(Sich) sehen lernen
„Absolute Trust“ (Harvey Mandlin, USA 2011)
David, Fotograf in N.Y., sieht sich der Ablehnung seiner Familie gegenüber. Seine Frau klagt ihn des Missbrauchs an seinen Kindern an. Ein soziales Todesurteil. David entrinnt ihm in der Flucht aus der Ehe wie im Chat mit Weibchen, die ihre Identität ebensowenig preisgeben wie er, wenn er aus dem kargen Hotelzimmer seines Exils chattet.
Es sei denn „Sublimate“ und „Solace4U“ (beide: nomen est omen). Beide knüpfen Kontakt zu dem, der kurz davor ist, ein Dominanter zu werden. Doch zuvor muss er durch die Bilderstiftung, die ihm eine Malerin pinselt, durchaus auch seinen Pinsel enervierend. Ihre Bilder hat David ins rechte Licht gerückt, jetzt bettet er mit ihr das Licht. Freilich nicht lange, denn die Schöne hat auch noch andere Luciferen am Start.
„Solace“ und „Sublimate“ sind dieselben. Sie erwartet ihn als Devote, was ihn anmacht. Trunken ergibt sich der ehemalige Ehemann und Vater dreier Kinder ihr, die auch in einem Projekt für missbrauchte Kinder tätig ist. Der Fotograf hat für sie und ihre Organisation treffende Fotos von leidenden Kindern geschossen. Jetzt leidet sie an ihm.
Ein Film über das (sich) sehen und ersehnen Lernen, die s&m-Liebenden wie sie Kinder, die aus ihrer missbrauchten Kindheit das wieder sich Sehen lernen, im fotografisch selbsterkennenden Spiegel wie ihre Therapeutin und ihr Fotograf. David wirft am Ende „Sublimates“ Augenbinde weg. Die Liebenden erkennen sich zärtlich. Und doch bleibt die Frage: Was wären wir, wenn wir uns in mehr als Erkenntlichem fickten? Das aber wäre Wahrheit, die absolute Absolution bietende, weil sich sehen gelernt. (jm)
„Absolute Trust“, USA 2011, 90 Min., Regie: Harvey Mandlin, Darsteller: David Kerner, Darcy Miller. www.absolutetrustthemovie.com.