14. Filmfest Schleswig-Holstein – Augenweide
700 Meilen im Land der Navajo
„The Long Walk Home“ (Jan-Niklas Bamler, D 2009)
„Das Hauptproblem ist, dass es Nichts zu tun gibt“, bringt Gerald Milford das Leben vieler Navajo-Indianer im Reservat auf den Punkt. 60% Prozent der Stammesangehörigen sind arbeitslos, die Folgen sind Alkoholismus, Drogenmissbrauch und häusliche Gewalt. Jedes Jahr macht sich deshalb eine kleine Gruppe Navajo-Indianer auf einen Marsch rund um das Reservat, 700 Meilen, mehr als 1.100 km. Sie wollen auf ihre aktuelle Situation aufmerksam machen und an den „Trail Of Tears“ (1831) und den „Long Walk“ (1864) erinnern, mit denen die erzwungene Umsiedlung der Indianer in Reservate begann und die tausende Ureinwohner das Leben kostete.
Diese Zwangsumsiedlung und der damit einhergehende kulturelle Niedergang vieler Stämme ist immer noch nicht überwunden. Jan-Niklas Bamler portraitiert in seiner Kurz-Dokumentation „The Long Walk Home – 700 Meilen im Land der Navajo“ den Navajo Gerald Milford, der sich als 42-Jähriger endlich aus dem Alkoholismus-Sumpf befreien will. Für ihn ist der Marsch mehr als politischer Protest: Eine letzte Chance, ein neues Leben zu beginnen.
Jan-Niklas Bamler, der den Film praktisch im Alleingang, produzierte, bleibt mit der Kamera ganz dicht bei seinem Protagonisten und seinen Begleitern. Schmerzhaft direkt schildert Milford seinen Lebensweg und offenbart obendrein noch ein dunkles Geheimnis seiner Vergangenheit, das ihn mit einer seiner Begleiterinnen verbindet. Bamlers Bilder zeigen einen Mann, der verzweifelt nach einen Weg sucht, mit sich und seinen Stammesbrüdern und -schwestern ins Reine zu kommen. Das ist durchaus bewegend, selbst wenn wir nur eine knappe halbe Stunde mit auf dem Trail um das Reservat sind. Am Ende wird klar: Gerald ist auf dem Weg der Heilung, aber es liegt noch ein gutes Stück des Weges vor ihm, bis er bei sich angekommen sein wird. Doch damit ist er schon sehr viel weiter, als die meisten seiner Stammesbrüder. (dakro)