10. Filmfest Schleswig-Holstein – Augenweide

Schmelzender Staub

„Polvere“ (Caterina Carone, Italien 2006)

Schauplatz des Geschehens von „Polvere“ (zu deutsch: Staub) ist ein vollgestopfter, dämmeriger italienischer Trödelladen. Sein Besitzer Beppe ist ein Mann, der das Lebensalter von 50 Jahren schon mit einigen Jährchen überschritten zu haben scheint. Ein gutmütiger, mürrischer Brummbär, auch väterlich, wohlwollender Freund und Gesprächspartner der jungen Filmemacherin Caterina Carone, deren Stimme man  aus dem Off hört. Der enge Laden läuft förmlich über mit Spielzeug für Jung und Alt. Nippes der vielfältigsten Art, Comicfiguren aus Plastik, alte Lampenschirme, Modellautos, Videos, alte Schallplatten und Bücher. Ja, und Uhren von unterschiedlicher Form und Größe. Das alles umrahmt als „alltagsphilosophischer“, zeitloser Raum ein essayistisch-dokumentarisches Rollenspiel, in dem die junge, naive Hoffnungsvolle den alten, verhärteten Misanthropen zum Schmelzen bringt.

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Die Rollen sind klar verteilt: fragend und aufmunternd die optimistische junge Frau; desillusioniert und charmant zynisch der alte „Problematiker“. Selbstverständlich und typischerweise begreift sich der lächelnde Griesgram nicht als Pessimist, sondern definiert sich als Realist, der Träume und die Liebe, von seiner Kontrahentin als Motor des Lebens bezeichnet, als Illusionen ansieht: „Es ist schön zu träumen …, doch wenn Du aufwachst, sind die Probleme da. Sie verschwinden nicht, weil Du träumst.“

Beppe spricht übers Sammeln und darüber, dass er mit dem Laden keinen Gewinn mache. In mitten seines staubigen Zeugs spricht er von Vergänglichkeit: „Was kannst Du tun dagegen, dass die Zeit vergeht? Kannst Du sie aufhalten?“ Doch seine  Gesprächspartnerin ertappt ihn mit dem Befund, „du willst Dinge retten, die sonst weggeworfen werden“, dem er nur noch mit den ironischen Satz, „Du sagst es, ich will die Welt retten“, kontern kann.

So glaubwürdig Beppes Credo „Leid macht Dich stark“ auch wirken mag; die offene, vertrauensvolle Befragung seiner jungen Freundin entwaffnet ihn letztendlich doch. So entfaltet Caterina Carones halbstündiger Film aus der italienischen Dokumentarfilmschule „ZELIG“ (in Bozen) wie zufällig, aber auf eine sehr sympathische Art seinen Sinn. (Helmut Schulzeck)

Polvere, Italien 2006, 29 Min., Regie: Caterina Carone, Kamera: Melanie Brugger, Ton: Caterina Carone, Melanie Brugger, Schnitt: Julia Wiegand. Beim Filmfest Schleswig-Holstein Augenweide zu sehen am So, 21.5., 16 Uhr im Programm „Zeit und Vergänglichkeit“.

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