Filmreihe im Kino in der Pumpe

Fritz Lang, Friedrich Wilhelm Murnau und Georg Wilhelm Pabst – diese drei Namen beherrschen den deutschen Film in den Jahren zwischen den Weltkriegen, in einer Zeit also, die an großen Namen nicht gerade arm war. Da wäre etwa Ernst Lubitsch, aber der ging ja bereits 1922 nach Hollywood, wurde dort Weltstar; Caligari-Wunderkind Robert Wiene (und mit ihm viele andere Expressionisten wie Urban Gad oder Paul Leni) konnten nicht an die ersten Erfolge anknüpfen; Gerhard Lamprecht schuf konventionelle Arbeiten am Stück; viele weitere Regisseure ließen sich aufzählen, die die Qualität des Kinos der Weimarer Republik begründet haben. Die großen Drei aber – Lang, Murnau und Pabst – überragen sie alle.

Dies mag vor allem auch daran liegen, dass jeder von ihnen eine Handschrift besaß, in der sich künstlerisches Vermögen und ein ganz individueller Blick auf die Welt verbanden. Fritz Lang war der Visionär der rasenden Moderne mit ihren mythischen Fundamenten. Murnau war der Romantiker, der noch im Grauen wie im sozialen Elend Schönheit und Versöhnung fand. Pabst aber war der sentimentale Realist mit einem ungetrübten Blick für seelische Abgründe und bedrückende Lebenswirklichkeiten. Wie kaum ein anderer beherrschte er die Führung seines Schauspielensembles ebenso wie die Gestaltung von Bild und Ton, verstand es, die Genauigkeit in der Zeichnung des Milieus in atemberaubend schöne Filmbilder zu gießen. Wenn Lang unter den großen Drei der Architekt war und Murnau der Poet, dann war Pabst – so widersprüchlich in sich das klingt – der sozialrealistische Magier, der die einzelnen Künste im Film zu etwas Neuem verband.

Zum Ende der Weimarer Republik werden seine Filme politischer: Er verfilmt Brecht, beschwört Solidarität und Pazifismus. Den „roten Pabst“ wird man ihn in konservativen Kreisen nennen. Wie viele andere Filmkünstler sah sich auch Pabst veranlasst, dem nationalsozialistischen Deutschland den Rücken zu kehren, gleichwohl blieb seine Auswanderung eigentümlich unentschlossen. Sie nahm ihren Anfang bereits vor der Machtübertragung, als Pabst in Frankreich arbeitete und von da aus in die USA übersiedelte. Aber keine zwei Jahre, nachdem er in Hollywood ankommt, kehrt er nach Frankreich und 1938 – aus familiären Gründen – ins Deutsche Reich zurück. Mit dem Beginn des 2. Weltkriegs sitzt er fest, eine geplante Ausreise wird unmöglich. Nun muss er sich endgültig mit dem Nazi-Regime arrangieren und dreht drei Spielfilme, von denen der dritte – „Der Fall Molander“ – als verschollen gilt.

Aus diesem Stoff formte Daniel Kehlmann einen eleganten Roman: „Lichtspiel“ erzählt die wechselvolle Geschichte eines begnadeten Regisseurs, der aus einer Mischung aus Eitelkeit und Verzweiflung darüber, dass ihm im Exil nicht die Möglichkeiten zur künstlerischen Selbstverwirklichung gegeben sind, in den Einflussbereich der Nazis zurückkehrt. Und gerade weil sein Umfeld zunehmend vom Wahnsinn der faschistischen Ideologie vergiftet wird, gerät seine Arbeit an der Verfilmung eines NS-Trivialromans zur verbissenen Auflehnung gegen ein Scheitern am barbarischen Geist der Zeit. Es ist ein Kraftakt, der Pabst seinerseits unmenschliche Entscheidungen treffen lässt.

