In dieser bissigen Mediensatire wird das schwierige gesellschaftliche Thema des „Family Influencing“ thematisiert. Was, wenn Du als Einzelkind immer der Markenkern des Social-Media-Contents Deiner Familie warst und nun ein neues Kind dafür geschaffen werden soll?

Luca Sommer (Maja Bons) ist 16, ein Social-Media-Star und lebt gemeinsam mit ihren Eltern Stella und Chris Sommer (Bea Brocks und Liliom Lewald) in einem Smarthome, das ausschließlich darauf hin konzipiert ist, das Leben der Familie Sommer möglichst reichweitenstark über Social Media zu verbreiten. Luca genießt die Aufmerksamkeit – den „fame“ – von unzähligen Followern und die Zuwendungen durch Marketing-Deals. Doch die Eltern beschließen ein neues Kind in die Familie zu bringen. Da Luca die Idee nicht gut findet, versucht sie das Unvermeidliche hinauszuzögern: den Verlust ihrer Rolle als Social-Media-Star innerhalb ihrer Familie.

Babystar“ ist ohne Zweifel einer der besten Filme im Programm des diesjährigen Filmfestes Hamburg, wo auch die Deutschlandpremiere des Werkes gefeiert wird. Weltpremiere hatte „Babystar“ in der Sektion Discovery auf dem Toronto International Film Festival 2025 (TIFF), etwas, das nur wenige deutsche Filme geschafft haben und schon gar nicht mit einem Debütfilm. Dort bekam das Werk positive Resonanz, was ein erstes Indiz dafür ist, dass diese – zuweilen groteske – Satire nicht nur für ein deutsches Publikum funktioniert. Dabei verzichtet das Werk nicht auf eben jene „Werte“, für die wir Deutschen im Ausland bekannt sind. Beispielsweise ein Streben nach makelloser Effizienz und möglichst große Anerkennung für die erbrachte Leistung. Wunderbar überspitzt auf den Punkt gebracht, als Mutter und Vater auf Liegen am Pool über die mediale Resonanz auf die Ankündigung der Schwangerschaft diskutieren, während sich Luca parallel dazu im eigenen Pool zu ertränken versucht. Allerdings ist der Pool nur in der peripheren Wahrnehmung der Eltern existent, ebenso wie ihre Tochter ab diesem Punkt. Es ist beinahe grausam, mit welcher Kälte da ein abgeschlossenes Projekt durch ein neues, vielversprechenderes ersetzt wird.

Bisweilen tut es weh, das gezeigte zu ertragen. Die Schlacht um Aufmerksamkeit und Reichweite, die sich Tochter und Eltern liefern, schaukelt sich zunehmend hoch. Dabei wird die Illusion von einer „schönen und heilen Welt“ auf Social-Media selbstredend konsequent aufrechterhalten, bis es eben nicht mehr geht.

Babystar“ greift ein sehr aktuelles Thema auf und trifft einen Nerv. Es ist ein erfreulich frischer und hochwertig produzierter Film, der einerseits sehr gut unterhält und andererseits zum Nachdenken anregt. Dabei verfällt das Werk nicht in die typisch deutschen Paradigmen und hat den Mut, eigenständige Entscheidungen zu treffen. Der Film hat Hitpotenzial an den Kinokassen – allerdings nur dann, wenn man die Menschen vom Smartphone wegbekommt. (Thomas Heuer)

Babystar“ ist im Programm der 67. Nordischen Filmtage in Lübeck zu sehen.

Trailer

 

Filminformationen

„Babystar“
D 2025, 98 Min.
Regie: Joscha Bongard
Drehbuch: Nicole Rüthers, Joscha Bongard
Kamera: Jakob Sinsel
Besetzung: Maja Bons (Luca Sommer), Bea Brocks (Stella Sommer), Liliom Lewald (Chris Sommer), Joy Ewulu (Julie)
Produzent*innen: Lisa Purtscher, Lotta Schmelzer, LiseLotte Films (www. liselottefilms.com)
Vertrieb: The Yellow Affair (www.yellowaffair.com)
Filmstills: © Jakob Sinsel
Plakat: © LiseLotte Filmfs GmbH
Sichtung: Filmfest Hamburg 2025

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