Lehrer, Veranstaltungskoordinator und Schulvideograf Pavel „Pasha“ Talankin hält an einer Schule im russischen Karabasch in intensiven, unzensierten und ungestellten Bildern fest, wie der russische Regierungsapparat Einfluss auf den Unterricht nimmt, beginnend mit dem Start der „Militärischen Spezialoperation“ Russlands in der Ost-Ukraine. Ein gleichwohl mutiger wie bedrückender Dokumentarfilm über ein faschistisches System.
Pasha liebt sein Land, mag seine Arbeit und vor allem den Austausch mit seinen Schüler*innen. In seinem Büro gibt er den jungen Menschen einen Raum, in dem sie sich frei und ungehindert entwickeln können sollen – das, was er selbst als Schüler an ebendieser Schule vermisst hat. Pasha besitzt eine ansteckende Begeisterung für seine Arbeit und wird von vielen gemocht. Doch es gibt auch Dinge, die Pasha an Russland nicht liebt und eines davon ist die Regierung. Doch wie sehr die Regierungsinteressen mit seinen Ansichten kollidieren, wird Pasha erst in der Folge des Angriffskriegs auf die Ukraine deutlich. Denn im Zuge des Überfalls auf das Nachbarland werden neue Lehrpläne angeordnet. Fortan besteht Pashas Alltag daraus, zu dokumentieren, wie linientreu die Schule ist, an der er arbeitet. Dieses Konstrukt aus Lügen, Desinformation und Gehirnwäsche an den Schüler*innen wird für ihn zunehmend unerträglich. Als sich die Gelegenheit bietet, einen systemkritischen Dokumentarfilm aus seinen Aufnahmen, Gedanken und Erlebnissen zu machen, schöpft er neue Kraft.
„Mr. Nobody Against Putin“ liefert einen tiefen Einblick in ein staatlich gelenktes System. Zunehmend intensiviert der Staat die Eingriffe in den Schulalltag. Kinder lernen die neuen Dogmen und Unwahrheiten über die Ukraine und Europa. Ganze Unterrichtsstunden werden vorgeplant – Fragen der Lehrenden ebenso wie Antworten der Schüler*innen – und auf Video festgehalten, hochgeladen und vom Staat als Propagandamaterial verwendet. Irgendwann lernen die Schüler*innen den Umgang mit Schusswaffen, lernen zu marschieren und diese Themen ersetzen zunehmend den regulären Unterricht. Pasha wählt unterschiedliche Perspektiven, gibt beispielsweise auch anderen Lehrenden die Möglichkeit zu Äußerungen. Parallel dazu muss Pasha miterleben, wie ehemalige Schüler von ihm an die Front müssen – schwer zu ertragende Momente, die zeigen wie die Propaganda verfängt – gefeiert von ihren Freunden und Familien. Dabei werden ebenfalls die Auswirkungen auf die Hinterbliebenen thematisiert.
Pasha erträgt diesen Zustand zunehmend weniger. Er beginnt aktiv zu rebellieren, beispielsweise, indem er statt der Russischen Nationalhymne die Hymne der USA einspielt oder indem er die russischen Flaggen vom Dach der Schule entfernt. Mehr und mehr wird Pasha an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Da in Karabasch jede*r jede*n kennt, wird dies eine Herausforderung. In seinem eigenen Videotagebuch hält er seine Gedanken und Emotionen fest. Dieses Material gehört zum Intensivsten, das der Film zeigt: die stetig wachsende Verzweiflung des Protagonisten.
Fazit
Pavel Talankin riskiert sein Leben, um dieses Material aus Russland heraus zu bringen. Der fertige Film liefert einen tiefen Einblick in das russische System, insbesondere nach Beginn des Ukrainekrieges. „Mr. Nobody Against Putin“ ist eindrucksvoll und hallt lange nach. Zugleich ist es ein starkes Aufbegehren gegen Faschismus, staatliche Gleichschaltung, Krieg und Diktatur. „Mr. Nobody Against Putin“ ist ohne Zweifel einer der mutigsten und wichtigsten Dokumentarfilme unserer Gegenwart. Bedauerlicherweise wird der Film an der aktuellen Situation in Russland kaum etwas ändern, aber vielleicht macht ein solches Werk den Menschen im Westen deutlicher, welchen Wert Freiheit hat und dass Vladimir Putin einen Unrechtsstaat führt. (Thomas Heuer)
„Mr. Nobody Against Putin“ wurde mit dem Dokumentarfilmpreis auf den 67. Nordischen Filmtagen in Lübeck ausgezeichnet. Bis zum 16.11.25 ist der Film im Streaming-Angebot der Nordischen Filmtage verfügbar (https://online.nordische-filmtage.de/de/movies/31597).
Trailer
Filminformationen
„Mr. Nobody Against Putin“
DK, CZE 2025
Regie: David Borenstein, Pavel Talankin
Drehbuch: David Borenstein
Besetzung: Pavel Talankin
Produzent*innen: Helle Faber
Produktionsfirma: Made in Copenhagen (www.madeincopenhagen.dk)
Weltvertrieb: DR Sales (www.drsales.dk)
Filmstills: © Pavel Talankin
Plakat: © DR Sales
Sichtung: 67. Nordische Filmtage in Lübeck


Hallo, leider ist der 16.11. vorbei – gibt es eine Möglichkeit, den Film nochmal zu streamen???
Er interessiert mich sehr!
Danke für eine Antwort,
Herzliche Grüße D.Demary
Wir wissen leider nicht, wann man den Film nocheinmal sehen kann.