Interdisziplinäres Symposion mit künstlerischem Begleitprogramm im Rahmen der Interdisziplinären Wochen der Muthesius Kunsthochschule

Intuition – Erinnerungs-, Erkenntnis- und Entscheidungsfähigkeiten der Künste

17. – 20.05.2007, Kunsthalle zu Kiel
Im populärwissenschaftlichen Bereich hat der Begriff „Intuition“ derzeit Hochkonjunktur. Dort wird er häufig im Sinne eines diffusen, vermeintlich unbedachten Handelns nach Gefühl gebraucht. Dementgegen weckt Intuition in den Künsten als konstitutive Erinnerungs-, Erkenntnis-, und Entscheidungsgrundlage den Eindruck, eine andere Form des Denkens, eine von der analytischen Rationalität abweichende, andere „Vernunft“ darzustellen. Diese Diskrepanz macht es notwendig, nach einer wissenschaftlichen Basis und anderen Mitteilungsformen von intuitivem Denken, Erkennen und Wissen gleichermaßen zu suchen. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung erfolgt derzeit vorrangig in der psychologischen und kognitionstheoretischen Forschung. Im gegenwärtigen kultur- und kunstwissenschaftlichen Kontext besteht nur ansatzweise Interesse an Fragen zur Intuition. So wird auch eine historisch variante, überaus spannungsreiche philosophische Verständnisgewinnung bislang ebenso wenig genutzt wie das Wissen von Künstlern selber um die für sie so basale „Intuition“.
Das interdisziplinäre Symposion setzt bei diesem Defizit an und zielt darauf, ein mehrfaches Verständnis von „Intuition“ auf interdisziplinärer wissenschaftlicher und künstlerischer Basis zu gewinnen. Zu diesem Zweck lädt das Forum der Muthesius Kunsthochschule Vertreterinnen und Vertreter aus verschiedenen Wissenschaftsdiziplinen und künstlerischen Praxisbereichen dazu ein, Fragen der Intuition zu diskutieren. Erneut wird das Symposion mit einem künstlerischen Begleitprogramm verbunden, zu dem die Ausstellung „Ohnmacht“, in Kooperation mit Prof. Stephan Sachs die Präsentation von filmischen Effeschiaden des renommierten Künstlers Fritz Schwegler sowie die intermediale Performance „VIVISECTOR“ gehören.
„Wie einem ein Baum auf dem Kopf wächst“.
Filmische Effeschiaden von Fritz Schwegler
In Kooperation mit Prof. Stephan Sachs zeigt das Forum Kurzfilme des renommierten Künstlers Fritz Schwegler und einen Kurzfilm des Schwegler-Schülers Stephan Sachs.
Fritz Schwegler (geb. 1935) modelliert und baut, fotographiert und filmt, zeichnet und malt, dichtet und singt, macht Bücher und performiert sie. Er verwandelt Dinge in Worte und Philosopheme in Bilder und Geschehnisse, agiert stets zwischen den Disziplinen, kreiert abseits der kanonisierten Stile und Verständniswege. Seine Arbeiten zeugen von „Intuition“ als einer anderen Logik des Künstlers, die Ungedachtes, Ungehörtes, Ungesehenes und Unlogisches erkenntnisstiftend und überraschend zu versinnlichen vermag.
Fritz Schwegler lehrte von 1975-2001 als Professor an der Kunstakademie in Düsseldorf. Seine Lehre war sehr erfolgreich und hat eine Reihe herausragender Schüler hervorgebracht, so dass durchaus von einer „Schwegler-Schule“ die Rede sein kann. Aus dieser Schule stammt auch der Filmemacher Stephan Sachs, der ebenfalls einen Kurzfilm vorstellt.
„Quay Landing“ von Stephan Sachs ist ein experimenteller und forschender Film. Er hinterfragt die filmischen Mechanismen mittels einer skurrilen und burlesken Vision. In diesem Studienfilm werden Bilder und Töne montiert und manipuliert wie Motive. Als Dichter des Wirklichen kehrt Stephan Sachs zum cinema povero zurück, um das Bild besser zu hinterfragen. Ein Bild, das hier nicht so sehr als das verstanden wird, was es darstellt, sondern vielmehr als das, was es ist: leichtes Berühren, Streifen, Vorbeiziehen der Welt.
Dieser Film ist eine augenzwinkernde Hommage an die Werke von Marey und Muybridge; er verweist uns auf die Ursprünge des Kinos, die elementaren Grundsätze, die schon in den Guckautomaten des letzten Jahrhunderts wie dem Kinetoskop ihre Gültigkeit hatten. quay landing, ein befremdlicher, rätselhafter Film mit großer visueller Kraft, lädt uns ein, über die Bewegung und die Natur des kinematographischen Bildes nachzudenken.
18.05.2007, 20:30 Uhr, Aula der Muthesius Kunsthochschule, Legienstraße 35
 
