Lohnendes Kopfkino: Drehbuchpreis erstmals vergeben
„Außen, Strand, Tag – Spätherbst an der See: Boje, 6, ein schmächtiger, verträumter Junge, und sein sanftmütiger, aber nordisch-schweigsamer Vater Holke, 28, machen einen Strandspaziergang“ – So beginnt die Geschichte „Boje“ von Andreas Cordes und Robert Köhler. Bisher existiert sie nur als Drehbuch für einen Film, und dennoch wurde sie bereits ausgezeichnet – beim 1. Drehbuchpreis Schleswig-Holstein.
Der Verein Filmkultur Schleswig-Holstein hatte den Preis ausgelobt, um kreative Köpfe des Landes zu animieren, Geschichten zu schreiben. „Denn am Anfang und Ende zählt der Inhalt“, meinte Organisator Christian Mertens. 54 Drehbücher wurden eingereicht. Eine beachtliche Anzahl. Fünf davon wählte eine Vorjury für das Finale aus, bei dem die Drehbücher bei einer Lesung im Studio Filmtheater in Kiel nun erstmals öffentlich vorgestellt wurden. Ein schönes Format: Denn durch Sprecher wie Björn Beton von der Band Fettes Brot hatten alle Gäste ihr eigenes Kopfkino.
Sprecher Björn Beton (Foto: Sven Bohde)
Das Drehbuch von Cordes und Köhler wurde als erstes vorgelesen. Darin stellt der Junge namens Boje seinem Vater viele Fragen über das Leben. Der Vater findet zunächst keine Antworten darauf und schweigt. Als der Sohn eine Flaschenpost am Strand findet und so die Antwort auf seine Frage erhält, entsteht eine gewisse Magie, die der Geschichte einen besonderen Schwung gibt. Das dürften nicht nur die Gäste im Saal, sondern auch die Preisjury so empfunden haben. Und so urteilte sie: „Der Drehbuchpreis geht an einen Stoff, der nach Norden riecht.“ Vater und Sohn hätten eine gemeinsame Sprache gefunden. Auch der Publikumspreis ging an Cordes und Köhler.
Drehbuchpreis-Gewinner Robert Köhler (links), Mitinitiator Christian Mertens und das sechsköpfige Leseteam präsentierten das Drehbuch „Boje“. (Foto: Sascha Witt)
Die zwei Männer aus Berlin und Norderstedt waren begeistert. Genauso wie alle anderen Finalteilnehmer hatten sie genossen, ihr Drehbuch vorgelesen zu bekommen, und dankten den drei Frauen und drei Männern, die Buchstaben mittels ihrer Stimmen mit Emotionen anreicherten. Die zwei Autoren kündigten an, ihre Geschichte im März nächsten Jahres zu verfilmen. Am Strand von Hohwacht soll gedreht werden. Der fertige Film wird etwa neun Minuten lang sein.
Ob auch die vier anderen Drehbücher verfilmt werden, bliebt offen. Einigen Autoren riet die Jury auch, an den Stoffen zu feilen. Dementsprechend erhielt Anissa Taibi eine lobende Erwähnung für ihr Werk „Später mit Hut“, mit dem Hinweis, dass es ein ungeschliffener Diamant sei. Der Wettbewerb machte Lust auf mehr, und so soll der Drehbuchpreis Schleswig-Holstein auch nächstes Jahr vergeben werden. (Sven Bohde, zuerst veröffentlicht vom Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag – sh:z)