Filmreihe im Kino in der Pumpe, Kiel: Bauhaus und Film
Es wird groß gefeiert in diesem Jahr, das Bauhaus. 1919 von Walter Gropius gegründet, nach 14 Jahren aus politischen Gründen wieder geschlossen, hatte das Bauhaus zwar nur eine kurze Lebensspanne – seine Strahlkraft hat es jedoch auch nach 100 Jahren nicht eingebüßt. “Das Bauhaus war eine Idee. Eine Revolution. Ein Scheitern und ein Erfolg … Das Bauhaus war glatt, weiß, klar und bunt … Das Bauhaus war streitbar … Das Bauhaus hat gebaut … hat Stahlrohr gebogen … gewebt … gefeiert.” Und das Bauhaus hatte – auch wenn nie eine Filmklasse existierte – 25 filmaffine Student*innen. Sie beschäftigten sich mit Lichtprojektionen, mit abstrakten Filmen, mit reformerischen Architekturfilmen wie mit sozialkritischen Dokumentarfilmen.
Bereits am frühen Bauhaus, inspiriert durch Theo van Doesburgs “De Stijl”, befasste man sich mit dem neuen Medium. Und so stehen drei Programme im Mittelpunkt der Filmreihe, die sich mit oben genannten Themen beschäftigen und dabei auch besonders den Blick auf die Filmarbeit der Frauen vom Bauhaus richten. Hervorzuheben ist dabei der erst jetzt ins Deutsche übersetzte Film “Wassily Kandinsky und die Entdeckung der abstrakten Kunst”. Ergänzt werden diese moderierten Filmabende von einem Programm mit zeitgenössischen Dokumentationen über das Bauhaus, über die immer noch aktuellen Fragen unseres Zusammenlebens, über fotografierende Frauen des Bauhauses, einem Klassiker der Filmgeschichte und über eine Villa, deren Erscheinung ebenso bewegend ist wie ihre Geschichte.
Filmprogramm #1: Filme zur Reformarchitektur & soziale Beobachtungen
Das Programm zeigt einen Teil aus der von Walter Gropius initiierten Filmreihe “Wie wohnen wir gesund und wirtschaftlich?”, Laszlo Moholy-Nagys filmischen Blick auf das Berliner Arbeitermilieu, einen kürzlich aufgetauchten Amateurfilm über das Studentenleben, Dokumentationen über illegale Straßenhändler, die Anfang der 30er Jahre zunehmende Aggressivität vor den Wahlen sowie Bilder der Emigration Ellen Auerbachs nach Tel Aviv.
Dienstag, 4. Juni 2019, 18 Uhr, (Einführung: Thomas Tode, Hamburg)
Filmprogramm #2: Der abstrakte Film & die absolute Filmarbeit der Frauen vom Bauhaus
Zwar lässt sich die Beschäftigung mit dem Medium Film bereits im frühen Bauhaus finden, doch können manche Konzepte erst in der Nachkriegszeit realisiert werden. Weitere im Programm gezeigte Arbeiten, die dem abstrakten Film zugeordnet werden, sind von Viking Eggling/Erna Niemeyer, Kurt Kranz, Heinrich Brocksieper wie auch die Reflektorischen Lichtspiele von Kurt Schwerdtfeger. Einen besonderen Blick wirft das Programm auf Erna Niemeyer und Lore Leudesdorff, die ab 1924 an den ersten abstrakten Filmen überhaupt mitwirkten.
Dienstag, 4. Juni 2019, 20.30 Uhr (Einführung: Thomas Tode, Hamburg)
Bauhaus – Modell und Mythos
K. Stutterheim u. N. Bolbrinker, D 1998/2009. 114 Min.
Es ist die wohl immer noch umfassendste und zugleich kritische Darstellung der künstlerischen und politischen Ziele des Bauhauses. Zahlreiche, inzwischen verstorbene Bauhaus-Student*innen vermitteln einen Einblick in die Essenz der Bauhaus-Prinzipien, die Konflikte, die zur Verlegung des Bauhauses von Weimar nach Dessau führten, die Auflösung der Refomschule und die Entstehung des “Mythos” vom Bauhaus wie sein Weiterwirken.