Das Kino in der Pumpe nimmt diesen fulminanten Text Kehlmanns zum Anlass, dem facettenreichen Schaffen G. W. Pabsts eine kleine Werkschau zu widmen. Wir folgen dem Regisseur von der Weimarer Republik nach Frankreich und in die USA, kehren mit ihm ins nationalsozialistische Deutschland zurück und beenden die Reise schließlich in der jungen Bundesrepublik.

Die Filme

DIE BÜCHSE DER PANDORA
D 1929. 135 Min (DCP). Mit Louise Brooks, Fritz Kortner, Gustav Diessl. Live am Flügel begleitet von Dr. Willem Strank.
Männer wie Frauen verzehren sich nach Lulu, der Tänzerin. So auch der Zeitungsverleger Dr. Schön. Sie heiraten, doch schon in der Hochzeitsnacht wird Dr. Schön ermordet, man macht Lulu den Prozess. Dem entzieht sie sich durch Flucht mit Dr. Schöns Sohn Alwa. Sie finden Unterschlupf in einem Bordell, doch auch hier ist die Tour de Force noch nicht beendet … „Die Büchse der Pandora“ aus dem Jahr 1929 ist der wohl bekannteste Stummfilm von Pabst und zugleich der Film, mit dem er Louise Brooks entdeckte. Und noch im gleichen Jahr besetzte er sie in „Tagebuch einer Verlorenen“.
So 10.03., 19:00

TAGEBUCH EINER VERLORENEN
D 1929. 109 Min (DCP). Mit Louise Brooks, Fritz Rasp, Valeska Gert. Live am Flügel begleitet von Dr. Willem Strank.
Thymian, die Tochter eines Apothekers, wird von dessen Verwalter geschwängert. Die empörte Familie verweist Thymian in ein Heim, wo sie unter dem furchtbaren Regiment der Anstaltsleitung leidet und fliehen muss. Durch eine Heirat mit einem Grafen und eine Erbschaft gelingt ihr schließlich der gesellschaftliche Aufstieg. Als angesehene Dame kehrt sie noch einmal ins das grausame Kinderheim zurück …
So 24.03., 19:30

DIE 3 GROSCHEN OPER
D 1930. 110 Min (DCP). Mit Rudolf Forster, Fritz Rasp, Valeska Gert, Ernst Busch, Reinhold Schünzel.
Kaum ist Mackie Messer Polly begegnet, der Tochter des mächtigen Unterweltbosses Peachum, will er sie auch schon heiraten. Doch das ist sowohl seiner Freundin Jenny als auch Peachum nicht recht … Kaum zwei Jahre nach der Uraufführung des Bühnenstücks von Bertolt Brecht und Kurt Weill ging diese Verfilmung in Produktion. Allerdings überwarfen sich Brecht und Pabst und mussten sich später gerichtlich einigen. Dem Filmerfolg tat dies keinen Abbruch – das Publikum liebte diese Verbindung aus schmissigen Songs und romantischem Ende.
So 14.04., 19:30

Still aus „Die 3 Groschenoper“ (G. W. Pabst, 1930) (Foto: Atlas Film GmbH)

DU HAUT EN BAS – VON OBEN NACH UNTEN
F 1933. 80 Min (DCP). Französische Fassung mit deutschen Untertiteln. Mit Jean Gabin, Janine Crispin, Peter Lorre.
Lieben und Leben in einem großen Mietshaus. Die junge Paula bewundert den Fußballer Charles Boula, wird von ihm aber nur missachtet. Der verarmte Anwalt Podeletz befürchtet, seine Wohnung zu verlieren. Und sobald das reiche Vermieterehepaar Binder aus dem Haus ist, schmuggelt deren Hausmädchen Milly ihren Freund herein … Pabst, der seit 1932 in Frankreich residerte, schuf mit dieser Verfilmung eines beliebten Theaterstücks seinen ersten französischen Film und besorgte aus Nazi-Deutschland ausgewanderten Kollegen Engagements. So führte Eugen Schüfftan („Metropolis“) die Kamera, und an der Seite des späteren Superstars Jean Gabin spielte Peter Lorre eine kleine Nebenrolle.
So 21.04., 19:30

