Die Berlinale hat eine „zukunftsorientierte Festivalstruktur“ angekündigt – als Reaktion auf Kostensteigerungen und gleichbleibende Budgets. Der Verband der deutschen Filmkritik (VdFk) begrüßt die Bemühungen des wichtigsten deutschen Filmfestivals, sich nachhaltig aufzustellen und seinen Filmen durch Konzentration und nachvollziehbare Präsentation eine bessere Sichtbarkeit zu verleihen. Für eine kulturelle Institution mit großer internationaler Strahlkraft wie die Berlinale sollte aber gelten, dass die programmatischen und künstlerisch-kreativen Entscheidungen an erster Stelle stehen, damit das Festival auch wieder an Profil als kreativer Impulsgeber gewinnt.

Dass die programmliche und organisatorische Neuaufstellung der Berlinale nur mit budgetären Zwängen und nicht mit eigenem kreativen Engagement begründet wird, ist aus unserer Sicht jedoch besorgniserregend. Sie ist symptomatisch für die vor fünf Jahren eingeführte Berlinale-Leitungsstruktur, die aus einer Doppelspitze aus Geschäftsführung und Künstlerischer Leitung besteht. Sich widersprechende wirtschaftliche und künstlerische Interessen können in einer solchen Doppelspitze schnell zu Kompetenzgerangel und Verantwortungsdiffusion führen.

Im Bewusstsein dafür, dass jede künstlerische Entscheidung zugleich eine wirtschaftliche ist, plädieren wir im Zuge der Neustrukturierung der Berlinale auch für einen Neustart in der Leitungsstruktur. Die Verantwortung für die wirtschaftlichen und die künstlerischen Bereiche muss zum Nutzen des Festivals zusammengeführt werden. Für die unterschiedlichen Arbeitsbereiche sollten der gesamtverantwortlichen Direktion qualifizierte Mitarbeiter*innen unterstellt sein. Erfolgreiche Modelle hierfür kann man etwa in den Festivalstrukturen von Cannes oder Locarno finden.

Es sollte selbstverständlich sein, dass die Berlinale ihre Mitarbeiter*innen angemessen entlohnt. Hierfür muss unter anderem die Praxis beendet werden, Leitungsfunktionen mit kontinuierlich sozial unverträglichen 9-Monats-Verträgen auszustatten, die Jahr um Jahr verlängert werden müssen und die Betroffenen in dauerhafter Unsicherheit halten. Der Verband der deutschen Filmkritik fordert die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien (BKM) auf, sicherzustellen, dass auf allen Ebenen die Mindeststandards fairer Arbeitsbedingungen erfüllt werden.

Kuratorisches Profil, verantwortungsvolles Wirtschaften und faire Arbeitsbedingungen müssen bei der Berlinale mit Hilfe einer neuen Führungsstruktur gestützt und ausgebaut werden. Der Verband der deutschen Filmkritik fordert deshalb die BKM auf, auch hier die entscheidenden Impulse zu geben und so die Zukunft der Berlinale zu sichern.

(nach einer Pressemitteilung des Vorstands und Beirats des Verbands der deutschen Filmkritik vom 02.08.2023)

vgl.: Berlinale 2024: „Next Move“

 

 

Titelbild: Großes Kino am Festivalpalast 2023 (Quelle: berlinale.de)
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