Sonntag, 9. Juni 2019, 18 Uhr
Haus Tugendhat
Dieter Reifahrt, D 2013. 116 Min.
1928 plant Mies van der Rohe die Villa Tugendhat im tschechischen Brno. 1930 zieht die Familie Tugendhat dort ein, acht Jahre später verlässt sie aufgrund der politischen Lage jedoch die Tschechoslowakei. Sie muss die Villa, ein singuläres Bauwerk, das heute zum Weltkulturerbe gehört, ihrem Schicksal überlassen – die facettenreiche und spannende Biografie eines Solitärs moderner Architektur, entworfen mit einem sozial-utopischen Anspruch.
Dienstag, 11. Juni 2019, 18 Uhr
Über Bauhaus-Frauen & Fotografie: Mein Herz schlägt blau – Ella Bergmann-Michel
M. Hemmleb/J. Hercher, BRD 1989 30 Min.
Das dritte Auge
F. Schlaich, D 1991 bis 1995, 45 Min.
Auch am Bauhaus wurden Studentinnen diskriminiert. Trotz der offiziellen Politik der Gleichberechtigung sollten sie “weibliche” Fächer wie Weberei belegen. Dennoch gab es Frauen, die – zumeist über die Fotografie angeregt – schließlich eigene FIlmprojekte realisierten. Wir zeigen eine kurze Biographie zu Ella Bergmann-Michel, die 1919 am Bauhaus studierte, sowie “Das dritte Auge”, die Lebensporträts Ellen Auerbachs und ihrer Freundin Grete Stern – frisch digitalisiert.
Donnerstg, 20. Juni 2019, 18 Uhr (Mit Einführung)
Vom Bauen der Zukunft – 100 Jahre Bauhaus
N. Bolbrinker / T. Tielsch, D 2018, 95 Min.
Bereits vor 100 Jahren stellte das Bauhaus Fragen zum Zusammenleben, die an ihrer Aktualität nichts eingebüßt haben. Thomas Tielsch und Niels Bolbrinker suchen nach Antworten. Sie leiten uns vom legendären Bauhausgebäude in Dessau zu visionären Projekten in Favelas, zu den Wohnmaschinen Corbusierscher Prägung, zu skandinavischen Schulen und zur Vision einer autofreien Großstadt. Der Film macht uns zu begeisterten Flaneuren zwischen den Räumen der Moderne – und schenkt uns einen neuen, durchaus optimistischen Blick auf die Zukunft.
Dienstag, 2. Juli 2019, 19 Uhr (Zu Gast: Thomas Tielsch)
Was kommen wird
W.C. Menzies, GB 1936, 110 Min. Mit R. Massey, R. Richardson
Es ist das Jahr 1940, in dem der Krieg ausbricht. Der Krieg will nicht enden, die Bewohner von Everytown leben 30 Jahre später wie im Mittelalter, bis eines Tages ein Mann mit einem ultramodernen Flugzeug in der Stadt landet. Für die Spezialeffekte wurde Laszlo Moholy-Nagy angefragt, allerdings schafften es nicht alle in den Science Fiction-Klassiker.
Montag, 8. Juli, 20:30 Uhr (Einführung: Dr. Eckhard Pabst)
Filmprogramm #3: Schlemmer und Kandinsky
Der Tanz spielte am Bauhaus eine wichtige Rolle, dokumentierte er doch die Bemühungen, die Einheit von Tanz, Kostüm und Musik in dieser Gattung zu realisieren. Wir zeigen eine Rekonstruktion: “Wassily Kandinsky et la Découverte de l”˜art abstrait” (F 1967/68, 49″˜) ist der ins Deutsche übersetze Film von Ré und Phillippe Soupault, in dem Gemälde und Zitate Kandinskys Biographie nachzeichnen.
Dienstag, 9. Juli 2019, 18 Uhr (Einführung: Thomas Tode, Hamburg)
(nach einer Programmnotiz des Kinos in der Pumpe)