58. Internationale Filmfestspiele Berlin – Berlinale 2008

Im Grenzbereich zur Kunst

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Im Filmhaus an der Potsdamer Straße läuft während der Berlinale eine Ausstellung mit Video- und Filminstallationen, die sich weniger als Film- denn als Kunst-Kunstwerk verstehen. Eine Avantgarde, die den Film insofern zu revolutionieren versucht, als sie an alte Revolutionen anknüpft, namentlich an die, die Film war, als er entstand.

Namentlich Stummfilm. Für „Découpage“ haben sich die Hannoveranerinnen Monika Kijas und Vanessa Aab in die Geburtsstadt der Moderne, Paris, begeben. Vanessa tanzt dabei vor der Kamera im stummfilmigen Habit durch die Metropole, während Monika die Handkamera führt. Wohlgemerkt: Handkamera kannte der Stummfilm noch nicht. Gleichwohl beziehen sich die beiden Filmemacherinnen auf das alte Genre und betonen, dass dies gerade im Zeitalter allgegenwärtiger Youtube-Videos an der Tagesordnung sei. Ein poetischer Film, den Walter Benjamin und sein Aufsatz über die Pariser Passagen gut gefunden hätten.

Die Amerikanerin Marie Losier versucht mit „Tony Conrad Dreaminimalist“ ein sehr persönliches Porträt eines Künstlerkollegens. Conrad inmitten seiner Instrumente, seine Geige, die er gar nicht spielen kann, verselbstständigt sich zur stop-motion-animierten Tänzerin. Und auch Vorspann und Ende der Filmrolle gemeindet Losier ein – immer zeigend: dies ist bloß ein Film. Conrad spielt mit, macht Mätzchen, gibt den nerdigen Künstler. Ein Gemeinschaftswerk, das zeigt, dass Kunst gerade da ist, wo der Film auch ist … als Dokumentar, der dennoch weiß, dass er selbst Kunst ist.

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Tony Conrad – Dreaminimalist (Foto: Berlinale)

Was passiert, wenn Bruce Lee an der Loire seine Karate-Fäuste schwingt, zeigt Maria Thereza Alves in ihrer Film-Klang-Montage „Bruce Lee in the Land of Balzac“. Eine neblige Landschaft mit Friedhof, in die Lees Schreie beim Kampf dringen. Ruhe versus Action – simple Kontrafaktur und doch beeindruckend.

„Said Death to Passion“, dichtete Emily Dickinson. Jeanne Faust und Jörn Zehre destillieren daraus einen Loop über die Passion des Pop-Punk. Eine Band zelebriert Dickinsons Worte und wird dabei im Proberaum von den Filmemachern beobachtet. Momente der Exaltation und der Stille, die Passion des Todes mitten im pop-universalen Lebendigen.

Jeder Ort könnte Tatort sein, mutmaßt Isabelle Prim in „Creamy Krimi“. Fotokameras klicken, die Crime-Shows im privaten TV lassen grüßen. Doch manche Szenerie ist dabei durchaus nicht kriminell, sondern ganz gewöhnlich. Oder ist das Gewöhnliche schon der Krimi? Ein Film, der mit den Erwartungen spielt, den medien-induzierten, die oft in die Irre führen. (jm)

Découpage, D 2008, 8 Min., Beta SP, R: Monika Kijas, Vanessa Aab

Tony Conrad Dreaminimalist, USA 2008, 26 Min., 16mm, R: Marie Losier

Bruce Lee in the Land of Balzac, F 2007, 2 Min., DV, R: Marie Thereza Alves

Said Death to Passion, D 2007, 8 Min., Beta SP, R: Jeanne Faust, Jörn Zehe

Creamy Krimi, D 2007, 11 Min., DV, R: Isabelle Prim

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