Videokunst Förderpreis Bremen – Preisträger des Wettbewerbs 2006
Das Bremer Filmbüro schreibt jedes Jahr den Videokunst Förderpreis für noch unrealisierte Videokunst-Konzepte aus. Die Entscheidung zur Vergabe des diesjährigen Videokunst Förderpreises ist nun gefallen. Eine dreiköpfige Jury hat Angelika Middendorf und Christoph Keller aus Berlin und den Bremer Harald Busch aus 85 Einsendungen als Preisträger ausgewählt. Teilnahmeberechtigt waren Künstlerinnen und Künstler aus dem gesamten deutschsprachigen Raum und aus den Bremer/Bremerhavener Partnerstädten. Erstmalig in der Geschichte des Videokunstpreises waren die Künstlerinnen und Künstler aufgefordert, sich auf ein Leitthema zu beziehen: Obsessionen – das weite Feld der Leidenschaften. Die drei preisgekrönten Konzepte werden nun mit Hilfe des Preisgeldes von den Künstlern umgesetzt und vom Filmbüro im Herbst 2007 in einer Gemeinschaftsausstellung in Bremen gezeigt.
Sabine Himmelsbach, Leiterin des Edith-Russ-Hausses in Oldenburg, Arnold von Wedemeyer, Medienkünstler aus Berlin, und Rüdiger Lange, Galerist/Kurator, loop – raum für aktuelle kunst, Berlin, begründen ihre Entscheidung für die Preisvergabe wie folgt:
Hauptpreis 5.000 Euro
Den Hauptpreis teilen sich Angelika Middendorf und Christoph Keller, beide aus Berlin.
Angelika Middendorf – Sonar[Space]
Das experimentelle Videoprojekt „Sonar[Space]“ von Angelika Middendorf konfrontiert den Betrachter mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und medialen Fantasievorstellungen der uns umgebenden Welt, die von der Künstlerin zu einer virtuellen Reise montiert werden. In rasantem Wechsel zwischen wissenschaftlichen Momentaufnahmen und Science-Fiction Bildern durchlebt die Protagonistin von „Sonar[Space]“ neue Welten, die sich ihr auf ihren Reisen durch den nie endenden Informationsstrom durch Raum und Zeit offenbaren. Sonaraufnahmen dienen Middendorf dabei als akustisches Material für die Erschließung von noch unbekannten, imaginierten Über- und Unterwasserwelten. Die fiktive Ich-Erzählerin geleitet den Betrachter durch eine experimentelle Wahrnehmungswelt und erschließt ihm auf der fiktiven Reise neue virtuelle Szenarios, unterstützt und dominiert von Wissen und Glauben einer bereits technisch erschlossenen und doch fremden Welt. Middendorfs Arbeit überzeugt in ihrer Untersuchung des Einflusses, den technologische Entwicklungen auf die Konstruktion unserer Realität haben und in welcher Weise sie unsere Wahrnehmung verändern und erweitern. In der geplanten Installation lädt sie den Betrachter ein, die im Video visualisierte Welt auch physisch in einer eigens dafür entwickelten Plattform, welche die Sonarklänge auf den Körper überträgt, erfahrbar zu machen.
Christoph Keller – hypnosis-film-project
Das künstlerische Werk Christoph Kellers setzt an den Grenzen des gängigen Found Footage-Reservoirs an und erweitert diesen Begriff im Sinne einer „Research Footage“. Keller arbeitet als cinematografischer Archäologe, wobei er in seinen Arbeiten das strukturell organisierte Material in Videoinstallationen einbettet. Der Künstler analysiert, sammelt, bewahrt und schafft zugleich. Was entsteht ist ein Kunstwerk, das strukturell die Eigenschaften eines Archivs, eines audiovisuellen Lexikons aufweist, und doch in Art und Weise der Zusammensetzung, der etymologischen Struktur eine individuell gefärbte Sichtweise und Interpretation darstellt. Die „Obsession“ des Sammlers, des Chronisten trifft sich mit der Kreativität des Künstlers.
Förderpreis 1.500 Euro
Der Förderpreis ging an Harald Busch aus Bremen mit seiner Video-Doppelprojektion „Tapezierer 2“.
In der geplanten Videoinstallation „Tapezierer 2“ stilisiert Harald Busch eine profane Tätigkeit: die des Tapezierens. Sie wird als Videoprojektion in redundanter und unausweichlicher Wiederkehr dargestellt, indem ein Tapezierer immer neue Tapeten über die vorangegangenen klebt und dabei gleich mehrfach auf der Bildfläche erscheint. Die installative Umsetzung in Form einer nachgebauten Wand, auf die von beiden Seiten passgenau projiziert wird, zeigt die Handlung im Format 1:1, wobei sich der Tapezierer um die Wand herum zu arbeiten scheint, um auf diese Weise einen Kreislauf ewiger Wiederholung zu schließen. Buschs Arbeit beschäftigt sich in besonderer und auch ironischer Weise mit der Erfahrung von Zeit und Vergänglichkeit wie mit der Relativität von Bedeutung, assoziiert man die Tapete als imaginären Sinnträger. Der in der Videoarbeit konzipierte intensive, in der Wiederkehr fast sezierende Blick auf eine spezifische menschliche Handlung wird im Kontext der räumlichen Installation konsequent inszeniert.
Weitere Informationen unter: www.filmbuero-bremen.de/vkp2006.
Die Vergabe des Bremer Videokunst Förderpreises wird ermöglicht durch Eigenmittel des Bremer Filmbüros sowie Unterstützung vom Bremer Senator für Kultur, der Bremischen Landesmedienanstalt,des Landesprogrammes bremen in t.i.m.e., Radio Bremen und dem Künstlerinnenverband Bremen GEDOK.
(nach einer Pressemitteilung des Bremer Filmbüros)