Neuorganisation der Filmförderung in Schleswig-Holstein und Hamburg

Zusammenlegung der Filmförderungen in Schleswig-Holstein und Hamburg

Die Filmförderung Hamburg und die Filmförderungen in Schleswig-Holstein (Kulturelle Filmförderung S.-H. und MSH) werden nach dem Willen der Politik der beiden Bundesländer zukünftig gemeinsam für Filmförderung, Filmproduktion und Vertrieb im Norden der Republik eintreten. Dieses Vorhaben, das gerade mit der Behandlung des gemeinsamen Medienstaatsvertrages in den beiden Länderparlamenten von der vorbereitenden Phase in die aktuelle Umsetzung geht, ist nicht mehr neu und, ohne den Parlamenten vorgreifen zu wollen, mehr oder weniger beschlossene Sache.

Hintergrund für diese Maßnahme in der Kieler Staatskanzlei, die die Initiative zur Zusammenlegung ergriffen hatte, waren vermutlich Haushaltsüberlegungen wie auch die Erkenntnis, dass im isolierten Film- und Medienstandort Schleswig-Holstein mit den vorhandenen Fördermitteln nicht der gewünschte Effekt erzielt werden kann. Ausschlaggebend war sicher der vorausgegangene generelle Beschluss, die Landesmedienanstalten der beiden Bundesländer (ULR und HAM) in eine Anstalt zusammen zu führen sowie die Offenen Kanäle und die Ausbildungsbereiche gemeinsam neu zu strukturieren. Ohne auf die damit verbundenen, teilweise noch offenen Fragen für diese Bereiche hier weiter einzugehen, war es aber nahe liegend, dass das Modell MSH mit dem Mitgesellschafter Unabhängige Landesanstalt für Rundfunk und neue Medien (ULR) schnell mit in den Umgestaltungsprozess einbezogen wurde und in seiner jetzigen Form zur Disposition stand. Eine Lesart, die unbestätigter Weise umhergeistert, ist, dass die Einbindung der MSH in die Hamburger Filmförderung die Gegenleistung für den Standort der neuen, gemeinsamen Medienanstalt in Schleswig-Holstein ist.

In der Film- und Medienszene ist bekannt, dass schon zu früheren Zeiten die engere Vernetzung und Kooperation der Filmförderungen in Hamburg und Schleswig-Holstein diskutiert worden ist, ohne dass daraus aber neue Strukturen gewachsen wären. Nun wird es real und neben den offensichtlichen Vorteilen der gemeinsamen Produktions- und Förderregion z. B. für abendfüllende Spielfilmproduktionen für Kino und TV formulieren die Filmschaffenden in Schleswig-Holstein auch Bedenken und Sorgen. Für Kinoproduktionen, Fernsehspiele und Serien war Schleswig-Holstein Kulisse, ein unverbrauchter Drehort der auch unter dem Dach der neuen GmbH weiterhin attraktiv bleiben wird. Spielfilmproduktionen aus Schleswig-Holstein, von Filmschaffenden aus dem Lande realisiert, lassen sich allerdings an einer Hand abzählen und die Chancen für solche Projekte werden auch zukünftig nicht größer werden.

Ein nicht unbedeutender Anteil der Film- und Fernsehproduktionen von Filmschaffenden aus Schleswig-Holstein liegt im Bereich Dokumentarfilm und verwandten Formaten. Diese Produzenten und Regisseure sehen in dem neuen Modell zum einen die größere Freiheit gerade bei der Wahl der Fernsehpartner, zum anderen aber auch die Gefahr, gegen den viel stärkeren Medienstandort Hamburg zu unterliegen, ohne wirklich in den Wettbewerb zu gelangen. Gerade in diesem Punkt wird sicher bei der Ausgestaltung des neuen Gesellschaftervertrages besondere Wachsamkeit der Kieler Verhandlungspartner gefordert sein.