A MODERN HERO
USA 1934. 70 Min (DVD). Originalversion ohne Untertitel. Mit Richard Barthelmess, Jean Muir, Verree Teasdale, Dorothy Burgess.
Pierre Radier, Akrobat in einem Zirkus, strebt nach Reichtum und Ansehen und steigt bei einem Fahrradgeschäft als Kompagnon ein. Ein glücklicher Zufall spielt ihm einen mächtigen Investor in die Hände. Pierres Glück scheint gemacht … Im Oktober 1933 ging Pabst in die USA. „A Modern Hero“ blieb sein einziger Hollywood-Film, es war von Anbeginn an kein geglücktes Zusammenspiel: Pabst mochte das Drehbuch nicht, und der Film floppte gewaltig. Und so entschloss sich Pabst, nach Frankreich zurückzukehren – seine erste Station während der Rückkehr ins Deutsche Reich.
So 05.05., 19:00

PARACELSUS
D 1943. 106 Min (DCP). Mit Werner Krauss, Fritz Rasp, Peter Martin Urtel.
Eine Freie Reichsstadt zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Kirche und Humanismus ringen um Welterklärungen, und auch in der Medizin kollidieren alte Dogmen und neue Wege. Als dem wandernden Arzt Paracelsus die Heilung eines schwer erkrankten Mannes gelingt, wird er prompt zum Stadtmedicus ernannt. Das ruft Neider auf den Plan … Dieser zweite Film, den Pabst für die Nationalsozialisten drehte, fällt unter die Rubrik „Geniefilm“: Ähnlich wie in wie in „Friedrich Schiller – Triumph eines Genies“ (Herbert Maisch, 1940), „Rembrandt“ (Hans Steinhoff, 1942) oder „Robert Koch, Bekämpfer des Todes“ (Hans Steinhoff, 1939) wird am Beispiel einer bedeutenden Persönlichkeit vorgeführt, dass das Genie seiner Vision im Alleingang folgen muss, um sein Ziel zu erreichen. Ein Ziel, das sich am Ende als erfolgreich und heilsbringend erweist. Führerkult im historisierenden Gewand.
So 12.05., 19:00

DAS BEKENNTNIS DER INA KAHR
BRD 1954. 107 Min (DCP). Mit Elisabeth Müller, Curd Jürgens, Albert Lieven.
Ein Schuldspruch: Ina Kahr hat ihren Mann vergiftet – und sie gibt es auch zu. Ihr Rechtsanwalt drängt auf Wiederaufnahme des Verfahrens, um Inas Beweggründe zu erfahren. Und indem Ina nun berichtet, entsteht das Bild einer zunehmend verzweifelten Ehe. Ihr Mann, der begehrenswerte Paul, hat sie wieder und wieder betrogen … Anders als seine unmittelbaren Auseinandersetzungen mit dem Nationalsozialismus – „Der letzte Akt“ und „Es geschah am 20. Juli“ (beide 1955) – fällt „Das Bekenntnis der Ina Kahr“ in die Gruppe von Melodramen, mit denen Pabst nicht zuletzt an seine großen Erfolge der Stummfilmzeit anzuknüpfen versuchte.
Mi 29.05., 18:30

Eine Filmreihe vom und im Kino in der Pumpe – Kommunales Kino Kiel (Haßstr. 22, 24103 Kiel, Tel.: 0431-2007650, E-Mail: kino@diepumpe.de) mit freundlicher Unterstützung von Filmkultur SH e.V. Eintritt 8 €, Stummfilme 9 €

(nach einer Pressemitteilung des Kinos in der Pumpe)

 

Titelfoto: Still aus „Die Büchse der Pandora“ (G. W. Pabst, 1929)
Cookie Consent mit Real Cookie Banner