Mediatage Nord 2009:

Mediagipfel der Mediatage Nord: “Online sein ist existenziell”

Der Zugang zu neuen Medien sei ein Standortfaktor, weiße Flecken auf der Landkarte seien zu füllen mit der Initiative, ganz Schleswig-Holstein breitbandig ins Netz zu bringen, so Peter Harry Carstensen, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein, in seinem Impuls auf dem Mediagipfel der Mediatage Nord. Online zu sein sei existenziell. Die Stärkung der Medienkompetenz sei der Regierung ein zentrales Anliegen: “Wir legen Wert auf eine Gesellschaft, in der die Menschen selbstbewusst und selbstbestimmt mit Medien umgehen”, betonte Carstensen. Medienkompetenz dürfe dabei nicht auf technische und ästhetische Aspekte verengt werden, sie sei als umfassende Kompetenz zu sehen. “Medienkompetenzförderung ist eine Investition, die sich lohnen wird”, so Carstensen weiter. “Wir müssen wissen, wohin wir wollen, und auch dorthin aufbrechen.”
“Moderne Informationstechniken geben Anlass zu Hoffnung und Sorge”, wusste Dr. Bernd Bösche, Geschäftsführer der WTSH, zuvor in seiner Begrüßung. Digitales Leben bedeutete lebenslanges und immer schnelleres Lernen, unterstrich Bösche. Aufgrund der digitalen Bildungskluft, des “digital divide”, steige jedoch die Skepsis gegenüber dem neuen Medium Internet. Medienkompetenz und Medienbildung rückten daher in den Fokus. Medienkompetenz als grundlegende Kulturtechnik habe sich zu einem wichtigen Standortfaktor entwickelt.
Gleichwohl bedürfe es zuerst einmal der Grundlage, dass in Schleswig-Holstein flächendeckend breitbandiges Internet zur Verfügung stehe. Man dürfe “den Anschluss nicht verlieren”, durchaus auch im wortwörtlichen Sinne. Dort, wo das neue Medium schon breitbandig ankommt, ergeben sich hinsichtlich seiner Nutzung Fragen, die auf dem Podium des Mediagipfels unter der Moderation des Publizisten Werner Lauff diskutiert wurden.
Der Psychologe Prof. Dr. Thomas Bliesener vom Institut für Psychologie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel untersuchte den Umgang von Kindern und Jugendlichen mit den neuen Medien in Online-Befragungen, ließ Jugendliche online spielen und maß dabei ihre Gewaltbereitschaft und Empathie.
Andrea Wittmann betreut als Ausbildungsleiterin der Sauer-Danfoss GmbH rund dreißig junge Menschen. Ihr Plädoyer: “Jugendliche brauchen Lese- und Textverständniskompetenz. Sie müssen recherchieren, lesen und sich mit Hilfe neuer Medien darstellen können.”
Hans-Peter Vogeler, Vorsitzender des Bundeselternrats, betonte, dass Eltern häufig wenig über die Mediennutzung ihrer Kinder wüssten. Hier zeige sich ein Kommunikationsdefizit, das im Netz virulent sei.
“Neue Medien haben eine sehr große Bedeutung für Jugendliche bei der Selbst- und Rollenfindung”, wusste Bliesener. Zum Schutz der Jugend “einfach den Stecker rauszuziehen”, sei kein probates Mittel, um den Herausforderungen des Netzes zu begegnen.
So unbefangen und locker Jugendliche mit dem Netz umgingen, so Wittmann, so sehr begäben sie sich dabei auch in Gefahr. Die Jugend habe wenig Gespür dafür, was im Netz wichtig und relevant sei. Die Fähigkeit, Informationen zu bewerten und zu filtern, zu vermitteln, das sei eine wesentliche Aufgabe der Medienbildung.
Jugendliche wüssten oft nicht, was und wieviel sie von sich im Netz veröffentlichen könnten. “Das Web vergisst nichts”, so Andrea Wittmann, also müsse man vorsichtig sein, was man ihm anvertraue. Unbekümmertheit sei manchmal nichts anderes als Sorglosigkeit. Zudem dürfe man sich nicht von der Informationskomplexität des Netzes überwältigen lassen. Viele User hätten dabei, die Vorstellung, dass die eigenen Risiken im Netz geringer seien als die anderer, so Bliesener.
Die Bilanz über Möglichkeiten und Gefahren im Netz falle dennoch positiv aus, so der vierte Podiumsteilnehmer Dr. Thomas Riecke-Baulecke, Direktor des IQSH. Es biete mehr Chancen als Risiken für Dialog, Wissenserwerb und Kommunikation. Dem kritiklosen Umgang mit medialen Inhalten stehe das kommunikative Element gegenüber. Wer im Netz mit seinen Inhalten scheitere, mache nach dem Motto learning by doing dennoch weiter.
Die Welt kennen zu lernen, sich zu entfalten, vielfältige Beziehungen aufzubauen, sei immer mehr eine Funktion des Web und seiner social communities. Wer daran nicht teilhabe, bleibe auf der Strecke. Medienkompetenz sei daher seit ehedem eine Frage der Teilhabe. Gleichwohl müssten dabei auch mutig Grenzen gesetzt werden gegen zweifelhafte Inhalte. Medienkompetenz sei auch eine Frage der Zivilcourage, negative Inhalte beim Namen zu nennen und zu kritisieren.

Eltern müssten ermutigt werden zu erziehen und sich zu interessieren für das, was ihre Kinder im Netz tun. Kritischer Umgang mit dem Netz bedeute auch, es kreativ zu formen. Dazu müsse Medienbildung Anregungen geben.

(nach einer Pressemitteilung der Mediatage Nord)
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