Ohnmacht
Eine Ausstellung kuratiert von Frank Wagner und Studenten der Muthesius Kunsthochschule
Das Gefühl der Ohnmacht ist uns allen bekannt: sei es als ein vorübergehender Moment einer extremen Belastung, sei es als ein starker, schwer zu verarbeitender Eindruck, der explosionsartig Emotionen auslöst, oder auch nur eine vorübergehende Stoffwechselschwäche. Der subjektive Eindruck, machtlos oder ausgeliefert zu sein strukturiert unsere emotionale Kompetenz. Gilles Deleuze, Niklas Luhmann und Michel Foucault haben den Zustand der Ohnmacht eng mit dem Subjektcharakter des Individuums und gesellschaftlichen Machtverhältnissen verbunden. Das Bewusstsein stößt hier an seine Grenzen. Kann es auch inne halten um dann – neu geordnet – eine neue Strategie der Bewältigung zu verfolgen? Kann die Analyse einer solchen bedrückenden Situation auch zu einer erneuten Ermächtigung oder zur Überwindung von Schwäche und Entmachtung führen?
Machtverhältnisse und die Schwierigkeit ihrer Darstellung sind immer Thema künstlerischer Produktion gewesen. Einige ausgewählte Beispiele aus den letzten dreißig Jahren sollen zur Diskussion gestellt werden. Der Einfluss der Medien und deren Informationssysteme öffnet eine weitere Sparte der Analyse, in welcher die Funktion des Medienapparates erörtert und die mediale Reizüberflutung der Gesellschaft im Bezug zum Ohnmachtsbegriff hinterfragt würde.
Die Ausstellung entwickelte sich aus der Fragestellung des letztjährigen Forums zu „Gegenbildern“ und ist als künstlerisches Begleitprogramm des Forum-Symposions zum Thema „Intuition“ Teil der Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen der Muthesius Kunsthochschule.
17.05. – 09.06. 2007, Eröffnung 20:00 Uhr, Maschinenhaus, Legienstraße 35
 
VIVISECTOR
Regie, Video Art, Musik: Klaus Obermaier
Choreographie, Tanz: Chris Haring
Tanz: Tom Hanslmaier (A), Chris Haring (A), Olaf Reinecke (D), Robert Tirpak (SK)
In gezielter Konzentration auf Videolicht und Videoprojektion erzeugen Klaus Obermaier und Chris Haring eine neue Bühnenrealität, in der sich erkunden lässt, wie weit virtuelle Welten menschliche Bewegungsabläufe beeinflussen. Dieser digitale Eingriff am lebenden Tänzer, ein Zugriff über die Oberfläche einer Videoprojektion auf das, was unter der Oberfläche liegt, stützt sich auf ein videotechnisches Verfahren der bewegten Körperprojektion. Das Verfahren, das bereits in der Choreographie „D.A.V.E“ weltweit erfolgreich zur Anwendung kam, wird in „VIVISECTOR“ analytisch und ästhetisch in einer intermedialen Performance, die Licht, Körper, Video und Klangraum artifiziell verbindet, weiter entwickelt.
19.05.2007, 20:30 – 21:30 Uhr, Kieler Schloss, Großer Veranstaltungssaal, Eggerstedtstraße

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