47. Nordische Filmtage Lübeck

Filmforum Schleswig-Holstein: Die Highlights

Das würde für Jule „ganz großes Kino“ sein, ihre Szene: Mit den Brotresten des Tages unten an der Kante des Pontons stehen, Möwen füttern. „Die Möwen fangen das nämlich aus der Luft“, sagt sie. Es dürfe nur nicht so windig sein wie heute, da habe sie Brotstückchen geworfen und selber ins Gesicht gekriegt. Und dann würde sie sich zur Kamera drehen und „Guten Abend, Hamburg!“ sagen. Jule betreibt einen kleinen Imbiss direkt an der Elbe und wurde für den Kurzfilm „Ganz großes Kino“ zwei Tage lang von Torben Iversen mit der Kamera begleitet. Der Film des Kieler Filmemachers ist zugleich seine Diplomarbeit im Fach Medienkunst an der Muthesius Hochschule und wird im diesjährigen Filmforum Schleswig-Holstein im Rahmen der Nordischen Filmtage Lübeck zu sehen sein.

Kleines Land und großes Kino. Das Filmforum zeigt auch 2005 wieder die schon traditionell überraschende Bandbreite des Filmeschaffens zwischen den zwei Meeren. Im Kurzfilmprogramm wird dabei wieder nachtfüllende Unterhaltung geboten, die in den Vorjahren immer zu einem Publikumsmagneten wurde. „Do the Bambi“ von Kenan Darwich, ebenfalls Muthesius-Student, ist ein fein gearbeitetes Musikvideo zum gleichnamigen Song und Album der Band Stereototal aus Paris/Berlin. Gerald Grote und Claus Oppermann, bekannt durch „Tödliche Roman(z)e“ aus dem letzten Jahr, werden vertreten sein mit dem Kurzfilm „Blindschatten“.

Der abendfüllende Spielfilm „Die blaue Grenze“ (gefördert von der MSH und der Kulturellen Filmförderung S.-H.) von Till Franzen wird einen der Höhepunkte des Programms bilden. Der von Discofilm im Auftrag von NDR und Arte produzierte Film über die Grenzen zwischen zwei Ländern, zwischen Diesseits und Jenseits und eben die Grenze des Meeres erfindet eine sehr eigene Erzählweise und Bildsprache.

„Die blaue Grenze“

Ein ebenso überraschender Beitrag ist der Spielfilm „Die Quereinsteigerinnen“ von Rainer Knepperges und Christian Mrasek. Der mit einfachen Technik gedrehte, aber mit großartigen Schauspielern besetzte (u.a. Nina Proll, Claudia Basrawi) Film erzählt den Hergang einer grotesken Entführung, die in der Forderung gipfelt, dass man doch die schönen gelben Telefonzellen wieder aufstellen sollte. Gefördert wurde das Projekt durch die Kulturelle Filmförderung S.-H. und die Filmförderungsanstalt.

Mit „Die Diebin und der General“ wird auch in diesem Jahr der gern gesehene Filmforumsgast Miguel Alexandre vertreten sein. Katja Riemann, Jürgen Hentsch und Heio von Stetten sind hier zu sehen in einer Produktion von Studio Hamburg für ARD Degeto. Die gesellschaftskritische Komödie des in Lübeck aufgewachsenen Regisseurs erzählt die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft eines verbitterten Insassen eines Altersheims und seiner dort zu gemeinnütziger Arbeit verurteilten Betreuerin.

Mit gleich vier Dokumentationen widmet sich das Filmforum Schleswig-Holstein dem Thema Musik. Zu sehen ist die Band Superpunk im Porträt „Ich mag den Mann nicht, der ich bin“ von Christian Theede oder die deutsche Jazzlegende an der Posaune Albert Mangelsdorff in „Die Posaune des Jazz“ von Thorsten Jeß (gefördert von der MSH). Premiere feiern wird die Dokumentation „Red and Blues“ von Susanna Salonen, die uns Leben und Musik von Iverson Minter alias Louisiana Red vorstellen wird. In „The Sound of Silence“ von Ilona Ziok (gefördert von der MSH) begegnen wir dem dienstältesten noch aktiven Stummfilmpianisten Willy Sommerfeld.

Absolutes Novum stellt die erste schleswig-holsteinische Dokusoap „Die Menschen im Meer“ dar, die Wilfried Hauke im Auftrag der Arte Redaktion des NDR in fünf Teilen gedreht hat. Über ein ganzes Jahr hat der bekannte Kieler Regisseur mit seinem Kamerateam ein paar der Menschen begleitet, die noch auf den Halligen im Nordfriesischen Wattenmeer leben. Mit dabei als Hauptdarsteller sind eine Lehrerin, die Hallighebamme, der Postschiffer und eine Bauernfamilie. Die Folgen entsprechen dem Wechsel der Jahreszeiten: „Halligleben“, „Frühlingserwachen“, „Sommerwind“, „Herbststurm“ und „Winterstille“.

Den Auftakt zum Filmforum wird in diesem Jahr das bereits preisgekrönte und von der MSH geförderte Dokudrama „Die Nacht der großen Flut“ von Raymond Ley bilden. Der mit zahlreichen deutschen Stars, u.a. Christiane Paul und Ulrich Tukur besetzte Film berichtet bedrückend authentisch über die Sturmflut, die im Februar 1962 viele Opfer forderte und tausende Menschen obdachlos machte. Er verbindet geschickt Interviews mit Zeitzeugen wie dem damaligen Innensenator Helmut Schmidt, Originalaufnahmen und nachgestellte Szenen, die vor allem auf einer Kinoleinwand überwältigend wirken.

Mit 28 Filmen ist das 18. Filmforum Schleswig-Holstein in diesem Jahr unter den insgesamt 130 Filmen der 47. Nordischen Filmtage Lübeck vertreten. Die Filmtage werden stattfinden vom 3. bis 6. November im Cinestar Filmpalast Stadthalle. Der Kartenvorverkauf beginnt am Sonntag, den 30. Oktober im Filmpalast, telefonisch unter 0451-7030102 oder per Internet über www.filmtage.luebeck.de oder www.cinestar.de. (Nordische Filmtage Lübeck, Filmforum Schleswig-Holstein, Robin Schmeck)

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