Kai Zimmer 50 Jahre – Premiere und kleine Werkschau
In der Reihe FilmKinoWerkstatt zeigt das Kino in der Pumpe in Zusammenarbeit mit der Filmwerkstatt der Filmförderung HHSH am Mittwoch, den 11. Juni 2014, eine Werkschau des aus Kiel stammenden Videokünstlers Kai Zimmer.
Kai Zimmers Arbeiten, denen es um die Analyse von Kultur und Geschichte geht, bestehen aus Found Footage, TV-Schnippseln, Dokumenten und selbst gedrehtem Material, das zu rhythmischen, oftmals hypnotischen Montagen organisiert wird. Anlässlich seines 50. Geburtstages zeigt das Koki eine kleine Werkschau, in deren Rahmen auch eine neue Installation mit dem Titel „On Horseback“ zu sehen ist.
Mittwoch, 11. Juni 2014, 19:30 Uhr, Galerie in der Pumpe (Haßstr. 22, 24103 Kiel)
- „On Horseback“ (2014)
- „Revolution 18“ (2012/14)
- „Transitions“ (2002)
- „One Minute in America“ (1993)
- „Two Minutes in America“ (1996)
- „3 Minutes in America“ (1996)
- „Seven Minutes in America“ (1995)
(nach einer Ankündigung des Kinos in der Pumpe)
Untergang zum Übergang
Dass er am 7. Juni 50 wird, dazu will der aus Kiel stammende und in Berlin lebende Videokünstler (und Brockmann-Preisträger) Kai Zimmer „den Ball sehr flach halten“. Was sind schon solche Jahreszahlen? Es sei denn, dass manche seiner im Koki der Kieler Pumpe am 11. Juni gezeigten Experimentalfilme 20 und mehr Jahre alt sind – und einer ganz jung.
Dekonstruiert die Bilder und rekonstruiert so Filmgeschichte: Kai Zimmer 1995 in New York City, Selbstporträt (Foto: Zimmer)
Zimmer entwickelte schon in den frühen Arbeiten ein ästhetisch-rhythmisches Prinzip, das auch für eines seiner jüngsten Werke, den nach „Seestück“ zweiten Teil seines „Kiel-Diptychons“ „Revolution 18“ gilt: (Film-) Geschichte wird gemacht, indem man sie de- und dann wieder rekonstruiert. Amerika, die USA, „das Rom von heute“, wie er das Großreich nennt, das trotz (oder wegen) seines hollywoodesken „Bildimperialismus“ untergehen wird wie das andere schon knapp 2000 Jahre zuvor, bereiste er in den 90ern, war fasziniert, filmte … Sein die Film- und Kulturgeschichte des weiten Landes, das sich einen Traum von sich selbst zuschreibt, hinterfragendes Quadrupel eins, zwei, drei und sieben „Minutes in America“ (1993 bis 1996), das er demnächst zu einem Dekalog erweitern will, bildet neben „Revolution 18“ über den Kieler Matrosenaufstand und der neuen Videoinstallation „On Horseback“ den Schwerpunkt seiner Werkschau.
Zerstörte Bilder schaffen neue – Still aus „Two Minutes in America“ (Foto: Zimmer)
Das Prinzip, Bilder zu dekonstruieren – wie in seinen „Power-Cuts“, wo er aufnahm, was die Videokamera zeigt, wenn man sie mitten im Bild aussschaltet – und sie derart zu neuem filmischen Zusammenhang zu konstruieren, durchzieht Zimmers Video-Schaffen. „Ich will den Schnitt nicht verschleiern, sondern ihn demonstrativ zeigen“, sagt er, der zuweilen brutal schneidet. In der neuesten Installation „On Horseback“ reiten die Cowboys, „die mich immer faszinierten, weil sie so allein ritten“, nicht nur in den Sonnenuntergang. Der Western mit seinen Übergängen „von einer zur nächsten Knallerei“ reitet, von Zimmer bearbeitet, immer auch schon in seinen Untergang. Da wird – durchaus parodistisch – jede Schnittregel missachtet, um „reizvolle Bilder zu schaffen“, wo das Ross nicht nur seinen Reiter nennt, sondern auch schon mal den Gegenschuss in ein und dasselbe Bild überblendet oder teilt.
Den Western widergespiegelt: Still aus Kai Zimmers Videoinstallation „On Horseback“. (Foto: Zimmer)
Wie in „Transitions“ (2002), auch zu sehen in der Werkschau, organisiert Zimmer Found Footage aus US-Filmen und TV-Serien auf ihren reduzierten Grund: Establishing Shot, Übergang. Dass dabei die Handlung unterginge, kann man so nicht sagen, aber sehen. Und sie ersteht doch ganz anders neu im radikal geschnittenen Bild. Als sei das Wunder Film ganz mechanisch nur das, was es sich selbst nicht glaubt: der ewige Untergang zum Übergang. (jm)