Eine moralische Verpflichtung
Bei der Schulkinowoche wurde im CinemaxX über den Film „Wildes Herz“ diskutiert
Viel diskutiert wurde in den letzten Wochen die linke Punkband Feine Sahne Fischfilet, nicht minder der Dokumentarfilm „Wildes Herz“ von Charly Hübner und Sebastian Schultz über die Band und ihren Sänger Jan „Monchi“ Gorkow. Eine Vorführung im Rahmen der Schulkinowoche in Bad Schwartau musste nach Drohbriefen von Rechtsradikalen sogar abgesagt werden. Die Vorführung und Diskussion mit Co-Regisseur Sebastian Schultz und Gitarrist Christoph Sell am 29.11.2018 im Kieler CinemaxX vor rund 190 Schülerinnen und Schülern verlief dagegen recht entspannt.
Für die jungen Zuschauer sind provokante Texte wie „Man muss das Maul aufmachen, gerade wenn’s aufs Maul geben kann!“ oder „Niemand muss Bulle sein!“ offenbar weit weniger skandalös, als der Verfassungsschutz, der die Band jahrelang als linksextrem im Visier hatte, oder jüngst die Propaganda der AfD gegen den Film glauben machen möchten. Eine Schülerin fragt, ob die Band schon mal „Selbstzensur“ geübt habe, weil ein Text doch „zu heftig“ war. „Wir singen über das, was wir erleben – privat und politisch. Das macht uns authentisch“, antwortet Christoph Sell. Aber natürlich gebe es auch Lieder, „die wir als 17-jährige geschrieben haben, die uns heute eher peinlich sind, und die wir daher nicht mehr spielen.“
(v.l.) Gitarrist Christoph Sell, Co-Regisseur Sebastian Schultz und Moderator Sven Bohde im Kieler CinemaxX (Foto: jm)
Was die Zuschauer ferner bewegt, ist die Frage der Gewalt. Inwieweit darf man gegen rechtsradikale Gewalttaten selbst gewalttätig werden, und sei es nur verbal. Schon im Film äußert sich Monchi, der vor seinem antifaschistischen Engagement in der Hooligan-Szene unterwegs war, dazu differenziert geläutert. Christoph Sell ergänzt, dass man das Abfackeln einer Mülltonne nicht mit Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte vergleichen könne. Das Gewaltmonopol der Polizei, dessen Infragestellung der Band immer wieder unterstellt werde, sei ebenfalls „ambivalent“, besonders vor dem Hintergrund, dass etwa 1992 beim Pogrom in Rostock-Lichtenhagen die Polizei ihr Gewaltmonopol „zögerlich bis gar nicht“ durchsetzte, sondern dem rassistischen Mob freie Bahn ließ. Insofern könne man sich beim Kampf gegen Rechtsruck und Fremdenhass eben „nicht auf den Staat verlassen“. Gegen solche Gewalt „müssen wir uns selbst stellen. Das ist unser aller Verantwortung und moralische Verpflichtung.“ Ein Schlusswort, das viel Beifall findet. (jm)