Die Preisträger des 27. Filmfestivals Max Ophüls Preis

Max Ophüls Preis

„Schläfer“, Regie: Benjamin Heisenberg (Ö/D)

Begründung der Jury: „Von diesem Film geht eine tiefe Beunruhigung aus. Ein junger Mann steht am Beginn seiner wissenschaftlichen Karriere und gerät in einen existenziellen Konflikt zwischen freundschaftlicher Loyalität und beruflicher Konkurrenz. Eindrucksvoll verbindet der Film die Grundparanoia unserer Zeit, die Angst vor Terror, mit Fragen nach persönlicher Schuld und Verantwortung. Mit klaren nüchternen Bildern entwickelt der Film eine große Intensität und emotionale Bindung an die Figuren, deren Verunsicherung sich auf uns überträgt. Ein überraschend reifes Debüt mit hervorragenden Schauspielern, das vor allem durch seine Geschlossenheit überzeugt.“

Preis für die beste Nachwuchsdarstellerin

Anna Fischer für ihre Rolle als Alma in „Liebeskind“ (Regie: Jeanette Wagner, D)

Begründung der Jury: „Anna Fischer verleiht der Figur Alma im Film „Liebeskind“ (Regie: Jeanette Wagner) eine berührende, hohe Glaubwürdigkeit. Mit Natürlichkeit und Präzision gelingt es ihr, die komplexen und widersprüchlichen Empfindungen als junge Frau, Tochter und Geliebte des Vaters verständlich zu machen. Die wachsende erotische Beziehung zum Vater – eine gewagte schauspielerische Gratwanderung – spielt sie nuancenreich mit großer Souveränität. Dank Anna Fischers erstaunlicher Leinwandpräsenz und ihrer starken Ausstrahlung erahnt der Zuschauer die tiefen existenziellen seelischen Nöte ihrer dargestellten Figur.“

Preis für den besten Nachwuchsdarsteller

Ludwig Trepte für seine Rolle als Paul in „Keller“ (Regie: Eva Urthaler, Ö/D/It)

Begründung der Jury: „In seiner Rolle als Paul im Film „Keller“ (Regie: Eva Urthaler) überzeugt Ludwig Trepte mit der Darstellung einer Figur, die die Sehnsucht nach einer wahren Freundschaft zur Mittäterschaft einer Entführung mit tragischen Folgen führt. Ludwig Trepte vermag es, die Spannung zwischen moralischem Bewusstsein und der jugendlichen Faszination am Austesten von Grenzen glaubhaft und konsequent zu vermitteln. Er strahlt eine für sein Alter ungewöhnlich große Sicherheit in der Wahl der schauspielerischen Mittel aus. Seine subtile Körpersprache erscheint natürlich und unverfälscht. Bemerkenswert ist seine hohe Sensibilität für die innere Zerrissenheit der Figur.“

Filmpreis des saarländischen Ministerpräsidenten

„Prinzessin“, Regie: Birgit Grosskopf (D)

Begründung der Jury: „Plattenbausiedlungen, die Trostlosigkeit der Vorstädte als Brutstätte von Gewalt. Das alles haben wir schon oft gesehen. Dieser Film aber konfrontiert uns mit einem besonders erschütternden Phänomen, einer brutalen Mädchengang, und macht zugleich sichtbar, dass die aufgesetzte Stärke Ausdruck emotionaler Verwahrlosung ist. Jenseits von Klischees mit einem Höchstmaß an Authentizität erzählt der Film getragen von kraftvoll agierenden Darstellerinnen vom Versuch, sich aus dem selbstzerstörerischen Automatismus zu befreien. Der Blick auf diese Mädchen ist unverstellt aber nie unbarmherzig, der Film direkt und packend erzählt. Er ist schonungslos und entlässt uns dennoch nicht ohne Hoffnung.“

Dokumentarfilmpreis

„Mañana al mar“, Regie: Ines Thomsen (D/Sp)

Begründung der Jury: „Die Strandpromenade von Barcelona, die Wellen kommen und gehen. Ein fast 90-jähriger joggt durch den Sand, eine gehbehinderte alte Dame singt beim Bad im eisigen Meer. Über einen langen Zeitraum beobachten wir mit der Regisseurin diese liebenswerten, überaus lebendigen Individualisten, die hier Wind und Wetter trotzen. Mit schöner Konsequenz verbleibt sie mit der Kamera immer am Strand, der als natürlicher Lebensraum dieser Menschen erscheint, als Schauplatz einer fast rituellen Begegnung mit dem Meer, dessen Rhythmus den Film bestimmt. Wir haben uns durch dieses witzige, unterhaltsame und geduldige Werk in die wundervollen Strandphilosophen verliebt und hoffen sehr, dass ihre Geschichten den Weg ins Kino finden werden.“

Kurzfilmpreis

„37 ohne Zwiebeln“, Regie: André Erkau (D)

