48. Nordische Filmtage Lübeck

Sie ist ja bloß die Putze …?

„Haus-Halt-Hilfe“ (Petra Valentin, Deutschland 2006)

Wer macht schon gerne Hausarbeit? – „Haus-Halt-Hilfe“, schon der klug gewählte Titel von Petra Valentins Dokumentation über das Leben von Haushaltshilfen in Deutschland bietet eine weite Assoziationsfläche auf die oft schwierige Situation dieser Menschen. Schlechte Entlohnung für vermeintlich „niedere“ Arbeit, zumeist von Frauen geleistet, Sätze wie „sie ist ja bloß die Putze“, aber auch die Einsicht, dass ohne ihre Hilfe viele Haushalte nur sehr schlecht geführt werden könnten, markieren ihren Alltag. Doch Valentins ausführlicher „Zustandsbericht“ über einen graues Feld unserer bundesrepublikanischen Wohlstandsgesellschaft greift weiter. In 93 beeindruckenden Minuten werden besonders die sozialen Notlagen von Betroffenen thematisiert. Sie kommen von den Rändern unserer Gesellschaft und werden gerade deshalb oft zu den Ausgebeuteten in einer Arbeitswelt, die auf die Verschwiegenheit des Privaten zählt.

Petra Valentin hat das Feld für ihre Erkundungen sehr weit gesteckt. Nicht nur aus Deutschland, sondern aus aller Herren Länder kommen die Menschen, die die Hausarbeit übernehmen. Da gibt es die alleinstehende Mutter zweier Kinder, die aus ihrer sozialen Notlage heraus diese Beschäftigung ergriffen hat, das Au-Pair-Mädchen aus Peru, das nach schlechten Erfahrungen sich selbst eine bessere Gastfamilie sucht, die philippinische Haushaltshilfe, die von ihren Kindern in der Heimat seit 15 Jahren getrennt illegal ohne Aufenthalterlaubnis in Deutschland lebt, die polnische „Perle“, die es gut bei ihren Arbeitgebern hat, die illegal in Deutschland sich aufhaltende männliche Haushaltshilfe, die nur im Schatten ihrer Anonymität die Sicherheit für ein Interview findet und letztendlich doch nicht der Abschiebung in die Heimat entkommen kann, die ehemalige Haushälterin, die jetzt im Alter vom Schlaganfall gezeichnet auf ein hartes, sehr arbeitsreiches Leben zurückblickt. Aber es kommt auch, quasi als Gegenentwurf, die selbstbewusste deutsche Putzfrau ausführlich zu Wort, die sich „nicht die Butter vom Brot nehmen“ lässt, ihren Hausherren und -frauen souverän gegenübertritt und erfolgreich faire Bezahlung und vernünftige Arbeitsbedingungen einfordert.

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Guter, doch schlecht bezahlter Geist im Haushalt – die „Haus-Halt-Hilfe“ (Foto: NFL)

Geschickt verknüpft der Film seine Protagonisten und seine Themen in sinnfälliger Montage und weiß die Interviews mit symbolhaften, repräsentativen Bildern aus dem Arbeitsleben der Haushaltshilfen zu unterstreichen. Trotz verschiedener Ausgangslagen und Haushaltssituationen ergibt sich eine frappierende Gemeinsamkeit: Alle Hilfen ringen um adäquate Bezahlung ihrer Arbeit. Und besonders die ausländischen Haushaltshilfen befördern den Wohlstand ihrer deutschen Chefs als billige Arbeitskräfte. Entlarvend und zutreffend auch die Aussage des peruanischen Au-Pair-Mädchens, dass die deutschen Frauen als emanzipiert gelten, wenn sie sich eine Haushalts- und Kinderhilfe leisten können. Nicht nur durch diesen Befund wird der Männerwelt in diesem Film ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Geradezu amüsant und nachdenklich zugleich stimmen denn auch die Erfahrungen der putzenden alleinstehenden Mutter, dass viele Männer in der Öffentlichkeit schlecht dastünden, wenn sie sich offen zu ihrer Mitarbeit im Haushalt bekennen würden. Die alte Rollenverteilung, dass der Mann keine Arbeit im Haushalt zu machen braucht, als eine der Grundlagen für die Ausbeutung der Hausfrau und folgerichtig auch für die Ausbeutung von Haushaltshilfen? – Leider immer noch eine Binsenweisheit, die im Film von Petra Valentin ihre Bestätigung findet. (Helmut Schulzeck)

„Haus-Halt-Hilfe“, Deutschland 2006, 93 Min., Beta SP, Regie: Petra Valentin, gefördert von der Kulturellen Filmförderung Schleswig-Holstein.

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