47. Nordische Filmtage Lübeck

Von Drogen und Menschen

„Nordkraft“ (Ole Christian Madsen, DK 2005)

Nach einem Jahrzehnt kommt mit „Nordkraft“ wieder ein Film auf die Leinwand, der sich auf eine radikale, filmische und nicht moralisierende Weise mit dem Thema der Drogenabhängigkeit junger Menschen auseinandersetzt. Der Vergleich mit dem britischen Überraschungserfolg „Trainspotting“ (1995) macht Sinn, Regisseur Ole Christian Madsen scheut ihn sicher nicht, er fordert ihn geradezu heraus. Die Vorlagen für beide Filme lieferte jeweils ein „Kultbuch“, in diesem Fall der Roman von Jakob Ejersbo. Die Protagonisten beider Filme sind junge Junkies und Dealer, Eltern sind allenfalls Figuren am Rande. Den Soundtrack liefern Bands der Stunde und Säulenheilige der drogendurchtränkten Popmusik wie Iggy Pop. Auch bei der filmischen Umsetzung bedient Madsen sich eines ähnliches Instrumetariums wie Danny Boyle in „Trainspotting“ oder Daren Aronofski in „Requiem for a Dream“, um die Rauschzustände seiner Helden in Bildkadern festzuhalten.

Zwischen Rausch und Nahbarkeit: „Nordkraft“ (Foto: NFL)

Madsen verbraucht keine Energie, um zu zeigen, dass er es auch anders kann oder will. Er benutzt ein bekanntes Vokabubular und einen filmischen Kontext und muss daher nicht alle Fälle des Genres durchdeklinieren. So bleibt Raum für seine drei Hauptcharaktere und ihre Motive. Madsen schraubt immer wieder das Tempo herunter und gibt den Blick auf die Figuren frei, die so einer Austauschbarkeit entkommen und sich nahbar machen. Die Darsteller sind zudem so herausragend, dass die Überlebenskämpfe des Ex-Dealers Allan (Clauss Riis Ostergaard), des Extrem-Junkies Steso (Thure Lindhart) und der Dealer-Braut Maria (Signe Engholm Olsen) den Zuschauer auf eine emotionale Achterbahnfahrt mitnehmen, die anhält bis das erste Schwarzbild des Abspanns auftaucht. Empfehlenswert. (dakro)

 

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