Begründung der Jury: „Wir haben uns für einen Kurzfilm entschieden, der eine humorvolle Geschichte mit glänzend geführten Schauspielern erzählt. Der Regisseur erreicht bei seinem Spiel mit den filmischen Mitteln Schwindel erregende Souveränität. Nie vorhersehbar nimmt uns der Film mit auf eine absurde Reise. Ungeklärte philosophische Grundfragen der Menschheit wie das Verhältnis von Raum und Zeit, Gedächtnis und Realität werden in 14 Minuten abschließend behandelt.“

Filmmusikpreis der Saarland Medien GmbH

„Schläfer“, Regie: Benjamin Heisenberg (Ö/D), Musik: Lorenz Dangel

Begründung der Jury: „In diesem strengen stillen Film entfaltet die sparsam und klug eingesetzte Musik eine große Wirkung. Sie eröffnet einen emotionalen Zugang zum Protagonisten, manchmal scheint sie mehr über ihn zu wissen als er selbst. Songs und das schöne Streichermotiv, oft kontrapunktisch eingesetzt, verändern die Realität und schaffen eine neue Dimension. Die eindringliche Musik von ’Schläfer’ schafft Räume des Innehaltens, des Nachdenkens.“

„Vision Kino macht Schule Preis“ – Preis der Schülerjury

„Between the Lines – Indiens drittes Geschlecht“, Regie: Thomas Wartmann (D)

Begründung der Jury: „Wir haben uns für einen Film entschieden, der es uns erlaubt, in ein fremdes Milieu einzutauchen; in ein Milieu, in das man selbst durch Reisen nicht gelangt. Ein Film, der uns Einblicke in Dinge gewährt, die wir nicht für möglich gehalten hätten und für die wir Verständnis entwickeln konnten. Es ist ein Film, der uns das Leben und den Alltag von Menschen einer fremden Kultur in vielen Facetten schildert und in schönen Bildern zeigt. Er hat uns berührt, ohne sich aufzudrängen. Besonders gelungen finden wir den Einsatz einer Mittlerperson zwischen Milieu und Zuschauer.“

SR/ZDF-Drehbuchpreis

„Schläfer“, Buch, Regie: Benjamin Heisenberg (Ö/D)

Begründung der Jury: „’Falscher Bekenner’, ’Liebeskind’ und ’Schläfer‘ – diese Geschichten haben uns intensiv beschäftigt und nachhaltig berührt. Keine leichte Entscheidung. ‘Das Schlimmste im Leben ist, dass man jeden verstehen kann. Jeder hat seine Gründe’, sagt die Hauptfigur Johannes in Benjamin Heisenbergs Film ’Schläfer‘. Es waren nicht zuletzt Sätze wie dieser, die uns dazu bewogen haben, dieses vielschichtige, intelligente und herausfordernde Drehbuch mit dem SR-ZDF-Drehbuchpreis 2006 auszuzeichnen. Die wieder erwachten Fragestellungen nach dem Wert von Moral, Glaube, Wissenschaft und Ethik bleiben in diesem Drehbuch nicht abstrakt, sondern werden im widersprüchlichen Handeln der beiden Protagonisten lebendig. Gerade weil diese komplexe Erzählung von Freundschaft und Verrat so nachvollziehbar ist, sieht sich der Zuschauer zwangsläufig selbst vor die entscheidenden Fragen gestellt. Ohne seine Figuren zu denunzieren, fragt der Film in subtilen Wendungen nach der Moral von Handlungen und zeigt ihre Konsequenzen, aber er verurteilt nicht. Denn ’das Schlimmste im Leben ist, dass man jeden verstehen kann’.“

Preis der Interfilm-Jury

„37 ohne Zwiebeln“, Regie: André Erkau (D)

Begründung der Jury: „Leichtfüßig und visuell pointiert gelingt es dem Film verloren gegangene Zusammenhänge des modernen Lebens am Thema Zeit in den Blick zu nehmen und die Qualitäten des Klebenbleibens zu würdigen.

Publikumspreis

„Mondscheinkinder“, Regie: Manuela Stacke (D)

Förderpreis der DEFA-Stiftung

(wird an einen Film aus der Reihe „Spektrum“ vergeben):

„Vater und Feind“, Regie: Susanne Jäger (D)

Begründung der Jury: „Der Förderpreis der DEFA-Stiftung in Höhe von 4.000 Euro geht an Susanne Jäger für ihren Dokumentarfilm „Vater und Feind“. Die Handlung des Films ist schnell erzählt: Der junge, rebellische Jörg Hejkal wird von seinem Vater, der für die Staatssicherheit der DDR arbeitete, seit seiner frühen Kindheit ausspioniert. Nach einem Fluchtversuch landet er für zwei Jahre im Gefängnis. 15 Jahre nach dem Ende der DDR ist die Vergangenheit längst nicht aufgearbeitet, weder in der Familie noch in der Gesellschaft. Sabine Jäger schafft den schwierigen Brückenschlag zwischen einer bewusst sachlichen Erzählstruktur und einer Betroffenheit auslösenden Thematik. Filme, wie dieser sind nicht nur wichtig, sie sind unverzichtbar.“

(nach einer Pressemitteilung des 27. Filmfestivals Max Ophüls Preis)

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