„Verbotenes Lichtspiel“ #8 zeigt „Animal Horror“

Filmfreunde „Verbotenes Lichtspiel“ zeigen in fünf Kieler Locations B-Movie Perlen aus dem jüngst wieder populären Genre des „Animal Horror“. Alle Filme mit Einführung und Filmgespräch. Alle Filme im Original-Englisch mit engl. Untertiteln (OmeU), Eintritt ab 18 Jahren.
Terminübersicht
  • 6.1.15, 20:30, Schaubude: „Die Meute“ (USA 1977, Regie: Robert Clouse)
  • 14.1.15, 20:30, Hansastr. 48 e.V. – „Die schwarze Mamba“ (GB 1982, Regie: Piers Haggard)
  • 21.1.15, 20:30, Weltruf: „Eaten Alive“ (USA 1977, Regie: Tobe Hooper)
  • 22.1.15, 20:30, Luna Club: „Squirm – Invasion der Bestien“ (USA 1976, Regie Jeff Liebermann)
  • 26.1.15, 20:30, Studio Kino: „Der Horror Alligator“ (USA 1980, Regie: Lewis Teague)
Einleitung
„Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde“, wer der beste Freund des Menschen ist, weiß auch jeder und ohne Katzenvideos wäre das Internet wüst und leer. Kurzum, Tiere sind auch nach der Hochphase von Pferdefuhrwerk und Falknerei der ganz heiße Scheiß. Umso erschreckender, wenn sich Liebgewonnenes plötzlich gegen uns richtet. Stephen Spielbergs Der weiße Hai knackte 1975, als erster Film die 100 Millionen Dollar Einspielmarke und bewies 12 Jahre nach Hitchcocks Die Vögel erneut, wie groß das Bedürfnis des Publikums nach solcherlei Stoffen ist. Heute ist der Markt der direct-to-DVD Produktionen mit fliegenden, zweiköpfigen oder an Land agierenden Dinosaurierhaien kaum noch zu übersehen. Das Verbotene Lichtspiel geht andere Wege und präsentiert Euch in dieser Spielzeit Perlen aus den 70er und 80er Jahren, der Hochphase dieses reichen Genres, als die Bedrohung noch unironisch und der Schrecken noch echt war. Der dank genetisch veränderter Ernährung mutierte Horror-Alligator war und ist stilbildend und auch unser aller liebster Texas Chainsaw Massacre Regisseur Tobe Hooper hat sich in Eaten alive an einem Krokodil versucht. Während sich Klaus Kinski in Venom – die schwarze Mamba wenigstens nur einer Giftschlange erwehren muss, sind die wild gewordenen Hunde in Die Meute schon deutlich in der Überzahl und in Squirm – Invasion der Bestien wird gleich eine ganze Stadt von fleischfressenden Würmern entvölkert. Also, wenn Du zum Tiere gehst, vergiss die Zähne nicht und mach Dich stattdessen doch lieber gleich auf ins Kino.
Die Meute (OT: The Pack)
USA 1977, Regie: Robert Clouse, mit Joe Don Barker, Hope-Alexander Willis, Richard B. Schull
Als gegen Ende von Robert Bressons letztem Film L` ARGENT sich ein Axtmörder anschickt eine ganze Familie auszulöschen, Filmt die Kamera lediglich einen bellenden Hund. Hunde, so Bresson, bemerkten stets als erste, wenn etwas nicht stimmt und bildeten daher ein hervorragendes erzählerisches Mittel. In Robert Clouses THE PACK belassen es weder die Hunde beim Bellen, noch die Kamera beim Zeigen von nur diesem. Eine Meute vagabundierender Vierbeiner terrorisiert eine idyllische Urlaubsinsel und trachtet Mensch und Tier nach dem Leben. Oft erfolgreich, aber immer blutig. Natürlich nur, weil Zweibeiner zuvor des Menschen besten Freund herzlos & ignorant im Wald entsorgt haben.
Inhaltlich erscheint der Film nah am 2014 Cannes “ Un certain regard“ Gewinner und aktuellen Arthouse Hit WHITE GOD. Regisseur Robert Clouse bleibt allerdings vollständig dem Grindhouse und der Exploitation verpflichtet. Nach ENTER THE DRAGON – DER MANN MIT DER TODESKRALLE, Bruce Lees „letzter“ und bester Film, Einträgen u.a. ins Blaxploitationgenre, BLACK BELT JONES -FREIE FAHRT INS JENSEITS und vor Jackie Chans erstem US Starvehikel BATTLE CREEK BRAWL – DIE GROSSE KEILEREI, entpuppt sich Clouse hier einmal mehr als solider Genrearbeiter. In der Hochphase des „Man vs. Animal“ Kinos gelingt es dieser kleinen Low-Budget Perle, sich angenehm aus der allgemeinen Artenvielfalt hervorzuheben, s. Evolutionsvorteil Handwerk.
