Schein und Sein

Interview mit Jan Waßmuth zu seinem aktuellen Kurzfilm „Gangsterbraut“

Sven-Friedrich Wiese (SFW): Jan, im Oktober hatte u.a. dein Kurzfilm „Gangsterbraut“ im Kino in der Pumpe Premiere. Dein Film erzählt die Geschichte eines Möchtegern-Rappers, der auf dem Hamburger Dom in eine folgenschwere Begegnung mit einer in die Jahre gekommenen ehemaligen Opernsängerin gerät. Viele der Einstellungen zeichnen sich durch eine raue Schönheit aus. Hast du dich einige Zeit auf den dreckigen Hinterhöfen der Kirmes „rumgetrieben“, um geeignete Motive zu finden?
Jan Waßmuth (JW): In der Tat, ja. Ich wollte für den Film gern ein raues Klima haben. Für mich ist das einfach keine sommerliche Geschichte. Natürlich hat das Wetter den gesamten Dreh aber extrem erschwert. Wir hatten Eisregen, lausige Kälte, kurze Tage und einen Orkan zu überstehen, bevor wir das Ding im Kasten hatten. Unser Kameramann, Konstantin Tanner, und ich haben im Vorfeld viel darüber gesprochen, wie der Film aussehen soll. Ich finde, dass die Umschreibung „raue Schönheit“ den Look, den wir versucht haben zu treffen, sehr gut beschreibt. Konstantin ist einfach ein richtig guter Kameramann.
SFW: Der Hamburger Dom ist als Kulisse also nicht zufällig gewählt?
JW: Der Hamburger Dom bzw. die Kirmeswelt im Allgemeinen erschien mir geeignet, da es eine Welt der Kulissen ist. Schein und Sein liegen wie bei dem Protagonisten des Films weit auseinander, sind aber untrennbar miteinander verbunden.
SFW: Kannst du dazu noch ein wenig mehr erzählen? Inwiefern liegen bei dem Protagonisten Schein und Sein weit auseinander?
JW: Der Protagonist, Jenaro, misst sich an den modernen Mythen des Porno-Rap-Kosmos. Er glaubt, Liebe und Anerkennung durch sexuelle Höchstleistungen und obszöne Männlichkeitsbekundungen finden zu können. Die daraus erwachsende Attitüde trägt er wie einen Schutzpanzer mit sich herum. Er versucht, den Idealen dieses Kosmos zu genügen, scheitert dabei aber schon in der ersten Szene, als er versucht mit seiner Freundin zu schlafen.
SFW: Also die Geschichte von einem weichen Kern unter einer harten Schale?
JW: In gewisser Weise schon. Es ist aber auch die Geschichte eines jungen Menschen auf der Suche nach Orientierung und Halt. Porno-Rap ist für mich in gewisser Weise Ausdruck dieser Suche und kann nicht auf bloße Provokation reduziert werden.
(Das Interview mit Jan Waßmuth wird in der nächsten infomedia-Ausgabe fortgesetzt – dann mehr zu seinem zweiten Kurzfilm „One Way“, der die Geschichte zweier Freundinnen erzählt, die eine letzte gemeinsame Nacht erleben, bevor sich ihre Wege im Zuge des Erwachsenwerdens vorübergehend trennen.)
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