57. Internationale Filmfestspiele Berlin – Berlinale 2007

Szenen keiner Ehe

„2 Days in Paris“ („Deux jours a Paris“, Julie Delpy, F/D 2007)

Julie Delpys „2 Days in Paris“ kann man getrost als Fortsetzung von „Before Sunrise“ (1995) und „Before Sunset“ (2004) lesen, beide von Richard Linklater, beim zweiten Teil hatte Delpy bereits am Drehbuch mitgeschrieben. Lediglich Marions (Julie Delpy) Lover auf Zeit Jack wird nicht mehr von Ethan Hawke gespielt, sondern – wenn nicht sogar besser – von Adam Goldberg. Und die Dialogduelle zwischen beiden erstrecken sich nicht mehr nur über 24 Stunden, sondern diesmal zwei Tage.

Wie bei den „Before …“-Vorläufern sind es diese endlosen, aber nie langweiligen Dialoge voller Wortwitz und komödiantischem Esprit, die den Film mehr tragen als die Handlung. Genauer: Die Dialoge sind die Handlung und machen den 93-Minüter wiederum zum Kammerspiel über das ewig junge Thema, dass Männer und Frauen einfach nicht zueinander passen – und dass genau das den Reiz jeder Liebesbeziehung ausmacht.

Auf dem Rückweg von einem Postkarten-Wochenende in Venedig nach New York machen Marion und Jack Station in Marions Pariser Elternhaus (übrigens exakt dasselbe Setting wie am Schluss von „Before Sunset“). Welten prallen aufeinander: Auf der einen Seite Jacks von amerikanischer Alternativkultur zwischen Jim Morrison-Verehrung und Öko-Gewissen mit Angst vor allergenen Schimmelpilzen geprägte, auf der anderen Seite die von Marions Eltern (besonderer Regie-Coup: Delpy hat sie mit ihren wirklichen Eltern Marie Pillet und Albert Delpy besetzt), die die Alt-68er-Zeiten in ein frotzelnd anzügliches Parlando herüber gerettet haben. Den nicht gerade rede-ungewandten Jack stößt das oft genug vor den Kopf. Hinzu kommt, dass es zwischen Marion und Jack im Bett vor lauter Reden nicht so recht klappen will und Marion an jeder Pariser Straßenecke irgendeinem Ex begegnet. Eifersucht auf die ehemaligen (oder noch immer?) Lover Marions schleicht sich in Jacks betonte Coolheit. Am Ende scheinen beide vor einem Scherbenhaufen ihrer Beziehung zu stehen, der nicht durch mehr „darüber Reden“, sondern nur mit weniger davon gekittet werden könnte.

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Reden, reden, reden über die Liebe: Julie Delpy und Adam Goldberg (Foto: Berlinale)

Minutiös in der Figurenführung, die oft bewusst improvisiert scheint, inszeniert Delpy die Dialoge, in denen sich beide mit Witz und Tiefsinn zu übertreffen suchen. Entsprechend hoch ist die Gag-Frequenz, so dass man sich zuweilen in einer Sit-Com wähnt. Gleichwohl drückt das permanente Sprechen in Bonmots auch die Hilflosigkeit der Figuren aus, sich als ganze Menschen zu begegnen, einander und nicht nur des anderen Wortgewandheit zu verstehen – das Grundthema der gesamten „Trilogie“. Ein wenig Tragik scheint da durch, dennoch kann man wie frau „2 Days in Paris“ als einfühlsame Komödie genießen. (gls)

2 Days in Paris / Deux jours a Paris, D/F 2007, 93 Min., 35 mm. Buch, Regie, Schnitt: Julie Delpy, Kamera: Lubomir Balchev, Darsteller: Julie Delpy, Adam Goldberg, Marie Pillet, Albert Delpy, Daniel Brühl

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