Die schwarze Mamba (OT: Venom)
GB 1982, Regie: Piers Haggard, mit Klaus Kinski, Oliver Reed, Sterling Hayden
„Dieser Terror kennt kein Gegengift“, so bewirbt der Verleih euphorisch sein B-Movie der frühen Achtziger. „Venom“ (Originaltitel) versucht sich an einer Melange aus Geisel-Thriller und Animal Horror und führt eine Reihe namhafter Schauspieler in einen Nervenkrieg mit tödlichem Ausgang: Ein international gesuchter Terrorist (Klaus Kinski) und sein psychotischer Gehilfe (Oliver Reed) versuchen durch die Entführung eines 10jährigen Diplomaten-Sohnes Lösegeld zu erpressen, doch der Plan geht gründlich schief. Nicht nur sitzen Entführer und Geiseln von der Polizei umstellt im Haus der Eltern fest. Aus Versehen wurde dem Jungen auch noch eine hochgiftige schwarze Mamba statt eines harmlosen Reptils ins Haus geliefert. Natürlich kann die Schlange entfleuchen und verabreicht ihr Nervengift fürderhin in dramaturgisch geschickten Dosen.
Eaten Alive
USA 1977, Regie: Tobe Hooper, mit Neville Brand, Marilyn Burns, Robert Englund
Psycho with croco goes loco!
Ein senseschwingender Schizo als Hotelier mit Mord-Tourette, der seine Opfer an ein Krokodil verfüttert. Dieser Bava-artige Altmann-Film ist pures Terrorkino, ein surreal sleaziges Backwood-Horrormärchen,
bevölkert von Irren und irrestem, komplett in artifiziellster Studioatmosphäre gedreht. Hooper lässt durch seine Darsteller die Sau, bzw. das Krokodil raus, es werden Gefangene gemacht – und wieviele Final Girls gibt es diesmal?!? Tarantino brauchte nur die ersten Dialogzeilen zu hören, um sie in seinen Kanon aufzunehmen: „My Name is Buck, and I’m rar-rin’ to f*ck!“
Squirm – Invasion der Bestien (OT: Squirm)
USA 1976, Regie Jeff Liebermann, mit Don Scardino, Patricia Pearcy, R.A. Dow, Peter MacLean
„Ja der Haifisch der hat Zähne und die hat er im Gesicht“ dieses berühmte Zitat des Tierhorrorsachverständigen B. Brecht lässt sich gleichermaßen als Vorhersage und Erklärung des Erfolges dieser Gattung im Horrorfilm lesen. Deutlich abwegiger erscheint da doch der gemeine Regenwurm als teuflischer Antagonist. Gerade dieser, wenn auch in deutlich erhöhter Stückzahl ist es jedoch, der ein nach einem schweren Sturm von der Außenwelt abgeschnittenes Südstaatenkaff in den USA, terrorisiert.
Regisseur Jeff Liebermann beherrscht sein Genre und kennt die großen Vorbilder. Von Hitchcock bis Kubrick, von Dusche bis Aufzug wird zitiert, clever sich an Motiven aus Gothic Horrors und Haunted House bedient. Die dabei entstehende Beklemmung wird stückweise gesteigert und endet nach anfänglich nur gezielt gesetzten Schockmomenten in einem alles verschlingenden Finale.
Der Horror-Alligator (OT: Alligator)
USA 1980, Regie: Lewis Teague, mit Robert Forster, Robin Riker, Henry Silva, Michael V. Gazzo, Dean Jagger, Perry Lang
Verdrängen ist oft keine gute Idee. Was man glaubt in die sicheren Tiefen der Seele entsorgt zu haben, bricht später gern in dann viel unangenehmeren Erscheinungsformen zurück an die Oberfläche. Und richtet immensen Schaden an. Gleiches kann für Haustiere gelten, wenn sie erstens ohne Rücksicht auf artgerechte Haltung angeschafft werden und zweitens Babyalligatoren sind. Wer die Toilette für die angemessene Lösung hält, hat die Rechnung ohne gentechnisch veränderte Tierkadaver in der Kanalisation gemacht.
Irgendwann ist er also da, der „Horror-Alligator“ – ein Wachstumswunder, das Chicago in Atem hält. Ein wackerer Polizist (Robert Forster) und eine junge Reptilienechspertin (Robin Riker) nehmen die Jagd auf. Dass ökonomische Interessen und monumentale Ignoranz auf allen höheren Verwaltungsebenen die Existenz des Monsters zu leugnen versuchen, versteht sich dabei fast von selbst.
Was der brillante Indie-Regisseur John Sayles (Buch) und der grundsolide Genreverwalter Lewis Teague (Regie) aus dieser Standardsituation machen, ist bemerkenswert. Mit einem Arsenal an wunderbaren Charaktergesichtern aus Hollywoods dunkleren Gefilden (Michael V. Gazzo, Dean Jagger und vor allem Henry Silva als grenzdebiler Großwildjäger) entwirft der Film ein grimmiges Szenario, das reichlich Schocks und Blutrunst bereit hält, aber auch jederzeit satirisch und psychologisch gelesen werden kann.
(nach einer Ankündigung der Veranstalter)
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