 bis 22:30 Uhr der zeitgleiche Ausschnitt im Foyer der Stadtgalerie Kiel zu sehen.
Das Video zeigt die Endhaltestelle Rungholtplatz der (heutigen) KVG-Buslinien 22, 42, 61 und 81, den mit fester Kamera über 24 Stunden gefilmten Blick aus Kai Zimmers früherer elterlicher Wohnung im 2. OG des Wohnhauses Rungholtplatz 5.
Wie schon die ursprüngliche Arbeit von 1996 thematisiert die Installation Zeit und Raum und ihre Beziehung zur Biografie des Autors, der die Arbeit bewusst in die Trilogie „my me diary“ eingereiht hat. Zur Trilogie gehören mit „WORLD WIDE TUNED PARKING LOT“ (1995) und „FLUSS“ (2003) zwei weitere 24-Stunden-Videos, aufgenommen aus den Fenstern von (ehemaligen) Wohnorten. Auch Zimmers seit 1993 stetig erweiterter Fotozyklus „LIKE A COMPLETE UNKNOWN“ passt in diesen biografisch-zeit-räumlichen Rahmen, indem er Blicke nach außen durch Fenster von Herbergen, in denen Zimmer übernachtete, dokumentiert.
Die „my me diary”-Trilogie zeigt Orte des Ankommens und Abreisens – „Transit-Orte“ – eine Bus-Endhaltestelle, einen Parkplatz, die vor dem Künstlerhaus Lauenburg vorbeifließende Elbe. Die Kamera ist räumlich unbewegt, aber die Zeit verändert das vermeintliche „Stillleben“ permanent. Ihr Verlauf lässt sich in der räumlichen Unbewegtheit erleben. Eine zusätzliche Zeitdimension kommt hinzu, indem in der Installation minutengenau 25 Jahren nach der Aufnahme eine „verschobene Gleichzeitigkeit” – (Lebens-)Geschichte(n) – erlebbar wird. Nicht zuletzt auch dadurch, das sich unsere Sehgewohnheiten inzwischen durch Webcams entsprechend fortentwickelt haben.
Der im Foyer der Stadtgalerie gezeigte Ausschnitt 19:30 bis 22:30 Uhr ist hier zu sehen:
Hier ist das gesamte Video in einer YouTube-Playlist zu sehen:
Eine weitere Ebene erhält die Installation durch die Kurzdoku „BONANZA BUS STOP revisited“, die zur Installation gehört aber nur im Internet zu sehen ist. Am 18.7.2021 besuchte Kai Zimmer die Endhaltestelle Rungholtplatz erneut. Jörg Meyer hat ihn mit der Kamera begleitet. Kai Zimmer berichtet über die Entstehung der Video-Arbeit vor 25 Jahren am inzwischen weitgehend umgestalteten „Drehort“.