Das Filmfest SH war auch in der Online-Version ein voller Erfolg

Den Kinosessel mit der Couch, die Leinwand mit dem Bildschirm und die Filmgespräche mit dem Video-Chat musste das Publikum bei der Online-Version des Filmfests SH tauschen, und das war trotz der Corona-bedingten Beschränkung ein Gewinn für alle Beteiligten. Um die 1000 Zuschauer, und damit fast zehn mal mehr, als ins Kino in der Pumpe passen, verfolgten das neun Filme umfassende Kurzfilmprogramm, erhellende Interviews mit den Filmschaffenden und schließlich die Verleihung des jeweils mit 2000 Euro dotierten Gesa-Rautenberg- und des Publikumspreises.

Beam me up! Nina Steils (Mitte) und Cem Yeginer im Gesa-Rautenberg-Preis-Gewinner „In Zeiten der Teleportation“ von Henning Pulß.

Dass also „In Zeiten der Teleportation“ Menschliches und Maschinelles, live und online, Nähe und technisch überbrückte Ferne kein Widerspruch sind, zeigte dann auch der gleichnamige Gewinner des vom Verein Filmkultur SH gestifteten Gesa-Rautenberg-Preises. „Für die Schnittstelle zwischen Mensch und Technik“ interessiert sich darin der Regisseur und bekennende Science Fiction-Fan Henning Pulß. Was passiert mit dem Menschlichen einer klassischen Boy-meets-Girl-Geschichte, wenn man sie in eine Zukunft portiert, wo die Technik immer noch ihre allzu menschlichen Tücken haben wird? „Mit simplen Mitteln gelingt es dem Film, eine Version der Zukunft zu schaffen, die nicht von dystopischer Destruktion bestimmt ist, sondern mit Sehnsucht, Herz und Tanz eine positive Welt entwirft“, lobte die Jury die Geschichte um einen Teleporter, der erst betanzt werden will, bevor er das Paar in den siebten Himmel der Raumstation beamt.

Der kleine Boje findet die Antworten auf seine großen Fragen in einer Flaschenpost. Phileas Heyblom in „Boje“ von Andreas Cordes und Robert Köhler, Gewinner des Publikumspreises.

Um ein, zwei Ecken kommunizieren auch Vater und Sohn in „Boje“ von Andreas Cordes und Robert Köhler, der den von der PSD Bank gestifteten Publikumspreis gewann. Das Drehbuch zu dem Film hatte bereits 2018 den Drehbuchpreis SH gewonnen. Der kleine Boje stellt seinem Vater die großen Fragen des Lebens wie zum Beispiel: „Woher weiß ich, dass ich gerade nicht träume?“, „Wer entscheidet, was schön ist?“ oder „Woher weiß ich, dass ich jemanden liebe?“ Der Vater, ein wortkarger Fischer, lässt das Meer antworten – mit einer heimlich entsandten Flaschenpost, die Boje am Strand findet. Eines Abends entdeckt Boje den wahren Autor der Botschaften und ist zunächst enttäuscht über den „Betrug“. Aber dann schreibt er auch eine Flaschenpost und Vater und Sohn haben ihre ganz eigene Sprache gefunden, über die Welt zu reden.

Auch die übrigen sieben Kurzfilme aus und über Schleswig-Holstein erwiesen sich als eigenwillig innovativ. In der Kurzdoku „Berta“ beobachtet Julius Dommer mit stoischem Abstand die Schlachtung einer Kuh. In Peter Ahlers’ erotischer Frankensteiniade „Der Mettigelprinz“ hat die Protagonistin ihren Liebhaber buchstäblich zum Fressen gern. Die Action-Film-Persiflage „Shake, Rattle & Roll“ von Hanno Mertin spielt mit Genre-Versatzstücken wie schnellen Autos und Verfolgungsjagden. Natur und Psyche spiegeln einander vieldeutig in Hilke Rönnfeldts auf Island gedrehtem Mutter-Tochter-Drama „Das Schweigen der Fische“. Im Stop-Motion-Trick von „Closet“ erweckt Claire Walka ein Stillleben zu allerlei Unfug.

Zwei weitere Filme haben schließlich Corona zum Thema. Anna Charlotte Heimann musste bei einer Reise nach Vietnam in neuntägige Quarantäne und protokollierte diese mit der Handykamera in „Isolation Area“, während der One-Take „Schachmatt“ von Thies John sich als Zombie-Film-Parodie stilistisch am „Blair Witch Project“ orientiert.

Infos zu den Filmen: www.filmfest-sh.de.

(Filmstills: Filmfest SH; Titelbild: Christoph Zickler (Vorstand von Filmkultur SH e.V., links) im Video-Interview mit dem Gesa-Rautenberg-Preisträger Henning Pulß; Still aus dem Stream)

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