Die Filmbriefe der Kulturellen Filmförderung Schleswig-Holstein (1989 – 2000) auf www.infomedia-sh.org

In der September-Ausgabe 2017 unseres Newsletters www.infomedia-sh.org starteten wir mit einer historischen Serie. Jeden Monat wird in chronologischer Folge eine Nummer des Filmbriefs der Kulturellen Filmförderung Schleswig-Holstein e.V. (heute Filmkultur SH) im PDF-Format zusammen mit einigen förderungsgeschichtlichen bzw. editorischen Anmerkungen veröffentlicht. Hier Filmbrief Nr. 7 vom September 1990.

Anmerkungen zum Filmbrief Nr. 7: Die Super-8-Filmtounee UNTERWEGS

Der Filmbrief Nr. 7, aus dem September 1990, notiert auf Seite eins, dass die Unterwegs-Vertriebsförderung, ehedem bekannt auch als Filmtournee UNTERWEGS, eine neue Informationsbroschüre herausgebracht hatte.
In den 80er Jahren mussten die meisten Jungfilmer im Schleswig-Holstein sich damit begnügen, Super-8-Filme zu machen. 16 mm-Film war für diese junge Klientel unerschwinglich teuer und das erforderliche 16 mm-Equipment für Dreh und Nachbearbeitung so gut wie nicht vorhanden. Video zum Selbermachen steckte mit Super-VHS und U-Matic noch in den Kinderschuhen. Allein in den studentischen Arbeitsgemeinschaften des Studentenwerks Schleswig-Holstein an der Christian-Albrechts-Universität wurde man mit 16 mm und Video im Praktischen vertraut gemacht. Es gab 16 mm-Kamera-Einführungskurse für Studierende, man lernte ein wenig Filmschnitt und konnte in Gruppen wenige kleine Kurzfilme drehen und/oder an den wissenschaftlichen Film-Dokumentationen von Kurt Denzer lernend als filmische Hilfskraft teilnehmen. Die 16 mm-Filmer der Film-AG nannten die Video-Filmleute unter den „Studies“ mit leicht amüsiertem Dünkel „Videoten“, verbargen aber damit eher recht als schlecht auch ihre sehr limitierten Möglichkeiten, eigene Filmideen zu realisieren.
In diesen Verhältnissen kam es 1986 zu der Idee für eine Super-8-Filmtournee. Sie erwuchs Ende 1985 aus dem Kreis der Super-8-Filmer, der sich seit Ende der 70er allherbstlich bei einem langen Wochenende auf dem Scheersberg in Angeln zu einem pädagogischen und spaßigen bis turbulenten Workshop zusammenfand, zu dem die LAG Film (heute „Landesverband Jugend & Film Schleswig Holstein“) mit ihren beiden Spiriti Recti Kurt Denzer und Ulli Ehlers einlud. In diesem illustren Kreise von 40 bis 60 Jugendlichen, gab es eine „Kerntruppe“ von etwa einem Dutzend Filmern*innen, vornehmlich aus Kiel und Lübeck, die sich nicht mehr damit begnügen wollten, Super-8-Filme nur auf dem so genannten Schmalfilmertreffen auf dem Scheersberg, dann vielleicht noch im Freundeskreis oder zu Weihnachten bei der Familie, bestenfalls noch bei Gelegenheit im Sechseckbau an der Uni Kiel oder im Zentrum in der Mengstraße in Lübeck zu zeigen.
Lange Rede, kurzer Sinn: Auf Initiative dieser jungen – sie würden sich heute „Filmemacher“ nennen, nannten sich aber damals bescheidener Super-8-Filmer – und mit Unterstützung des Kultusministeriums sowie auch finanzieller Hilfe der Kulturstiftung Schleswig-Holstein begann im Winter 1985/86 die Unterwegs-Filmtournee ihre erfolgreiche Reise, die bis heute unter veränderten Umständen und mit veränderter Technik fortgeführt wird.
„Lieber ein schmales Format als ein schmales Konzept“ oder „Filme mit große Klappe“, so die ihre erstens Slogans, mit denen Schleswig-Holsteins „junge Filmszene“ ihre Super-8-Film-Tournee quer durchs nördlichste Bundesland startete, aber auch darüber hinaus, nach Süden und sogar nach Dänemark. Sie hatten Vorführtechnik und Filme dabei und boten in Schulen, Jugendzentren, Kommunalen Kinos, aber auch im Jugendgefängnis, Altenheimen und diversen anderen sozialen Einrichtungen sowie auf Festivals ihre unabhängig produzierten Kurzfilme in abendfüllenden Programmen dar.
Teilnehmer der ersten Stunde vor einem Tournee-Plakat: die Filmemacher (v.l.) Jürgen Haacks, Helmut Schulzeck, Thorsten Schmidt, Karsten Weber und Jürgen Gittesh Klatt (Foto: Unterwegs)
In einer Selbstbeschreibung der Tournee heißt es u.a.: „Unterwegs ist der endlose Versuch, FilmerInnen, VeranstalterInnen und Publikum dafür zu gewinnen, einer anderen Filmkultur zu begegnen: Kino plus Live-Präsentation.“ Und die „Frankfurter Rundschau“ lobte in einem Artikel schon im Februar 1986: „Unterwegs ist eine Pioniertat.“ Ziel der Filmtournee war es, für schleswig-holsteinische Kurzfilme eine interessierte Öffentlichkeit zu finden und den Kontakt zwischen hiesigen Filmschaffenden und dem Publikum herzustellen. Die Filmemacherinnen und Filmemacher wollten provozieren, polarisieren, politisieren, dokumentieren, experimentieren oder einfach nur Geschichten erzählen.
In den folgenden Jahren entwickelte sich aus der „unaufhörlichen Filmtournee schleswig-holsteinischer Filme“ Deutschlands erfolgreichste Super-8-Filmtournee, die „die bunte Vielfalt der Szene im Lande“ widerspiegelte: mehrere 100 Vorstellungen in der ganzen Republik mit Schwerpunkt auf dem nördlichsten Bundesland. Insgesamt wurden über 500 Filme gezeigt.
Die ersten vier Jahre leiteten und koordinierten Thorsten Schmidt und Helmut Schulzeck von der Film-AG im Studentenwerk in Kiel aus die Tournee. Es kam zu über 200 Vorstellungen, die von diversen Super-8-Filmern durch geführt wurden. 1990 wurde die Leitung von UNTERWEGS an Eckhard Blach übergeben, der vom Filmbüro der Kulturellen Filmförderung SH in Lübeck, Königsstraße 21, aus die Geschicke der Tournee erfolgreich weiterführte. Unter ihm wurde unter anderen das neue Werbekonzept für UNTERWEGS erarbeitet und umgesetzt. Bestandteil war auch das neue Logo, das die eingangs beschriebene Meldung im Filmbrief Nr. 7 illustriert. (Helmut Schulzeck)
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