Eine Sonderrolle bei der Neuordnung der Filmförderungen spielt die Kulturelle Filmförderung Schleswig-Holstein e.V., die zwar mit sehr bescheidenen Fördermitteln aber als bundesweit einzigartige Einrichtung in der Kombination von Fördermitteln (Filmbüro) sowie beratender und technischer Produktionsförderung und Unterstützung (Filmwerkstatt) seit 1989 den Kreativen im Lande bei Filmprojekten, in der Vernetzung mit anderen Regionen und Ländern als selbstverwaltete Filmförderung sowie Organisation der Filmschaffenden in Schleswig-Holstein zur Seite gestanden hat. Der aus Kiel wahrgenommene Aufgabenkanon wird noch ergänzt durch den monatlichen Newsletter www.infomedia-sh.de, das Filmfest Schleswig-Holstein Augenweide und viele Fortbildungsseminare (z. B. FilmTrain) und Filmveranstaltungen. Dass diese Einrichtung weiterhin mit dem bisherigen Aufgabenspektrum als wichtige landesbezogene, unabhängige Institution in Kiel bleibt und unter dem Dach der neuen GmbH besonders die Interessen der kulturellen Filmförderung und der Filmschaffenden aus Schleswig-Holstein im Auge hat, ist seitens der Politik garantiert worden. Die entscheidenden Details werden aber im Einvernehmen mit den Hamburger Kolleginnen noch zu regeln sein.

Die Mitgliederversammlung der Kulturellen Filmförderung Schleswig-Holstein e.V. hat im Juli 2006 dazu in einer Stellungnahme folgende Punkte hervor gehoben:

„Eine Eingliederung der Kulturellen Filmförderung Schleswig-Holstein unter ein neues gemeinsames Dach kann nur dann Früchte tragen,

  • wenn dem bisherigen Team von hauptamtlichen Beschäftigten die bisherige Entscheidungsbefugnis über ihre Arbeit erhalten bleibt. Der beste Weg dazu bleibt die vom Verein vorgeschlagene Gründung einer gemeinnützigen Tochter-GmbH.
  • wenn weiterhin ein unabhängiges Gremium, das turnusmäßig auf Vorschlag der Mitgliederversammlung der Kulturellen Filmförderung S.-H. neu gewählt wird, die landesbezogenen Förderentscheidungen nach den bestehenden Richtlinien fällen kann.
  • wenn der Verein Kulturelle Filmförderung S.-H. im Aufsichtsrat der neuen Förder-GmbH vertreten ist.
  • wenn die bisherige Finanzausstattung und institutionelle Förderung auch aus Mitteln des Landes erhalten bleibt. Film ist weiterhin ein zu förderndes Kulturgut in Schleswig-Holstein.
  • wenn mindestens ein Drittel der von der Hamburg-SH-Förderung GmbH zu vergebenden Fördermittel Projekten zugute kommt, deren Produktionsvolumen höchstens 500.000 Euro beträgt. Damit wäre gewährleistet, dass auch die in Schleswig-Holstein überwiegend hergestellten kleineren Produktionen eine Chance auf Förderung haben.
  • wenn in dem Vergabegremium für diesen „kleinen Fördertopf” eine vom Verein Kulturelle Filmförderung S.-H. bestimmte Person stimmberechtigt ist.“

Unstrittig ist, dass die beiden Bundesländer sich im Fall positiver Verständigung durch ihre unterschiedliche Struktur als Stadtstaat und Flächenland sinnvoll ergänzen können, wie es ja in anderen Bereichen schon Praxis ist. Allerdings muss sicher gestellt werden, dass dieser Unterschiedlichkeit auch Rechnung getragen wird, das z. B. Nachwuchs in Flensburg einen weiteren Weg hat als Nachwuchs in Hamburg.

Wird der vorgesehene Fahrplan eingehalten, so wird vor Oktober 2006 der Medienstaatsvertrag verabschiedet, die Offenen Kanäle werden in eine eigene Anstalt öffentlichen Rechtes umgewandelt und die Verschmelzung der Medienanstalten und Filmförderungen bis zum 1.3.2007 vollzogen.

(Bernd-Günther Nahm, Geschäftsführer Kulturelle Filmförderung Schleswig-Holstein e.V.)

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