54. Internationale Filmfestspiele Berlin
Da kann auch Matula nichts machen
Perlen und Säue (Perttu Leppä, FIN 2003)
Was um alles in der Welt ist Joensuu? Ein Städtchen in der finnischen Provinz, wo man, wenn man zur arbeitslosen Hälfte der Bevölkerung gehört, außer Karaoke und Alkohol nicht viel Abwechslung hat. So sehen es zumindest die vier halbwüchsigen Söhne der Familie Hirvonen, die so exotische Namen tragen wie Läde, Ruho, Timo und Poju. Nachdem dann auch noch ihr Vater nach einem wenn auch inszenierten Überfall auf das örtliche Alkoholgeschäft im Gefängnis landet, sind die mutterlosen Vier auf sich gestellt und verbringen den Tag mit Bier Saufen und Kartoffelchips Futtern. Abends kommen sie dann in der Joensuuer Karaoke-Bar voll zum Einsatz, wobei nur Poju wirkliches Sangestalent zeigt. Ansonsten hängen sie vor dem Fernseher ab, um beim deutschen TV-Krimi „Die Zwei“, ihrer Lieblingssendung, Wetten abzuschließen, wie oft Privatdetektiv Matula verprügelt werden wird.
Zu allem Übel stört dann aber eine Neunjährige diese Viermännerl-Idylle: Halbschwester Saara, Ergebnis eines One-Night-Stands von Papa Hirvonen mit einer ziemlich durchgeknallten Alkoholikerin, wird von ihrer Mutter vor die Tür gesetzt, da die Tochter ihr zu viel kostet. Die Jungs quartieren die völlig verschüchterte Saara ein. Durch Zufall entdecken sie, was für eine schöne Singstimme die kleine Saara hat, und wittern sofort eine Chance, dies nutzbringend einzusetzen, denn auch in Finnland werden kleine Superstars gesucht …
Bei „Perlen und Säue“ handelt es sich nicht um ein sozialkritisches Drama, sondern um eine stimmige Komödie, die ihre Alters-Zielgruppe gut im Auge behält. Wohl auch deshalb erhielt das Werk als einer von insgesamt acht Filmen aus sechs Ländern den Zuschlag für die dieses Jahr neu etablierte Jugendfilm-Reihe „14PLUS“ der Berlinale. Einen Verleih in Deutschland zu finden, mag sich ungleich schwieriger darstellen, obwohl durch Matulas eifrigen Einsatz ja sozusagen schon eine Verknüpfung da ist … So wird dem deutschen Publikum das lustvolle Spiel der peppigen Jungschauspieler wohl entgehen, angereichert mit Auftritten auch hierzulande bekannter Kaurismäki-Stars wie Sakari Kuosmanen („Juha, Der Mann ohne Vergangenheit“) und Outi Mäenpää, die Saaras Mutter spielt (Joachim Króls Widerpart in „Zugvögel – einmal nach Inari“). Immerhin braucht dann niemand den Schwall finnischen Jugendslangs zu übersetzen, den die Jungs ständig von sich geben. Trotzdem schade! (gls)