„Henro Boke“ – Gerald Kolls Film und Buch als Tanztheater
Pilgern bedeutet, sich Fremdheit auszusetzen. In Anlehnung an den luziden Reisebericht von Gerald Koll „Henro Boke – Pilgern auf Japanisch“, steigen die drei Tänzer und Choreografen in ihrer Uraufführung in die Pilgerschuhe.
Gerald Koll nimmt im Frühjahr 2007 den kreisrunden Pilgerweg auf der Insel Shikoku in Japan und versucht, durch den Besuch der insgesamt 88 Tempel das berühmte Nirwana zu finden. Nach überlieferter japanischer Tradition braucht es drei Kalpa um dorthin zu gelangen – eine Strecke, die solange dauert, bis ein Felsen ohne die Einwirkung äußerer Einflüsse zu Staub zerfallen ist. Der Pilgerweg selbst startet mit dem Erwachen und braucht ein großes Maß an Disziplin für die kompletten 1.350 km Fußmarsch, bei denen Erleuchtung und zuletzt das Nirwana selbst zum gesuchten Gegenstand werden. Der Weg ist klar, die Gedanken an Sinn und Leben kreisen im Kopf des Pilgers wie der runde Pilgerweg. Er hinterfragt sein Leben, sucht Antworten, findet Leere und erfährt Wandlung. Die Tänzer tauchen ein in diese Welt des Pilgerns, in die fremden Sitten und Rituale und irren zwischen dem traditionellen und dem modernen Japan umher. Die Verwandlung in eine Raupe wird dabei genauso zum Gegenstand der choreografischen Arbeit, wie das Erreichen des eigentümlichen Gemütszustands, dem „henro boke“ (Übersetzung der 88 japanischen Schriftzeichen am Seil: Erwachen, Disziplin, Erleuchtung, Nirwana).
Konzept/Choreografie/Tanz: Ute Steinberger, Andy Schlögl, Volker Michl, Technische Beratung Matthias Rainer (Shorty), Projektionen: Felix Bruns
Ute Steinberger, ausgebildet in Berlin, Schweiz, Korea und Vietnam, choreografierte und tanzte u.a. mit einem eigenen Tanzensemble für Film, Theater und namhafte Veranstaltungen Deutschland- und weltweit. Als Wahl-Regensburgerin widmet sich die vielseitige Künstlerin seit zehn Jahren dem Tanztheater, u.a. als Mitglied der Tanzstelle R.
Andy Schlögl, Leiter der Passauer Tanztage und Gründer der Passauer Nachwuchskompanie „Tanzrausch 3“ ist heute ein Tänzer mit 52 Jahren und ist selbst immer noch gespannt über seine eigene tänzerische Entwicklung.
Volker Michl ist ausgebildeter Bühnentänzer und Tanzpädagoge und war Mitglied zahlreicher, namhafter Tanzkompanien im In- und Ausland (u.a. Rui Horta, Ginette Laurin, CobosMika). Mehrfach wurde er für seine tänzerischen Leistungen ausgezeichnet und entwarf Choreografien für die Opernhäuser in Zürich, München, Barcelona, Mailand und Tokyo.
Wir bedanken uns bei der Iwanson International School of Contemporary Dance, München, dem Studio One in München und dem Tanzstudio Krippner in Regensburg für die Probenräume und bei Ai Vogler für das Anfertigen der japanischen Schriftzeichen.
Uraufführung war am 6.11.2015 (Regensburger Tanztage). Zusatzvorstellung: 8.11.2015 (Regensburger Tanztage). Weitere Vorstellung: 6.12.2015 im Theater Passau (Passauer Tanztage).
Presseecho:
„Den Anfang beim Eröffnungsabend der Regensburger Tanztage machte „Henro Boke – Das Erreichen eines eigentümlichen Gemütszustands“ von und mit Ute Steinberger, dem Leiter der Passauer Tanztage Andy Schlögl und Volker Michl. Inhaltlich orientiert sich die Gemeinschaftsproduktion an Gerald Kolls Reisebericht „Pilgern auf Japanisch“. Unter einer Wäscheleine mit japanischen Schriftzeichen schlüpfen die Tanzenden in (Pilger-) Schuhe, die nicht recht passen wollen. Dieser tänzerische Eindruck prägt am Ende auch die Choreografie als Ganzes. Die verheddert sich trotz interessanter Einfälle und schöner Sololeistungen in tänzerischem Gefälle, momenten gefährdender Unsicherheit und undurchsichtiger Ideen.“
(Mittelbayerische Zeitung, 9.11.2015, Quelle: www.alte-maelzerei.de/de/presse.php)
Nach Gerald Kolls Film „88 – Pilgern auf Japanisch“. Das Buch zum Film erschien bei Korrespondenzen.at.
(nach einer Produktionsnotiz der Alten Mälzerei, Regensburg)